- Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Das Altern am Beispiel der Familie Hörbiger-Wessely" (22.05.25)
- Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Das Kulturbudget in Sparzeitent" (14.05.25)
- Heinz Sichrovsky verteidigt Kunst und Kultur: Matura, Licht und Dunkel (09.05.25)
- Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Menetekel zur Matura – Glückwunsch an die 32, die Griechisch gewählt haben. Sie sind die Zukunft" (07.05.25)
- Heinz Sichrovsky verteidigt Kunst und Kultur: Religion zurück in die Schulen – der 1. Mai (02.05.25)
Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Das Altern am Beispiel der Familie Hörbiger-Wessely" (22.05.25)
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.21/2025 erschienen.
Sehr geehrter Herr Sichrovky,
ich bin nicht fromm, zitiere aber gerne Bibelsprüche. Es sprach der Herr:“ ich werde die Sünden der Väter verfolgen bis ins 3. Und 4. Glied. Bei den NAZI-Verbrechern ist er nicht ein mal bis ins erste Glied gekommen“.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Hawlik
Lieber Heinz Sichrovsky,
dass man älter wird, bemerkt man wirklich dann besonders, wenn man von außen darauf gestoßen wird. Das U-Bahn-Erlebnis kann ich auch aus weiblicher Sicht nur bestätigen. Solang man einigermaßen sichtbar jung ist, wird einem vielleicht ein Platz angeboten, weil ein Mann galant sein will. Aus feministischer Sicht ein unerhörter Vorgang und allein das Wort ist zu brandmarken. Wenn man sichtbar älter geworden ist, und ein junger Mann oder eine junge Frau der Enkelgeneration springt auf und überlässt einem den Sitzplatz, dann ist man zuerst unter Schockstarre und winkt freundlich und großzügig ab. Aber man denkt: Du lieber Himmel, wie muss ich heute ausschauen? Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin im Zeichen des Schützen im Jahr des Staatsvertrages geboren. Also grad noch hineingerutscht in das gefeirte Jubiläumsjahr.
Das bringt es mit sich, dass man vieles weiß. Nicht aus persönlichem Verdienst, sondern weil man es einfach erlebt hat. Und so weiß man auch über die Familie Hörbiger-Wessely Bescheid. Und man weiß auch über die diversen Skandale in der Vergangenheit Bescheid. Also auch über Elfride Jelineks "Burgtheater". Und dann kommt vierzig Jahre später Milo Rau daher und bringt Elfriede Jelinek dazu, das Aufführungsverbot aufzuheben. das Stück kommt ins Burgtheater. Aber das Stück regt niemand mehr auf. Das ältere Publikum nicht, weil es Bescheid weiß und vermutlich großteils auch nicht hingeht und die Jungen sind mittlerweile viel drastischere Aufführungen gewohnt. Wozu also? Noch dazu, wo Milo Rau dem Stück soweit misstraut, dass er seine bekannte Belehrungsmaschinerie anwirft, diesmal nicht als Revolution getarnt, sondern in aller Liebe. Sie schreiben in Ihren Spitzentönen, es sei eine Pointe der Kulturgeschichte, dass die große Elisabeth Orth am Tag vor der Premiere starb. Ich halte es für eine Gnade. Weil sie die Größte der ikonischen Töchtergeneration war, wie Sie richtig schreiben. Als Schauspielerin und als engagierter Mensch. Sie hat sich durch die Namensänderung sehr früh von der Familie distanziert und immer wieder Stellung bezogen. Die eigene Geschichte nach so vielen Jahren noch einmal so drastisch auf der Bühne zu wissen, wäre sicher nicht einfach gewesen. Cornelius Obonya wird ihr Lebenswerk fortsetzen. Auch das Schauspielerische seines Großvaters. Mutter und Sohn haben habituell das "Knorrige" Attilas geerbt, was mich immer sehr gefreut und amüsiert hat.
Ihre abschließenden Worte halte ich für überaus richtig und wichtig.
Kein Regisseur sollte die Macht eines Theaterstücks, das er auf die Bühne bringt, unterschätzen. Und kein Regisseur sollte die Intelligenz und die Bildung des Publikums anzweifeln, indem er den Originaltext eindampft und mit belehrenden Gegenwartsbezügen zuschüttet.
