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Wo es legal ist, zu dritt eine Ehe zu führen

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©Joey Yu / Unsplash

Der Hatti-Stamm im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh praktiziert die Polyandrie, obwohl diese in Indien eigentlich verboten ist.

An der Grenze zu Nepal im westlichen Himalaya liegt der indische Bundesstaat Himachal Pradesh, der nördlichste Bundesstaat Indiens mit einer Gebirgslandschaft, versteckten Bergtälern, Flüssen und Wasserfällen, beliebt bei Wanderern und Bergsteigern.

In den Tälern um die beiden Flüsse Giri und Tons, verstreut auf etwa 450 Dörfer, lebt das indigene Volk der Hatti hauptsächlich von Landwirtschaft, mit Mais, Gerste und verschiedene Hülsenfrüchte; sie halten auch Ziegen und Schafe.

Tradition

Der Minderheit der Hatti mit einer Bevölkerung von etwa 300.000 wird seit 1967 von der indischen Regierung der sogenannte ‚Tribal Status‘ garantiert. Sie können nach ihrer eigenen Tradition leben, auch wenn diese in manchen Fällen den Gesetzen Indiens widerspricht.

Am 12. Juli dieses Jahres heiratete Sunita Chauhan in Shillai, einer Kleinstadt auf 2.000 Meter Höhe im Bezirk Sirmaur, die beiden Brüder Pradeep und Kapil Negi. Niemand hatte sie dazu gezwungen. Sunita war damit einverstanden, ebenso die beiden Brüder, eine Ehefrau zu teilen und alle drei setzten eine jahrhundertealte Tradition fort.

Polyandrie ist in Indien verboten, als Brauch der Hatti jedoch legal, und wird mehrere Male jedes Jahr praktiziert. Die Familie der Brüder konnte mit dieser Entscheidung verhindern, dass die als Terrassen in die Berge geschlagenen kleinen Anbauflächen von Generation zu Generation geteilt und verkleinert werden. Der vorgebrachte praktische Vorteil dieser Ehe widerspricht allerdings der vehement betonten Freiwilligkeit.

Drei Tage lang feierte die Bevölkerung Sunitas Hochzeit mit Pradeep, der für die lokale Wasserbehörde arbeitet, und Bruder Kapil, der im Ausland beschäftigt ist.

Hinduismus

Ein Journalist der Times UK, der eine Reise durch das Gebiet machte, sprach mit dem Dorfältesten: „Alle drei waren einverstanden. Unsere Jugend hält die alten Traditionen lebendig und setzt damit ein Beispiel. Das gemeinsame, öffentliche Fest der Hochzeit zeigt, dass hier keine illegalen, geheimen Absprachen existieren. Die beiden Brüder kannten die Familie von Sunita seit Langem und hielten gemeinsam um die Hand der Tochter an.“

Er erinnerte an das Epos Mahabharata aus der Tradition des Hinduismus. Draupadi, die schöne Tochter des Königs Drupada von Panchala, bittet Shiva um einen Ehemann mit fünf wichtigen Eigenschaften: schön, edel, stark, geschickt und weise. Shiva konnte niemanden finden mit all diesen Eigenschaften. So gab er ihr fünf Ehemänner.

Hira Singh, ein Verwandter der Brüder, war bereit, mit dem Journalisten zu sprechen: „Die Regelung zwischen den drei Partnern ist eine familiäre Angelegenheit, niemand mischt sich ein. Die Praxis ist jedoch meist so, dass jeder der beiden Ehemänner eine gewisse Zeit mit der Ehefrau verbringt. Die Kinder werden abwechselnd aufgeteilt. Der ältere Bruder bekommt das erste Kind, der jüngere das zweite, dann wieder der ältere. Manche entscheiden, die Kinder einem der Ehemänner zu überlassen. Mit den westlichen Idealen von Liebe und Romantik ist es hier in den Bergen schwer zu überleben.“

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 32/2025 erschienen.

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