Extradienst-Chef Christian W. Mucha will nicht recht haben, aber am Tag X bereit sein. Mit Stil und Strategie macht der Verleger in unsicheren Zeiten aus der Sehnsucht nach Sicherheit eine Plattform mit Namen „Refugion“.
Es begann mit Heinrich Heine, sagt Österreichs Fachverlegerlegende Christian W. Mucha. Er war noch ein Kind, als der Großvater ihm Heines Gedicht „Belsatzar“ mit auf den Lebensweg gab. Die Geschichte des Königs von Babylon, der die Zeichen an der Wand nicht deuten konnte und daraufhin umkam, hallt bis heute in ihm nach. Wachsam bleiben, was den Lauf der Welt betrifft, habe der Großvater ihn gelehrt, so Mucha. Es gehe darum zu handeln, bevor es zu spät ist.
Dieser Prägung entsprang bereits Muchas – von manchen anfangs belächelte – Zeitschrift Check- List zum Thema Nachhaltigkeit, Blackout und Survival. Erfolgreich 2023 gegründet, lange bevor europaweite Stromausfälle wie jüngst in Spanien, Frankreich und Portugal die Nachrichten bestimmten.
Domizile für den Notfall
Nun lässt Mucha ein weiteres ambitioniertes Vorhaben folgen. Vor dem Hintergrund stetig krisenhafter werdender Zeiten erarbeitete er nachhaltige, autarke und luxuriöse Rückzugsorte für den Tag X. Er nennt sie „Refugion“. Der Name steht für „ein persönliches, geschütztes Paradies“ weniger als sechs Flugstunden von Österreich entfernt. So beschreibt er die Fluchtorte auf der gleichnamigen Website. Interessenten finden dort Zugang zu Domizilen für den Notfall – aber auch als Zweitwohnsitz und Wertanlage – in einer Umgebung, die Krisensicherheit, medizinische Versorgung, Autarkie und Nachhaltigkeit betreffend Energie und Lebensmittel in deutschsprachigen Communities bietet.
Refugion verstehe sich als Informationsplattform und Schnittstelle – kein Immobiliengeschäft –, wie er sagt. „Ich sehe meine Aufgabe als kreativer Verleger mit einem wachen Blick in die Zukunft. Wo geht alles hin?“, fragt Mucha. Seine Grundannahme: Die Welt verändert sich in rasendem Tempo. Demokratien bröckeln, der Rechtsruck schreitet voran, die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auf, Kriege rücken näher. „Und viele Menschen erkennen nicht, was sich da erneut wie in den 1930er-Jahren entwickelt. Wenn sie es verstehen, ist es wohl zu spät.“
Medien als Möglichkeitsraum
Für diesen Zeitpunkt möchte Mucha vorbereitet sein – und anderen helfen, es auch zu sein. Auf einer Insel, nicht zu weit entfernt, nicht zu exponiert, mit funktionierender Infrastruktur, medizinischer Versorgung, klimatischer Balance und EU-Kompatibilität. Ein Rückzugsraum mit Niveau. „Es soll die eierlegende Wollmilchsau sein“, sagt er. „Ein Ferienhaus, das zugleich als Erbe dient und im Ernstfall zur Lebensversicherung wird.“
Neben der Erfüllung einmal mehr Motivator und Innovator zu sein, ergibt sich für Mucha daraus ein demoskopisches Instrument zur Erhebung von Interessen und Bedürfnissen der Interessenten. Wer sich registriert, kommt in den Dialog und erhält Informationen, später auch Angebote. „Ich bin nur die Schnittstelle, ich bringe Leute zusammen – und Ideen in Bewegung“, so Mucha.


So soll oder könnte – von Künstlicher Intelligenz imaginiert – Muchas „Refugion“ aussehen.
© MG Mediengruppe / AI generatedFür den Ernstfall gibt es Jet-Vereinbarungen für den Transport am Tag X und Partnerschaften mit diversen Dienstleistern. Alles unter dem Vorzeichen, dass man vorbereitet ist, nicht panisch. „Ich habe keine Angst“, sagt der Verleger. „Aber ich glaube daran, dass man sich Optionen schaffen muss.“ Dass ausgerechnet er solch ein Projekt initiiert, ist kein Zufall. Mucha versteht Medien nicht nur als Abbild der Gegenwart, sondern als Möglichkeitsraum. Und als Warnsystem. Refugion ist damit auch ein publizistisches Statement: gegen Gleichgültigkeit, für Wachsamkeit. „Es gibt drei Sorten von Menschen“, sagt er. „Den einen ist die Zukunft egal. Die anderen reden nur darüber. Und dann gibt es die, die handeln und proaktiv vorsorgen. Für die ist meine Page gemacht.“
Mucha will nicht missionieren, aber Angebote machen – in einer Zeit, in der Zukunftsängste allgegenwärtig sind, aber selten in Strategien übersetzt wer- den. Dass seine Plattform ein Geschäftsmodell wird, sei nicht das Ziel: „Es geht mir nie ums Geld. Aber wenn ein Ansatz spannend ist, dann funktioniert er zumeist auch wirtschaftlich.“
Vielleicht ist es genau diese Mischung aus Polarisieren und unangepasstem Geschäftssinn, die Muchas Ideen gleichsam bestechend wie angreifbar macht. Er will nicht blind sein, wie in Heines Gleichnis. Das Ergebnis seiner Triggerpage kennt freilich nur die Zukunft.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 19/25 erschienen