Ich grüße Sie wie immer herzlich, alles Liebe Riki Pacik
Sehr geehrter Herr Sichrovsky,
mein Mann und ich waren gestern im Burgtheater in "Burgtheater".
Sobald man Jelineks Sprache zu hören bekam, großartig! Diese Wortspielereien und die subtile Komik samt der Sprachmelodie - darum liebe ich sie! Die Schauspieler ebenso großartig - so tolle Darbietungen auf einem Fleck bekommt man selten.
Aber: Leider fühlte sich Herr Rau bemüßigt, SEINE Texte hinzuzufügen - peinlich, unnötig, grässlich. Die letzte halbe Stunde war eine Zumutung und verschandelte Jelineks Abend. Was bitte haben die FPÖ, die Palästinenser, die Israelis etc. mit der Familie Hörbiger zu tun? Dass sich Frau Jelinek darauf eingelassen hat, wundert mich, sonst ist sie ja immer so heikel. Letzlich kennen wir ja ihre ihre Gedanken ....
Schade!
Herzliche Grüße
Susanne Neuer
Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Das Kulturbudget in Sparzeitent" (14.05.25)
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.20/2025 erschienen.
Lieber Heinz Sichrovsky,
seit Dienstag wissen wir es also, wie, wo und wann in der Kultur gespart werden soll. Resümee: Es hätte schlimmer kommen können. Einwand: Für manche ist es schlimm genug. Ausblick: Es kann immer noch schlimmer kommen. Die Lage ist bekanntlich hoffnungslos, aber nicht ernst. Was die Preise für Eintrittskarten in die Staatsoper betrifft, muss man zugestehen, ein Besuch für eine vierköpfige Familie kommt teuer. Selbst im Rechenbeispiel von Bogdan Roscic. Den Vergleich mit dem Wochenendflug nach London lass ich aber nicht wirklich gelten. Mit dem Flug ist es nicht getan, es ist ein Kurzurlaub, der erwiesenermaßen für Familien ins Geld geht, wohl weit mehr als 4 Opernkarten. Und es stellt sich dann die
Frage: Was ist mir was wert? Zweite Frage: Wie oft im Jahr fliegt man mit der Familie übers Wochenende nach London? Wahrscheinlich in den meisten Fällen einmal und das nicht jedes Jahr. Dritte Frage: Wie oft im Jahr geht man mit der Familie in die Oper? Das ist wohl vom Familienbudget abhängig und von der Begeisterung für die Oper. Es ist also keine derart einfache Milchmädchenrechnung. Kleine Anmerkung: ein Opernbesuch ist deutlich besser fürs Klima als ein Wochenendflug egal wohin.
Tief beeindruckt war ich über Ihren Beitrag "Ikonen mit Braunstich" in der Ausgabe Nr. 19 vom 8. 5. 2025. Ich erinnere mich gut an all die Aufgeregtheiten ab Mitte der 80er Jahre. Beim Lesen Ihres Artikels drängte sich immer stärker eine Frage auf. Ab wann wird man zum Täter?
Beginnt es schon beim Wegducken, beim Nicht-sehen -wollen? Beginnt es beim dazu Schweigen? Beginnt es beim Beitritt zu einer Partei, die vorhersehbar Unheil bringen wird? Macht es einen Unterschied, ob man es aus Feigheit oder Überzeugung tut? Sind öffentliche und prominente Personen, die sich für Propaganda einspannen lassen, schon Täter? Wie groß ist der Schritt zum aktiven Täter, der Verbrechen begeht? Ich erinnere mich gut, an die wahnwitzige Aussage von Michael Graff 1987 als Generalsekretär der ÖVP in der Wahlheim-Affaire, die ihn schlussendlich zum Rücktritt zwang. "So lange nicht bewiesen ist, dass er (=
Waldheim) eigenhändig sechs Juden erwürgt hat, gibt es kein Problem."
Seither hat sich in Österreich viel verändert. Hat sich viel verändert?
