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Trumps Gaza-Plan: Chance und Risiko für Netanjahu

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Benjamin Netanjahu

©Imago/Zuma Press Wire

Donald Trumps Gaza-Plan stellt Israels Premier Benjamin Netanyahu vor eine Gratwanderung: Während er international Rückhalt gewinnen und innenpolitisch vom Ende des Krieges profitieren könnte, droht ihm zugleich ein Bruch mit seinen ultrarechten Koalitionspartnern.

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Die Unterstützung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu für den Gaza-Plan von US-Präsident Donald Trump ist ein riskantes politisches Manöver. Netanjahu hofft, damit entfremdete Verbündete zurückzugewinnen und seine politische Basis zu festigen. Gleichzeitig riskiert er jedoch einen schweren Konflikt mit seinen ultrarechten Koalitionspartnern, die jeden Hinweis auf einen palästinensischen Staat ablehnen.

Mit seiner am Dienstag erklärten Zustimmung zu dem Plan versucht Netanjahu, den internationalen Druck im Gazakrieg auf die Hamas zu verlagern. Die radikal-islamische Organisation muss nun entscheiden, ob sie die Bedingungen akzeptiert oder eine fortgesetzte Belagerung in Kauf nimmt.

"Win-Win"-Situation für Netanjahu

Für Netanjahu könnte sich der Schritt auszahlen. Ein Ende des zunehmend unpopulären Krieges und die Freilassung der verbliebenen Geiseln könnten seine Chancen bei den Wahlen in einem Jahr verbessern. Nadaw Schtrauchler, ein ehemaliger Berater Netanjahus, bezeichnete den Plan als "Win-Win"-Situation für Netanjahu. "Für ihn ist es ein Schachmatt, es ist ein sehr starker Zug." Der Plan verlagere den gesamten Druck auf die Hamas, verringere die internationale Kritik an Israel und lasse den Koalitionspartnern keine Alternative. Trumps Vorschlag verlangt kurzfristig wenig von Israel. Stattdessen fordert er von der Hamas die Freilassung aller Geiseln und die Abgabe ihrer Waffen als Vorbedingung für ein Ende der israelischen Belagerung des Gazastreifens.

Israel ist wegen des fast zweijährigen Krieges im Gazastreifen international zunehmend isoliert. In diesem Monat haben einige seiner engsten Verbündeten trotz israelischer Einwände einen palästinensischen Staat formell anerkannt, darunter Großbritannien, Frankreich, Kanada und Australien. Andere verhängten Sanktionen gegen hochrangige Regierungsmitglieder und erließen Verbote für Waffenlieferungen an Israel. Selbst die Bundesregierung hat Waffenlieferungen an Israel gedrosselt. Weitere Schritte wie etwa die Anerkennung eines palästinensischen Staates lehnt Berlin aber nach wie vor ab. Mit seiner Zustimmung zu Trumps Plan dürfte Netanjahu jetzt vielen seiner Kritiker im Ausland den Wind aus den Segeln genommen haben.

"Ein sehr trauriges Ende"

Die Hamas hat ihrerseits kaum diplomatischen Spielraum. Sie kann die Bedingungen annehmen oder versuchen zu verhandeln. Damit riskiert sie jedoch, dass der Plan in Gebieten umgesetzt wird, die sie nicht mehr kontrolliert, während Trump Israel grünes Licht für weitere Angriffe auf die Gruppe gibt. Der US-Präsident hatte am Dienstag darauf hingewiesen, es gebe kaum Spielräume für Verhandlungen. Die Hamas müsse dem Plan zustimmen, "und wenn nicht, wird es ein sehr trauriges Ende nehmen", sagte Trump. Netanjahu will in diesem Fall den militärischen Feldzug gegen die Hamas bis zu deren Vernichtung fortsetzen.

Der Trump-Plan birgt jedoch erhebliches innenpolitisches Sprengpotenzial für Israel. Insbesondere die vage Erwähnung eines möglichen Weges zur palästinensischen Eigenstaatlichkeit dürfte die ultrarechten Koalitionspartner Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich verärgern. Smotrich kritisierte den Plan am Dienstag scharf und erklärte, er tausche "reale Errungenschaften vor Ort gegen politische Illusionen". Eine am selben Tag veröffentlichte Umfrage des Israel Democracy Institute ergab jedoch, dass 66 Prozent der Israelis ein Ende des Krieges befürworten, und 48,5 Prozent der politischen Rechten äußern sich derart. Dies könnte Netanjahu den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung geben, um den Widerstand in seiner Koalition zu überwinden.

Zocker Netanjahu?

Experten sind sich uneins über Netanjahus wahre Absichten. Eran Lerman, ein ehemaliger stellvertretender nationaler Sicherheitsberater, sagte, Netanjahu wisse, dass die Annahme des Plans durch die Hamas seine Regierungskoalition zerbrechen lassen könnte. Er hoffe aber möglicherweise, den Wählern "eine ganz andere Perspektive auf die Geschehnisse der letzten zwei Jahre" präsentieren zu können, in der Form dass all seine Ziele erreicht wurden. "Ich bin mir nicht sicher, ob das zutrifft, aber Politiker neigen dazu, an Dinge zu glauben, die ihren Ambitionen entsprechen."

Der ehemalige Diplomat Alon Pinkas warnte hingegen, Netanjahu werde die Verhandlungen über unklare Punkte wahrscheinlich in die Länge ziehen, um politisch zu überleben und gleichzeitig Trumps Plan zu untergraben. Demnach würde Netanjahu der Regierung nicht den gesamten Plan, sondern nur die Bedingungen für die Freilassung der Geiseln zur Abstimmung vorlegen.

Letztlich könnte für Netanjahu die Aussicht auf eine Normalisierung der Beziehungen zu weiteren arabischen und muslimischen Staaten schwerer wiegen als der Zorn seiner rechten Partner. Angesichts der wachsenden internationalen Isolation Israels bietet der Plan eine Möglichkeit, die diplomatische Initiative zurückzugewinnen. Der israelische Wissenschafter Neve Gordon von der Queen Mary University of London sagte, Netanjahu glaube wahrscheinlich, die nächste Wahl gewinnen zu können, wenn er einen Plan zur Normalisierung der Beziehungen vorweisen könne. Gordon warnte jedoch, Netanjahu könne den Plan auch später platzen lassen und die Schuld der Hamas zuschieben – eine Taktik, die seine politische Position sogar stärken könnte.

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