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„Live is Life“: Das Leben mit einem Hit

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10 min

Ewald Pfleger

©Christian Jungwirth

Der Hit „Live is Life“ beschert den fünf Bandmitgliedern von Opus samt Familien seit vier Jahrzehten ein wunderbares Leben. Dabei glaubte 1984 niemand an das Lied. – Genau deshalb konnte es für die Band Millionen verdienen 

Als der FC Liverpool sich zum Meister der Premier League krönte, stimmte Trainer Arne Slot den Hit zu Ehren von Vorgänger Jürgen Klopp an. Das Lied klang auch von den Rängen, als die Deutsche Nationalelf das EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland bestritt, sowie bei allen Spielen Argentiniens während der Copa América.

Adidas nutzte „Live is Life“ für einen Werbespot mit Lionel Messi. Booking.com, Pepsi Mexico oder Samsung warben mit dem Hit, der in die fünfte Dekade seines Siegeszugs um die Welt geht. Die Verlagsrechte des Hits sind Millionen wert. „Hätten wir die Rechte daran nicht, würde heute jemand anderes verdienen, ja“, sagt Hitschreiber und Opus-Mastermind Ewald Pfleger trocken. Es klingt nach Schicksal, wie das Leben der Band Opus diesen Hit bescheren wollte. 

Der Hit, den niemand wollte

Die Absage von Opus-Verleger Gottfried Indra kam prompt. „Die Verlagsrechte von ,Live is Life‘ sollen wir behalten, sagt er, auf den Titel könne er gut verzichten“, erinnert sich Pfleger an Indras Worte. Für eine Liveaufnahme fahre er sicher nicht zu Ö3, um sie der Radiostation anzubieten, so Indra. Auch Produzent Peter Müller glaubte nicht an das Lied, und EMI Köln schickte ein nunmehr legendäres Absageschreiben. 

Es war 1984, das Jahr von STS’ „Fürstenfeld“ und KGBs „Motorboot“ (an dem Pfleger mitschrieb). Queen sangen „I Want To Break Free“ und Laura Branigan „Self Control“. Ende des Jahres kam man in Österreich an „Nana nanana. Live is Life“ nicht herum. Der Hit blieb 25 Wochen in den Charts, davon acht auf Platz eins. Seine simple Songstruktur und die Doppelung im Titel wurden weitgehend belächelt. Sie war kein Zufall, sondern von Ewald Pfleger bewusst geplant. 

Jede Band hat diesen einen Song, der berühmter ist als alle anderen. Bei uns ist es dieser. Er ist mein Leben geworden.

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Opus am Höhepunkt des Erfolgs 1985

 © Imago/United Archives /kpa

Maßarbeit für ein Livealbum

Die Band war damals in ihrem elften Jahr und hatte nach drei gelungenen Alben ihren Plattenvertrag mit dem heimischen Label Musica erfüllt. Zum Abschluss der Zusammenarbeit mit Musica wollten Opus – wenn auch vertraglich ungebunden – ein Livealbum aufnehmen. In der ursprünglichen Heimat der steirischen Band, im Südburgenland, wurde dafür ein  Jubiläumskonzert organisiert. Dafür brauche es ein neues Lied, meinte Pfleger. Eines, das das einzigartige Gefühl zwischen Künstler und Publikum während eines Konzerts feiert. Eine Idee dafür hatte er schon länger im Kopf. „Ich bin auf diesen rhythmischen Sound g’standen, der ein bisserl nach Zuggeräusch klingt: Dadu Badum, Dadu Badum“, erzählt Pfleger. „Ich wollte etwas zum Mitsingen erschaffen. Etwas, das die Kraft hat, die Interaktion mit dem Publikum festzuhalten.“ Im Urlaub auf Ibiza schrieb Pfleger „Live is Life“. Die Bandkollegen reagierten nicht euphorisch, stellten das Lied aber gemeinsam fertig. Es sollte der Titelsong des Livealbums werden. Beim Konzert musste die Band ihn zweimal spielen. 

Die erste Aufnahme klappte nicht, weil das Zwei-Zoll-Band nach einer Stunde Laufzeit ausgerechnet am Ende war, als „Live is Life“ an der Reihe war. „Wenn ihr den Song auf der Aufnahme haben wollt, müsste ihr ihn als Zugabe nochmal spielen“, wurde Opus auf der Bühne ausgerichtet. Dafür war die Stimmung bei der Wiederholung des Liedes im Rahmen der Zugaben am ausgelassenen Höhepunkt angekommen. 

„Live is Life“, Originalvideo, gedreht im Jänner 1985 in der Wiener Arena

Im Ruderboot und im Basislager

Der Rest ist, wie das Zitat sagt, Geschichte. „Ö3 hat ,Live is Life‘ sofort gespielt. Das letzte internationale Interview dazu habe ich vor zwei Wochen dem britischen Guardian gegeben“, umreißt Pfleger Anfang und Gegenwart des Lebens mit dem Hit, der um die Welt ging. „Live is Life“ holte Auszeichnungen für Verkäufe in Silber in UK, in Gold in Österreich, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Spanien und Schweden, sowie Doppelplatin in Kanada. Insgesamt rangiert der Hit bei 1.225.000 verkauften Tonträgern. In Frankreich besetzte er 1985 Platz eins und zwei der Charts gleichzeitig, auf Platz zwei lag eine Coverversion. 