Ich bin gespannt, wie die Aufführung im Burgtheater von Elfriede Jelineks "Burgtheater" ankommen wird. Interessant ist die Frage, wer von der deutlich jüngeren Generation mit den Namen Paula Wessely, Attila und Paul Hörbiger überhaupt noch etwas anfangen kann. Wie gesagt, es hat sich viel verändert.
Ich grüße Sie wie immer herzlich, alles Liebe Riki Pacik
sg hr sichrovsky,
dass sich "kulturschaffende" und politisch betroffene jetzt so über
das kulturbudget aufpudeln, darf den gelernten österreicher ja nicht
wundern.
aber dass gerade diese "branchen", die ja offensichtlich nicht in der
lage sind, langfristig ihr tägliches brot durch ihre eigene arbeit zu
verdienen, so gequält aufschreien, wundert schon sehr.
gerade die österr filmindustrie scheint ja nur von öffentlichen
förderungen abhängig zu sein, um nicht gänzlich zu verschwinden. aber
ungarn ist ja auch ganz schön....
und die "hochkultur" in wien und salzburg bekommt ja das, was sie
immer gefordert hat und bedient damit ein paar "kultureliten", die a
priori finanziell nicht gerade schlecht gestellten in wien bzw
salzburg.
die länder - ohne die "bundestheater" sollen ihre eigenen theater
gefälligst selbst finanzieren....
aber warum sollten gerade die künstler nicht auch ihr scherflein zur
budgetgesundung beitragen müssen?....
die gebühren für pässe und führerscheine werden sie ja wohl nicht am
hungertuch nagen lassen.
hg
ihr wolfgang seles
Lieber Herr Sichrovsky,
Seinerzeit sass meine Enkelin in der Loge 1. Reihe um Euro 15,-- und ich hinten am Sitz Nr. 6 auch günstig.
Jetzt schließt sie gerade ihr Musikstudium an der MDW ab und hat den Musikverein Klangwelle gegründet, der am 1. und 27. Juni Konzerte im Muth gibt.
Liebe Grüße
Eva Klesl
Heinz Sichrovsky verteidigt Kunst und Kultur: Matura, Licht und Dunkel (09.05.25)
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Sehr geehrter Herr Sichrovsky,
ich bin Gymnasiallehrer (für Latein und Evang. Rel.) und führe seit Jahren einen Ordner, auf dessen Rücken steht: Feinde der Bildung,
und nicht wenige der ausgeschnittenen Artikel beziehen sich auf Schmid & Heinisch-Hosek...
In eigener Sache: Vielleicht haben Sie Freude an lateinischem Liedgut?
Ich habe zB "Mighty Quinn" mit einem Text versehen, der von Paris und Helena handelt...
https://www.youtube.com/watch?v=1X_ZwsY6ln0
Mit herzlichem Dank für Ihre deutlichen Worte & den besten Grüßen
R. Kadan
Ganz lieben Dank für den heutigen Newsletter.
Meine Matura liegt nun 49 Jahre zurück, aber ich freue mich noch immer, dass ich im RealGymnasium als einziger der Klasse Latein gewählt hatte.
Damals war die gewählte Schule die einzige, die von mir ohne Internat besucht werden konnte.
Liebe Grüße
Josef Peheim
Lieber Heinz Sichrovsky!
Wieder eine wunderbare Kolumne mit dem Finger auf der Wunde und Weitblick gegen die zunehmende Banalisierung des Bildungsbetriebs.
Dürfen wir die aktuelle Kolumne im österreichweiten Journal Circulare für die Latein- und Griechisch-Lehrkräfte (erscheint Anfang Juni) abdrucken?
Liebe Grüße
Peter Glatz
Lieber Herr Sichrovsky -
-Sie schreiben mir aus der Seele…..vielen traurigen Dank. Meine Enkelin ist jetzt in def 5. Klasse - ich hoffte bis zu ihrer Matura würde die Buchhalterei dann vorbei sein…...diese „Wortezählerei“ und „Absatzmanie“ die diversen „Textsorten“……usw schrecklich…. nun muss ich meiner Enkelin wohl endgültig die Hoffnung nehmen doch „irgendwann frei“ schreiben zu können (davon war noch ein wenig in der Volksschule möglich)
Ich erinnere mich noch sehr gern an unser ehemaliges Fach „Literaturpflege“ - das ist heute unbekannt …. heuer gab‘s zur Schularbeit Leserbrief und Interpretation mit Wortanzahlangabe….
natürlich findet man in Internet etliche Anleitungen um die Verwirrung noch zu vervollständigen und zu burokratisieren
Nun genug Unerfreuliches ….
