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Kassenreform - ÖGK-Chef Huss für Reform statt Rückabwicklung

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Der Tiroler Landeshauptmann will die Kassenreform nicht rückabwickeln
©APA, THEMENBILD, HERBERT NEUBAUER
Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, Andreas Huss, hat sich am Donnerstag trotz seiner Kritik an der unter türkis-blau beschlossenen Krankenkassenfusion gegen eine Rückabwicklung derselben ausgesprochen. "Ein Zurück zu neun Gebietskrankenkassen würde wieder fünf Jahre Stillstand bedeuten. Das braucht niemand", so Huss in der ZiB2 des ORF, der aber Reformen einforderte. Jedenfalls brauche es mehr Mittel, das Gesundheitssystem sei "strukturell unterfinanziert".

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"Nein, ich schließe das genauso aus wie der Bundeskanzler", sagte Huss am Abend mit Blick auf die am Vortag auch von ÖVP-Chef Christian Stocker geäußerte Ablehnung einer Rückabwicklung. Beschlossen worden war die Reform im Dezember 2018 unter der türkis-blauen Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in Kraft trat sie dann mit 1. Jänner 2020.

"Ich habe immer gesagt, die ÖGK ist gekommen, um zu bleiben. Aber die ÖGK kann nicht so bleiben, wie sie derzeit ist", pochte Huss erneut auf Änderungen. "In der ÖGK war es uns als Arbeitnehmervertreter wichtig, dass wir einheitliche Leistungen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee erreichen. Es ist uns in vielen Bereichen gelungen", sagt er. Man habe einheitliche Verträge mit Physiotherapeuten, "jetzt auch dann mit Psychotherapeuten, mit Hebammen, mit Logopädinnen, mit Ergotherapeuten, im Bereich der Heilbeihilfe, Hilfsmittel, Rollstühle usw.".

Diese bundesweit einheitlichen Verträge seien "einer der wenigen Vorteile" der neuen Struktur. "Das wieder rückabzuwickeln wäre sicherlich nicht sinnvoll." Es fehle aber eine ganz große Gruppe, nämlich jene der Ärzte, betonte Huss, dass die ÖGK auch einen ärztlichen Gesamtvertrag haben für ganz Österreich mit einheitlichen Leistungen anstrebt.

Man müsse aber auch "regionaler" werden, betonte der Obmann. Die ÖGK sei "sehr, sehr zentral" organisiert, es werde sozusagen von der Zentrale in Wien vorgegeben, was in den Bundesländern zu passieren habe. "Und da sind natürlich auch die Landespolitiker sehr unglücklich mit uns. Wir brauchen mehr Regionalität in einer zentralen ÖGK, die zentrale Leistungen sozusagen vorgibt", will Huss "Spielraum für regionale Bedürfnisse".

Um die Budgetlücke zu füllen brauche es mehr Mittel, so Huss. Das österreichische solidarische Gesundheitssystem sei "strukturell unterfinanziert", etwa im Vergleich zu Deutschland. "Dort werden 16 Prozent Krankenversicherungsbeitrag eingehoben. Bei uns 7,65 Prozent." Selbst wenn man herausrechne, dass in Deutschland die Spitalskosten aus den Beiträgen finanziert werden, müsste man in Österreich einen Krankenversicherungsbeitrag von 9,5 Prozent haben. "Ob zusätzliches öffentliches Geld aus Beiträgen kommt oder aus Steuern kommt, ist eine politische Entscheidung. Das muss die Bundesregierung, das muss das Parlament entscheiden. Aber für mich ist unstrittig, es braucht mehr Geld in der Versorgung."

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP), der die Debatte am vergangenen Wochenende mit einem Ruf nach einer "Reform der Reform" angestoßen hatte, nannte zuvor Details zu seinen Forderungen. Auch er wolle keine Rückkehr zu 21 Kassen, sondern eine Konzernstruktur mit entscheidungsbefugten Landesstellen. Es brauche "mehr regionale Entscheidungsstrukturen innerhalb - mit echter Budget- und Gestaltungskompetenz", wurde Mattle in der "Tiroler Tageszeitung" (Donnerstag-Ausgabe) zitiert.

Mattle favorisiert demnach Regionalbudgets innerhalb der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), denn "Beitragsmittel müssen dort wirken, wo sie erwirtschaftet werden". Der Landeshauptmann ortet zudem ein Problem in der Zentralisierung der Entscheidungsstrukturen und fordert mehr Regionalität. "Die verlorene Nähe zu Versicherten und Leistungserbringern ruft auch die Gesundheitsakteure in Tirol - von Ärzten bis Gemeinden - auf den Plan, die über mehr Bürokratie, fehlende Ansprechpartner und lange Wartezeiten klagen", erläuterte Mattle. Auch kritisierte der Tiroler ÖVP-Chef, dass etwa langfristige Therapien für Menschen mit Behinderungen in Tirol im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht von der ÖGK finanziert würden und deshalb das Land einspringen müsse. Diese "Ungleichbehandlung" müsse beseitigt werden.

Der Tiroler Landeshauptmann hatte die Debatte am Sonntag in der "Pressestunde" angestoßen, indem er die unter der Regierung von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) umgesetzte Reform als "Fehler" bezeichnet hatte. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach sich mittlerweile gegen eine grundsätzliche Rückabwicklung der Kassenreform aus. Umgekehrt müsse man aber hinterfragen, ob die Ziele der damaligen Reform auch erreicht worden seien. In den anderen Bundesländern hatten die Kritik vor allem SPÖ-Vertreter geteilt, aber - zurückhaltender - auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) verwies auf eine geplante Evaluierung.

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