Markus Riebe war ein Künstler, der den Computer nicht bediente, sondern mit ihm in Dialog trat. Nun ist der österreichische Pionier der digitalen Kunst im Alter von 70 Jahren gestorben – ein Humanist des Digitalen, dessen Werk den Dialog zwischen Technik und Wahrnehmung neu formulierte.
Manche Künstler ahnen die Zukunft, andere gestalten sie. Markus Riebe tat beides. Mitte der 1980er Jahre begann der Österreicher in einem kleinen Atelier in Gallneukirchen mit Computern zu experimentieren – in einer Zeit, in der sich Kunst zwischen Maschinenfaszination und Fortschrittsangst verfing.
Am 20. Oktober 2025 ist Markus Riebe im Alter von 70 Jahren gestorben. Mit ihm verliert Österreich einen Pionier, der die digitale Kunst nicht als Technik, sondern als Denkweise verstand.
Geboren 1955 in Gmunden, studierte Riebe an der Kunstuniversität Linz, wo er 1979 sein Diplom erhielt. Schon früh erkannte er, dass digitale Systeme nicht nur neue Werkzeuge, sondern neue Formen des Denkens hervorbringen würden. Der Computer war für ihn keine Maschine, sondern ein „epistemologischer Partner“, wie er sagte.
Kunst, die zurückblickt
Riebes international anerkannte Lentikularbilder reagieren auf Bewegung. Sie verändern sich, wenn man sich bewegt – als würde das Bild selbst den Betrachter mustern. Serien wie Districts, Digital Echoes, Uncharted Territories oder Voxelscape übersetzten die klassische Frage nach Raum und Tiefe in ein digitales Idiom.
Von Linz aus fand Riebe den Weg in die Welt: nach Chicago, Sydney, Los Angeles, Mantua. Er erhielt internationale Auszeichnungen, zuletzt 2015 den Anglo-Italian Academy of Arts Award, und zeigte 2023 sein Spätwerk Cytolon’s Whisper bei der Ars Electronica. Trotz dieser Reichweite blieb er verwurzelt – als Lehrer, Kurator, Vermittler. Zwei Jahrzehnte lang wirkte er als Fachinspektor für Bildnerische Erziehung in Oberösterreich, entwickelte Programme für Museen und Schulen und prägte Generationen von Schülern und Studierenden.
Das Vermächtnis
Heute, da Künstliche Intelligenz das Potenzial besitzt Kunst zu produzieren, wirkt Riebes Werk fast prophetisch. Er sah früh, dass Maschinen keine Konkurrenten sind, sondern Gesprächspartner – Spiegel des Menschlichen, nicht dessen Ersatz.
Seine Arbeiten hängen in internationalen Sammlungen. Doch sein eigentliches Vermächtnis ist weniger materiell: Es ist ein Denken, das den Dialog zwischen Code und Gefühl, zwischen Logik und Imagination offenhält. Markus Riebe hat die Kunst nicht nur digitalisiert, er hat sie humanisiert.
Und wer seine Bilder betrachtet, spürt, dass sich in ihnen etwas bewegt – nicht nur Licht und Farbe, sondern die Idee, dass Sehen auch ein Akt der Erkenntnis ist.