Ich freu mich immer über Ihre Artikel
Danke dafür 🌻
Beatrice Marik
Lieber Heinz Sichrovsky,
Sie schreiben in Ihrem aktuellen Newsletter " Dank an alle, die uns den zentralistischen Schwachsinn eingewirtschaftet haben." Da fällt mir eine Anekdote aus meinem Junglehrerinnen - Dasein ein. Wenn man als Neuling an eine Schule kam - ob es heute noch so ist und ob es diese Institutionen noch in der Form gibt, weiß ich nicht - handelte man sich oft ungeliebte Zusatzaufgaben ein, wie das Bewerben des Buchclubs der Jugend oder der Weihnachtskarten des Jugendrotkreuzes usw. Das war mit dem Einsammeln von viel Kleingeld verbunden, das man dazumals mit Erlagschein auf der Post einzahlen musste. Ich wohnte zu dieser Zeit am Handelskai 392, dort wo der 2. Bezirk sein Ende nahm . Glücklicherweise gab es dort ein Einmann-Postamt mit einem uneingeschränkten Herrscher und Alltagsphilosophen als Postbeamten. Als ich ihm mein Sackerl mit den Münzen überreichte, meint er, eigentlich müsste ich ihm das Kleingeld in Rollen bringen. Meinen schüchternen Einwand, wie ich das machen solle, schmetterte er mit den Worten ab: "In da Schui lernan`s jeden Bledsinn, aber wia ma an Erlogschein ausfüt lernan's net". Aus heutiger Sicht muss ich sagen, der Postler hat sich in der Bildung durchgesetzt.
Gratulation an Ihre Tochter, dass sie die schriftliche Matura offensichtlich mit Erfolg und viel Freude hinter sich gebracht hat. Danke für Ihre begeisterte Beschreibung der Latein -und Griechischmatura. Für die letzten beiden Sätze in Ihrem Newsletter über das Verlieben - darf ich das sagen?- liebe ich Sie.
Ich grüße Sie wie immer herzlich Riki Pacik
Heinz Sichrovskys Spitzentöne: "Menetekel zur Matura – Glückwunsch an die 32, die Griechisch gewählt haben. Sie sind die Zukunft" (07.05.25)
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.19/2025 erschienen.
Sehr geehrter Herr Sichrovsky,
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Artikel betreffend des Faches Altgriechisch in der Zeitschrift NEWS.
Ich habe 1989 im Albertus Magnus Gymnasium maturiert, und zwar schriftlich in Latein und Altgriechisch und mündlich auch in Altgriechisch und Philosophie.
Wir waren 15 Maturanten in der Klasse 8A, davon haben 4 den humanistischen Zweig gewählt.
Ich bin heute noch meiner Mutter sehr dankbar, dass Sie mir diese Allgemeinbildung ermöglicht hat. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass es wünschenswert wäre, wenn sich wieder mehr AHS Schüler für diesen Bildungsweg entscheiden würden.
Beste Grüße
Peter Riemer
Sehr geehrter Herr Sichrovsky!
Selbstverständlich teile ich Ihr Bedauern über den Verfall/Wegfall von Literaturunterricht! Ihre Ausführungen zur diesjährigen Deutschmatura haben mich aber bewogen, den Autor Hans Magnus Enzensberger zu googlen. Und siehe da, die Suchmaschine spuckt ein Gedicht aus, das ich dann doch beeindruckend fand. 1965 verfasst und offenbar zeitlos und hochaktuell zugleich: Die Scheiße. Sollten Sie es nicht kennen, empfehle ich die Lektüre sehr. Von Jürgen Halter konnte ich abgesehen vom Wikipedia Eintrag keine Textbeispiel finden. Interessieren würde mich, ob die beiden zur Interpretation vorgelegten Gedichte in ähnliche Themenfelder spielen oder ob es lediglich um die Analyse der Gedichtformen geht.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Riediger
Sehr geehrter Herr Sichrovsky,
es freut mich, dass sie sich der Zentrealmatura, wenn auch zögerlich und kritisch nähern.