Der Hit brachte Opus auf Tour rund um die Welt, die Band absolvierte Konzerte quer durch Lateinamerika, die USA, in Moskau, durch Europa sowieso. Wo auch immer die Band ankam, war „Live is Life“ schon da. Als Pfleger und Co. 1985 in Teotihuacán die Sonnenpyramide erklommen, stimmte eine Gruppe junger Menschen beim Aufeinandertreffen sofort „Nana nanana“ an. In Chile verließ Ewald Pfleger sein Hotel Richtung Strand, um einen Moment des Ankommens zu genießen. „Ich traue meinen Ohren nicht: Steht dort ein uralter, zahnloser Einheimischer mit einer Teufelsgeige und spielt ,Live is Life‘“, staunt Pfleger rückblickend noch heute. 

Geschichten über Darbietungen seines Hits werden ihm seit vier Jahrzehnten von Freunden und Fans aus den entlegensten Ecken der Welt zugetragen: von Jugendlichen, die das Lied im Ruderboot in Sri Lanka sangen, bis zu Musikern, die es im Basislager des Kilimandscharo zum Besten gaben.

Eine Formel für den Hit

Was aber macht ein Lied zu einem Dauerbrenner, der seit vier Jahrzehnten Geld in die Kassen von Opus spült? Die einfache Antwort wäre: Es ist einfach ein gutes Lied, das sich aufgrund der englischen Sprache gut verbreiten konnte. Auch das übrigens ein Zufall, da Opus ursprünglich auch deutsche Lieder im Repertoire hatten. Als Sänger Herwig Rüdisser 1978 zur Band stieß, entschied sich die Band wegen dessen Kärntner Idioms aber für englische Texte.

Eine komplexe Antwort verweist auf die Forschung. Eine Analyse von Billboard-Hits aus den Jahren 1960 bis 2010 ergab, dass Hits musikalische Innovation mit bekannten Mustern verbinden. Nach „The Evolution of Popular Music“ (2015) integrieren erfolgreiche Lieder harmonische Einfachheit, wenige Akkordwechsel und ein Tempo zwischen 120 und 130 bpm. Eine weitere Studie („On Repeat: How Music Plays the Mind“, 2014) belegt, dass klar strukturierte Wiederholung ein Erfolgsfaktor ist. Die Hirnforschung bestätigt, dass das menschliche Gehirn vorhersehbare Akkorde schätzt. Vor allem Ohrwürmer entstehen durch einfache Melodien, kleine Tonumfänge und rhythmische Einfachheit.

Ein Hit für fünf Familien

Mit der Kritik an eben dieser Einfachheit und der falschen Verdächtigung ein One Hit Wonder zu sein, hat Ewald Pfleger leben gelernt. „Wenn ich nicht 200 Lieder geschrieben oder mitgeschrieben hätte, wäre dieser Hit vermutlich nie gelungen“, spricht der Produzent und Tonstudio-Chef von Recorder Music Studios sein breites Schaffen an. „Jede Band hat diesen einen Song, der berühmter ist als alle anderen. Bei uns ist es dieser. Er ist mein Leben geworden. Ich bekomme noch immer jeden Tag Anfragen dazu.“

Anfragen betreffen Lizenzen für Coverversionen sowie die Nutzung des Liedes für Werbung oder Filme, die stetig Geld in die Kassen von Opus spülen. „Ist kein Verleger beteiligt wie in unserem Fall, dann bleiben die Urhebereinkünfte zu hundert Prozent bei den Textern und Komponisten“, erklärt Pfleger. Als Texter lukriert er die Einnahmen, die Kompositions-Einkünfte werden durch alle fünf Bandmitglieder geteilt. Pfleger: „Tatsächlich leben fünf Familien von ,Live is Life‘. Wir sind keine Millionäre, aber wir haben ein unbeschwertes, schönes Leben.“

Eine französische Version von Willy William hat derzeit rund 400 Radio-Einsätzen pro Tag weltweit. Die am häufigsten gestreamte Version des Songs hat über 266 Millionen Zugriffe auf Spotify. Auf YouTube werden „Live Is Life“-Videos täglich bis zu 3 Millionen Mal gespielt. Auf TikTok sind rund 700.000 Videos mit den drei beliebtesten Versionen hinterlegt. Im Radio werden weltweit durchschnittlich 700 Radioeinsätze täglich verzeichnet. 

Nach seinem 70. Geburtstag am 6. Mai steht Ewald Pfleger mit Opus und den Schick Sisters wieder selbst auf der Bühne des Ernst-Happel-Stadions. Als Gast im Rahmen des Jubiläumskonzerts von Seiler und Speer (19. 7. 2025) wird der weltbekannte Rythmus ertönen „Nana nanana“. Zum wievielten Mal er seinen Hit dann spielen wird, hat er längst zu zählen aufgegeben. 

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 18/25 erschienen.

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