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Franz Schuh fordert: "Steckt den Sand nicht in den Kopf"

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Franz Schuh hat ein neues Buch veröffentlicht
©APA, GEORG HOCHMUTH
"Steckt den Sand nicht in den Kopf", fordert Franz Schuh in seinem eben erschienenen neuen Buch gleich im Titel. Der Sand, der einem permanent in die Augen gestreut wird, reiche völlig aus. Dass man aber, obwohl die Welt immer mehr am Absandeln ist, den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern besser zum Denken verwenden soll, diesen Aufruf an seine Leserinnen und Leser kann man aus jedem der mehr als drei Dutzend Texte, zwischen die einige Gedichte gestreut sind, herauslesen.

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"In diesem Buch, das auf Sand gebaut ist, herrscht ein Durcheinander", gibt Schuh im Nachwort freimütig zu. "Die Werbung würde sagen, im Durcheinander steckt ein Zusammenhang, eine Zusammengehörigkeit. Nein, es ist Ausdruck eines zerrissenen Bewusstseins." Und einer prekären Autoren-Existenz. "Ich bin jemand, der schreibt, der vom Schreiben (und auch von Lesungen) nicht leben kann. Ich versuche es aber, und meine Methode ist, meine Texte artikelweise zu verkaufen. Ich überarbeite sie dann und schreibe neue dazu, wenn meine Bücher es erfordern oder ermöglichen." Ein solches Buch ist nun auch "Steckt den Sand nicht in den Kopf".

Versammelt sind Glossen und Essays, Kritiken und Lobreden - bei denen er in manchen Aspekten auch ganz schön ruppig werden kann, wie etwa in Texten zu Ernst Jandl oder Wolfgang Ambros nachzulesen ist. Lesenswert sind sie alle, ganz unabhängig davon, wie viel Sand seit ihrer Entstehung bereits durch das Stundenglas gerieselt sein mag. Der von ihm hoch gepriesene Badeschwamm am Stiel soll seit dem Schreiben seiner Würdigung durch ein gefinkeltes Modell mit abschraubbarem Griff ersetzt worden sein, merkt er an, aber bei allen scheinbaren Aktualitäten geht der 78-jährige Wiener, der sich als "Literat mit philosophischen Interessen" bezeichnet, doch stets so sehr ins Grundsätzliche, dass man sich um die Halbwertszeit keine Sorgen machen braucht. Das gilt für seine Überlegungen zum Gaza-Krieg ebenso wie zu den unterschiedlichsten Niederungen der österreichischen Innen- und Medienpolitik.

Wenn er durch Marxer- und Hegelgasse schreitet, biegt er manchmal Richtung Philosophie ab ("Für mich ist das Schöne an der Philosophie, dass in dieser ziemlich anarchischen Disziplin uralte Gedankengänge fast unmittelbar in die Gegenwart führen können.") oder verweilt kurz bei der Kunst ("Kunst braucht der Mensch nicht zum Überleben. Dass Kunst ein Lebensmittel sei, halte ich für die Propaganda von Kulturfunktionären."). Dass dabei die Endlichkeit des Daseins immer mit eine Rolle spielt, ist für Schuh, der sein persönliches annus horribilis, in dem er Krankheit und Krankenhaus gleichermaßen wundersam überlebte, 2023 in seinem Buch "Mann ohne Beschwerden" festhielt und dessen Arzt beim Betrachten seines Röntgenbilds spontan ein "Das möchte ich nicht haben!" entfuhr, eine Selbstverständlichkeit.

Franz Schuh verbindet nolens volens hohe Leidensfähigkeit und stupende Formulierungsgabe. Dass nach dem präzisen Beschreiben von Missständen das aktive Ankämpfen dagegen meist im Sand verläuft, nimmt er bedauernd zur Kenntnis. Auch, was er über die Umtriebe des Donald Trump geschrieben hat, ist weiter gültig: "Nach dem Sand in diesem Getriebe sucht man vergebens."

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Franz Schuh: "Steckt den Sand nicht in den Kopf", Zsolnay Verlag, 288 Seiten, 26,80 Euro)

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