In welchen Bundesländern waren die 32 Maturanten in Griechisch? Von Vorarlberg bis ins Burgenland haben aber sicher alle den gleichen Text zum übersetzen bekommen und das ist gut so. Es soll nicht von der Gunst des Lehrers abhängen, ob die Schüler einen schweren oder leichten Text bekommen.
Ich habe in Griechisch und Latein, sowohl schriftlich wie mündlich maturiert. Ich habe mich verkalkuliert, habe Latein (Lieblingsfach) als Wunschfach (Schriftlich und mündlich) genommen. Bin dann in Griechisch bei der schriftlichen Prüfung durchgefallen und musste daher in Griechisch auch mündlich antreten. Weil ich bei den Lehrern ein beliebter Schüler war, hatte ich sehr leichte Texte. Latein konnte ich vom Blatt lesen (Übersetzen). Die mündliche Prüfung in Griechisch war ebenfalls leicht. Ich hatte nur einen Fehler, ich kannte die Zahlwörter nicht. So übersetzte ich :„die Priester rasierten sich drei Mal am Tage“. Da lachte das Prüfungskomitee und meinte, sie rasieren sich noch nicht, sonst wüssten sie, dass das die Haut nicht verträgt. Es sollte heißen : „die Priester rasierten sich an jedem dritten Tag“. So endete meine Griechisch Matura heiter und positiv.
In Deutsch hatte ich mündlich auch eine leichte Aufgabe. Hemingway, Teile aus „Wem die Stunde schlägt“, vor zu lesen und zu interpretieren.
Ich habe in den 85 Jahren meines Lebens viele Berufe gehabt, aber nur für die wenigen Semester Medizin (aus Geldmangel abgebrochen) habe ich die Matura gebraucht. Vergeudete Zeit? Humanistischer Blick auf das Leben? Vorbereitung auf die Prüfungen, die mir das Leben so bescherte? Reich, glücklich und zufrieden hat mich die Matura nicht gemacht.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Hawlik
Lieber Heinz Sichrovsky,
Glückwunsch an die 32, die Griechisch gewählt haben und Glückwunsch an Sie für Ihre Spitzentöne. Sie sind der Rufer in der Wüste gegen eine fehlgeleitete Bildungspolitik, die uns seit Jahren beschert wird. Wenn Bildung auf das Machbare, das Messbare, das Technische, das Verwertbare, die Liste ist leicht fortzusetzen, reduziert wird, bleibt für die Literatur, die Philosophie, die Bildende Kunst und für die Musik zu wenig bis gar kein Platz mehr. Auch diese Liste könnte man jederzeit erweitern. All das findet seinen Niederschlag in der unsäglichen Zentralmatura. Sie zitieren Konrad Paul Liessmann, der schon vor mehr als zehn Jahren die Segnungen des "Blechtrottels" im Hinblick auf die Erschaffung eines Kunstwerks wie einer Tragödie von Shakespeare angezweifelt hat. Da hilft auch die KI nicht weiter. Darf ich noch weiter zurückgehen, nämlich dreißig Jahre, als Nikolaus Harnoncourt in seinem Buch "Was ist Wahrheit?" (Residenz Verlag) Folgendes geschrieben hat.".... - Ich glaube, wir haben an einem wichtigen Kreuzweg die falsche Straße gewählt: Technologie, Materialismus, logische Konsequenz. Sie haben sich wie Krebs in unseren Gehirnen ausgebreitet und die anderen Aspekte erstickt. Im alten Erziehungssystem gehörte die Musik zu den wichtigsten Fächern. Weil man mit musikalischen Kenntnissen keine Autos konstruieren oder Formulare ausfüllen kann, meint man, sie sei nur eine "schöne Kunst" und man könne sie aus der Erziehung entfernen. - Durch die unselige Konzentration auf das Praktische und die Vergötterung der sogenannten Arbeit hat der abendländische Mensch das Spielen verlernt; ja schlimmer, er verachtet es. Wir müssen unsere Erziehungssysteme neu durchdenken, bevor es zu spät ist. Ein Computer kann nicht musizieren, er kann auch nicht lieben."
