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Wie misst man Glücklichkeit?

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Catarina Lachmund

©Bild: Privat

Catarina Lachmund ist leitende Analystin beim Happiness Research Institute. Sie erklärt, was Kopenhagen zu so einer glücklichen Stadt macht.

Warum und vor allem wie erforscht man Glücklichkeit?

Weil die Menschheit nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen hat, dass das Bruttoinlandsprodukt als Messwert für Zufriedenheit verwendet wird. Jetzt, 80 Jahre später, steigt zwar das BIP weltweit, aber die Lebensqualität stagniert. Auch wenn Geld ein glückliches Leben ermöglicht, es ist keine Garantie dafür. Es wird also Zeit, darauf zu schauen, was Menschen wirklich glücklich macht.

Laut The Economist korreliert aber eine hohe Lebensqualität mit hohen Kosten. Wie kann das sein?

Da muss man zwischen Korrelation und Kausalität unterscheiden. Hat ein Faktor Auswirkungen auf den anderen oder hängt es einfach nur zusammen? Es gibt eine Korrelation zwischen der Anzahl an Nicolas-Cage-Filmen und Menschen, die im Pool ertrinken. Hat das eine was mit dem anderen zu tun? Nein. Ja, Geld ermöglicht ein gutes Leben. Reiche Menschen sind im Schnitt glücklicher als arme Menschen. Das ist logisch. Du hast die finanziellen Mittel, eine Wohnung zu mieten oder sogar zu kaufen, Zugang zu gesundem Essen und Zeit und Geld für Hobbys. Vieles, was ein gutes Leben ermöglicht, kann gekauft werden, aber eben nicht alles.

Was ermöglicht denn ein gutes Leben?

Global gibt es sechs Gründe, die 75 Prozent der Unterschiede im nationalen Glücksniveau erklären. Das BIP ist eben nur eines davon. Das zweite ist die gesunde Lebenserwartung. Wir leben zum Glück in Europa, wo wir in fast allen Ländern krankenversichert sind. Das heißt, es ist nicht vom Einkommen abhängig. Das Vertrauen in die Regierung und die Gesellschaft spielt auch eine Rolle. Das ist besonders in Dänemark hoch ausgeprägt.

Wie äußert sich das?

In den Winterzeiten sieht man relativ häufig, dass Kinderwägen mit Kind vorm Café stehen – ohne Eltern. Die sind nämlich im Café und vertrauen darauf, dass niemand ihr Kind oder den Babywagen klaut und dass sie ihr Baby warm genug eingepackt haben, dass es nicht erfriert.

Dänemark landet Jahr für Jahr in unterschiedlichen Messungen ganz oben in den am wenigsten korrupten Regierungen der Welt.

Catarina Lachmund

Und was hat es mit dem Vertrauen in die Regierung auf sich?

Dänemark landet Jahr für Jahr in unterschiedlichen Messungen ganz oben in den am wenigsten korrupten Regierungen der Welt. Ich glaube, es war eines der ersten Länder, das alle Debatten im Parlament live gestreamt hat. Der Entscheidungsprozess ist dadurch so transparent, dass es zwar dazu führen kann, dass ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin, aber immerhin kann ich nachvollziehen, wie es dazu kam.

Was sind weitere Gründe für Glücklichkeit?

Freundlichkeit. Das hängt mit dem Vertrauen zusammen, denn du begegnest Menschen, denen du vertraust, anders. Denken wir an die Ellenbogengesellschaft. Wenn das System Arbeitslosengeld es zulässt, muss ich meine Kollegen ja nicht unter den Bus werfen, um meinen Job nicht zu verlieren. Eine weitere wichtige Zutat ist Freiheit bei der Lebensgestaltung, also kannst du studieren, was du möchtest, kannst du lieben, wenn du möchtest. Und zuletzt natürlich die sozialen Kontakte. Gibt es einen Menschen, den du nachts um zwei anrufen kannst, wenn du mit jemandem reden musst?

Aber Arbeitslosengeld und Krankenversicherung sind ja vom Staat und den Steuergeldern abhängig.

Ja, wie gesagt, da ist eine Korrelation. Die sauberen Straßen und Parks werden auch durch Geld finanziert. Aber durch die Arbeitslosenunterstützung oder Sozialbauten entziehst du sozusagen einen Grund für Kriminalität. Du musst niemanden ausrauben, um was zu essen zu haben.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 40/2025 erschienen.

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