Google erlebt Wechselbäder. Erst wendet ein US-Gericht die Abspaltung von Chrome und Android ab. Dann verhängt die EU-Kommission eine Milliardenstrafe wegen Wettbewerbverstoß. Doch der Quasi-Monopolist bastelt mit KI an der Verteidigung seiner Position.
Namen sind Nachrichten. So lautet eine der ältesten journalistischen Binsenweisheiten. Wer sie nicht glaubt, muss lediglich versuchen, eine Information ohne und mit personeller Verknüpfung parallel zu vermitteln. Der Vergleich macht so sicher, dass in dieser Kolumne die Namen immer fett gedruckt sind, auch wenn die Sachebene im Vordergrund steht. Vielleicht ist diese banale Erkenntnis eine Ursache, dass es zu wenig Aufmerksamkeit für zwei der wichtigsten MedienNachrichten dieser Tage gibt.
Bevor Sie das zu interessieren beginnt, beantworten Sie aber bitte folgende Fragen mit steigendem Schwierigkeitsgrad – ohne zu googeln – für sich. Wer sind A) Teresa Ribera, B) Pam Bondi, C) Sundar Pichai und D) Amit Mehta? Die ersten drei Antworten sollten Medieninteressierte geben können. Erst Nummer vier taugt für den Hauptpreis bei der „Millionenshow“. Das genannte Quartett vereint die zentralen Figuren im aktuell wohl größten Digital-Milliardenzwist zwischen Wirtschaft und Politik.
Sieg in USA, Niederlage in EU
Im Streit, ob Google wettbewerbswidrig agiert, hat sein von Sundar Pichai geleiteter Mutterkonzern Alphabet einen enormen Erfolg kontra das von Pat Bondi geführte Justizministerium der USA erzielt. Entgegen entsprechender Anträge der Staatsanwälte muss der 2024 wegen eines illegalen Monopols rund um die Internetsuche verurteilte Gigant weder den Webbrowser Chrome noch das Betriebssystem Android verkaufen. Das hat der Richter Amit Mehta am 2. September ent schieden.
Nur drei Tage später störte aber EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera massiv die Feierlaune der Kalifornier. Wegen Bevorzugung konzerneigener Werbeleistungen zum Nachteil der Konkurrenz verdonnerte sie Alphabet zur Zahlung von 2,95 Milliarden Euro, der mittlerweile vierten Kartellstrafe der Europäer gegen den amerikanischen Online-Giganten. Prompt reagierte US-Präsident Donald Trump – Justizministerin Pat Bondi war früher seine Anwältin – mit Androhung weiterer Strafzölle.
Das Ende der Nachrichtenmedien
Das alles vollzieht sich parallel zum Versuch von Google, sich mit KI neu zu erfinden. Noch bevor das System voll ausgerollt ist, haben dadurch in den USA Inhalt-Websites ein Drittel ihrer Besucher verloren. Der Autor und Programmierer Alex Reisner ortet in seinem Essay für The Atlantic bereits „Das Ende des Publishings, wie wir es kennen“. Dass immer mehr Nutzern Zusammenfassungen der KI ausreichen, die sich auch hinter Bezahlschranken bedient, verschärft vor allem die Existenzkrise der Nachrichtenmedien.
Kann das dem Publikum wurscht sein? Die Antwortfehler der Google-KI wären demokratiegefährdend, wenn sie zu viel Glauben ernteten. Schlimmer aber ist, dass die Nutzung der KI ihre Ergebnisse ständig verbessert. Positiv formuliert, lernt sie vom User. Realistisch betrachtet, stiehlt sie sein Wissen. Negativ befürchtet, entscheiden KI-Eigner, was davon an die User zurückfließt. Wie Google bisher durch bezahlte Reihung der Suchtreffer die Wirklichkeit verzerrt, ist eine Kleinigkeit gegen die Wahrheitsverzerrung durch seine KI. Trump ist ein Erfüllungsgehilfe für Schlimmeres. Europa muss sich mehr dagegen wehren.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 37/2025 erschienen.