Ich höre schon die besserwissenden "Ja, aber" - Töne , der KI-Adoranten. Allerdings glaube ich, dass niemand verlässlich darüber Auskunft geben kann, wohin diese Technologie uns Menschen führt. Aber zurück zur Matura. In der heutigen Presse gibt es eine interessante Seite über die Deutschmatura. Die Themen waren angeblich am "Puls der Zeit".Ich nehme nur zwei Punkte heraus. Im zweiten Paket gab es zusätzlich zu einer Textanalyse zu einem Profil-Artikel zum Thema Gleichberechtigung einen Leserbrief zu verfassen zu einem Beitrag "Colourblind Casting". Fein! Im dritten Themenpaket wurde eine Meinungsrede zu einem Essay mit dem Titel "Kleine Philosophie der Reparatur" verlangt. Zusätzlich brauchte es eine Zusammenfassung eines Textes über Nachhaltigkeit in der Architektur mit dem Titel "Reduce, reuse, recycle". Schreien Sie wie ich: " Hallo ist da jemand? Das ist die Deutschmatura!"
Abschließend gibt es noch etwas, das bei mir auf völliges Unverständnis stößt. Auf derselben oben genannten Seite der Presse, lese ich, dass man bei der mündlichen Matura die Aufgabenstellungen lediglich vorlesen müsse und sagen , dass man die Frage leider nicht beantworten könne, um "Mitwirkung" unter Beweis zu stellen. So habe das ein Gerichtsurteil ausgelegt, erklärt ein Gewerkschafter. Abgesehen davon, dass ich diese Möglichkeit schon von Vornherein für abwegig halte, bestürzt es mich geradezu, dass es von nicht wenigen Maturanten, wie es scheint, auch ausgenützt wird. Da wird der Sinn der Matura wohl großzügig missverstanden. Dabei ist mir ein Zitat aus der legendären Alltagsgeschichte "Donauinsulaner" von Elisabeth T. Spira eingefallen. Da sagt ein beleibter FKK-Anhänger zu einem drahtigen FKK-Anhänger: "Du missverstehst ans net!" Worauf dieser antwortet:"I missversteh überhaupt nix!"
Ich grüße Sie wie immer herzlich, wollen wir weiter hoffen, dass uns Plato, Shakespeare, Goethe, Brecht und alle anderen Heiligen beschützen, Riki Pacik
Bleibt die Frage, warun mehrheitsverachtende Hochgebildete oft den inhumanen Menschenschlächtern zugearbeitet haben, auch wenn viele der Verehrerr historischer Sprachen sie wohl nur als tatenlose Besserwisser unterstützten.
Trotz alledem und alledem einen Gruß aus dem Norden
Uwe Ladwig
Danke für den Artikel ! Man kann sich natürlich fragen: Hab ich das alte Griechisch gebraucht für die Entwicklung einer Immuntherapie des Neuroblastoms bis zur EU Marktzulassung und darüber hinaus, für die Führung von Biotech-Start-ups, und manchmal zwischendurch auch zum Kirchenorgel-Spielen (ohne es gelernt zu haben) ? Die Antwort ist: Jaaaaaa !
Neben einigen anderen lernt man mit dieser humanistischen Bildung nämlich das Hirn freizumachen von eingebrannten Vorgaben, nennt man dieser Tage „lateral thinking“, der beste Weg für Innovation, in der Musik genauso wie in der Biotechnologie…
Beste Grüße
Hans Loibner
Optime scipsisti!!! Meine Frau, meine drei Söhne und me medesmo haben in Altgriechisch maturiert...wunderbarer Beitrag...ich schicke ihn via Sophie nach Chaville zum Peter (Handke, Anm. d. Red,)!!
Weiter so!
Liebe Grüße,
Univ.-Prof. Dr. Harald Haslmayer aus dem schönen Graz
Ganz meine Meinung,
aber in den Wind gesprochen.
Μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληϊάδεω Ἀχιλῆος
οὐλομένην, ἣ μυρί᾽ Ἀχαιοῖς ἄλγε᾽ ἔθηκε,
πολλὰς δ᾽ ἰφθίμους … (der Beginn der „Ilias“, Anm. d. Red.)
Liebe Grüße
Ihr
Tolar
Heinz Sichrovsky verteidigt Kunst und Kultur: Religion zurück in die Schulen – der 1. Mai (02.05.25)
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Sehr geehrter Herr Sichrovsky,
welchen Religionsunterricht meinen sie? Den katholischen oder den evangelischen? Sollen noch moslemische und jüdische Religionsunterrichte folgen? In der Mittelschule mussten wir Evangelische Schüler das Klassenzimmer verlassen. Der evangelische Religionsunterricht wurde dann an den normalem Unterricht angehängt. Der Religionslehrer war ein Sadist, der auch Ohrfeigen im Namen Gottes austeilte. Mir wurden die 12 Söhne Abrahams eingeprügelt, so dass ich sie heute noch mit 85 Jahren auswendig kann. Ich bin mit 14 Jahren aus der Kirche ausgetreten und meine Kinder eben so. Warum muss man austreten? Man ist ja nie bewusst eingetreten. Über Religionen kann man auch neutral im Unterricht lehren und lernen.
Karl Hawlik
Lieber Heinz Sichrovsky,
noch nie haben mich Ihre Spitzentöne so ratlos gemacht wie die aktuellen.Sie haben mich in Ihrem Newsletter zum Religionsunterrich zitiert und "wortmächtig" genannt, was mich ungemein freut und ehrt.
Danke dafür. Warum ich über Ihre Spitzentöne so rat-und mutlos bin, und mich gar nicht wortmächtig fühle, liegt nicht daran, was Sie schreiben, da stimme ich Ihnen großteils zu. Es ist dieses anhaltende Kriegsgerassel in einer absolut instabilen Weltlage. Ich glaube, niemand kann ehrlicherweise einschätzen, was Putin bereit ist, noch alles zu tun. Und bei Trump kann man sich sicher sein, dass er seine Meinung je nach Befindlichkeit ändert und jederzeit dazu fähig ist, Welt erschütternde Taten zu setzen. Berücksichtigt man diese Erkenntnisse, dann sind die Wortspenden der parlamentarischen Kriegstouristen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos in ihrer Wichtigkeit und internationaler Wahrnehmung wahrscheinlich etwa so zu bewerten wie das sprichwörtliche Rad, das gerade in China umfällt. "Das Ausreizen unserer militärischen Neutralität" ist vielleicht ein Reizthema in Österreich, aber die Entscheidungen werden längst ganz woanders getroffen. Wie es aussieht, nicht einmal auf europäischer Ebene. Und die Idee, Österreich wieder als internationalen Verhandlungsort zu etablieren, ist wohl auch nur von trügerischer Hoffnung geprägt. Heute trifft man sich zu Verhandlungen in Dubai oder Katar. Oder zwischendurch auf zwei Sesseln im Petersdom. Soll sein, wenn's denn zu Frieden führt. Aber Skepsis ist bei den unberechenbaren Akteuren wohl angesagt.
Jetzt muss ich aber zur Kultur zurückkehren. Gerade habe ich gelesen, Joe Chialo ist als Kultursenator in Berlin zurückgetreten, mit der Begründung, dass er weitere Einsparungen nicht mehr mittragen kann. Das wird auch nicht helfen, er hätte sich wohl früher stark machen müssen.
Mir tut es leid, dass er geht. Zum Abschluss möchte ich noch meine Freude der Woche anbringen. Morgen werde ich mir in der Staatsoper die wegen der großartige Besetzung allseits gelobte Aufführung des "Lohengrin" anschauen. Halten Sie mir die Daumen, dass Klaus Florian Vogt auch singt. Er ist für mich nach wie vor der Lohengrin schlechthin, soviel Subjektivität muss sein.
Ich grüße Sie wie immer herzlich, schönes Wochenende und alles Liebe Riki Pacik