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Nach internen Hochrechnungen dürften laut Groß heuer 300 Arbeitsplätze in der heimischen Medienbranche verloren gehen. Etwa 1.000 Journalistinnen und Journalisten, aber auch Angestellte in den Bereichen Korrektorat, Lektorat oder Grafik seien derzeit beim AMS arbeitslos gemeldet, "und wir befürchten, dass das Ende noch nicht erreicht ist". Die Betroffenen würden sich vermutlich beruflich völlig neu orientieren müssen. Die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen litten unter enormer Arbeitsverdichtung, unter diesen Umständen sei die Qualität nicht zu halten, so Groß, die anmerkte: "Qualität ist aber unsere einzige Lebensversicherung."
"Wenn man zuschaut, wie Journalismus stirbt, nimmt man in Kauf, dass es niemanden mehr gibt, der den Mächtigen unbequeme Fragen stellt. Diese Aufgabe werden Parteimedien nicht übernehmen können", sagte Colette Schmidt, stv. Vorsitzende der Journalist:innengewerkschaft und Betriebsratsvorsitzende des "Standard". Sie formulierte einige Forderungen zur Absicherung des Qualitätsjournalismus: Medienförderung nach klaren und transparenten Kriterien, eine für Journalismus-Förderung zweckgebundene Erhöhung der Digitalsteuer von fünf auf sieben Prozent, die steuerliche Absetzbarkeit eines Print- oder Online-Abos sowie eine rasche Umsetzung der von der Regierung versprochenen Vertriebsförderung.
Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA und Nationalratsabgeordnete der SPÖ, forderte die Einrichtung einer bundesweiten Branchenstiftung, "um den vielen betroffenen Kolleg:innen eine neue berufliche Perspektive zu geben". Die geschätzten Kosten von 1,5 bis 2 Mio. Euro sollten vom Bund mit Arbeitgeberbeteiligung finanziert und vom AMS organisiert werden. Zudem forderte sie die Medienhäuser zur Gründung von Verwertungsgesellschaften auf. "Google und Meta verdienen Milliarden mit Inhalten, für die sie nichts zahlen."
Praktisch nahtlos anschließend an den "Weckruf" der Gewerkschaft lud Medienminister Babler zu einem Hintergrundgespräch im Parlament. Dabei betonte er, dass ihm die alarmierende Situation in der Medienbranche bewusst sei. "Zunehmend mehr Medien können sich nicht mehr aus eigenen Einnahmequellen finanzieren. Bestehende staatliche Förderungen können das nicht abfangen", sah der Vizekanzler ein demokratiepolitisches Problem auf Österreich zukommen, wenn die Medienvielfalt unter Druck gerät.
Er verwies auf bereits bestehende Förderungen in Höhe von 80 Mio. Euro pro Jahr. "Das ist keine kleine Summe. Aber offensichtlich funktioniert es trotzdem nicht", so der Medienminister. Daher wolle man die Förderungen neu aufstellen, ihren Fokus erneuern und treffsicherer machen. Klar sei aber auch, dass eine Grundabhängigkeit der Medien von Förderungen nicht erstrebenswert sei.
Babler verwies auf die bereits vor längerem angekündigte Vertriebsförderung, die Medienhäuser bei der kostspieligen Zustellung von Zeitungen unterstützen soll. Die mit 25 Mio. Euro dotierte Förderung soll 2026 erstmals ausgeschüttet werden, muss aber zunächst von der EU-Kommission genehmigt werden.
Weitere 30 Mio. Euro sind für ein Projekt mit dem Arbeitstitel "Meine-Zeitung-Abo" vorgesehen. Damit sollen eigens von Medienhäusern für junge Menschen am Sprung zum Erwachsenwerden geschnürte Inhaltspakete gefördert werden, um diese Zielgruppe langfristig an seriöse Medienmarken zu binden und ihre Medienkompetenz zu erhöhen. Die Ausarbeitung sei komplex, der Starttermin noch nicht fixiert.
Den Ruf der Gewerkschaft nach einer erhöhten Digitalsteuer, die Journalismus zugute kommt, erteilt das Medienministerium vorerst eine Absage. Eine Erhöhung dieser auf internationale Plattformen abzielende Steuer sei in Zeiten von Zoll- und Sanktionspolitik heikel. Nötig sei eine europaweite Anstrengung, aber auch Risikoabschätzung, hieß es. Für die weiteren Forderungen - steuerliche Absetzbarkeit von Print- und Digitalabos, Einrichtung einer bundesweiten Branchenstiftung zur Neuorientierung arbeitsloser Journalisten - zeigte man sich prinzipiell offen für Gespräche. Aber ohne Gegenfinanzierung sei nicht viel zu machen.
Sigrid Maurer, Mediensprecherin der Grünen, attestierte Babler in einer Aussendung "mit der Situation völlig überfordert zu sein". "Er lässt die Medien im Stich", meinte sie. Statt eine Studie zur Neuaufstellung der Medienförderung in Auftrag zu geben, müsse er sofort handeln, um die privaten Medien in Österreich zu unterstützen.
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Wolfgang Huber-Lang






