Nach fast 30 Jahren mit den Seer beginnt Astrid Wirtenberger ein neues Kapitel. In St. Valentin spricht die Sängerin über ihren Solostart, innere Freiheit, alte Sicherheiten – und den Mut, noch einmal ganz von vorne anzufangen.
von Eva Brutmann
Bei ihr daheim in St. Valentin öffnet Astrid Wirtenberger die Tür zu einem neuen Leben. Zu einem Leben mit mehr Freiheit, aber auch mit Zweifeln – und mit dem Mut, beides auszuhalten. Mona und Louie sind schneller als ihre Besitzerin: Zwei Labradore, schwanzwedelnd, erwartungsvoll. Dann steht die Sängerin im Türrahmen. „Griasdi, schön, dass du du bist!“ Kein Bühnenlächeln, kein Auftritt. Eher der herzliche Empfang einer Freundin als der einer Journalistin.
Louie entscheidet sich für seinen Platz unter dem Couchtisch. „Der bleibt da jetzt liegen. Das passt für ihn so“, sagt sie und streicht ihm über den Kopf. Ein beiläufiger Satz – und doch einer, der viel über sie erzählt. Über Ruhe. Über Erdung. Über eine neue Selbstverständlichkeit. Und über einen Kontrast zu all dem, was sich in ihrem Leben gerade grundlegend verändert hat.


Astrid Wirtenberger mit ihren Hunden Mona und Louie
© BeigestelltEnde und Anfang
Ende 2024 trennten sich die Seer. Nach fast drei Jahrzehnten.
Das letzte Konzert, am 30. Dezember 2024 in Wien, hallt bis heute nach – bei den Fans ebenso wie bei Astrid Wirtenberger. „Ohne die Sassy und ohne den Fred wäre vieles nicht so geworden“, sagt sie über Sabine Sassy Holzinger und Alfred Fred Jaklitsch. „Wir haben so viel miteinander erlebt. Wir sind mit den Seer gemeinsam gewachsen.“
Der Blick nach vorne ist für sie dennoch kein nostalgischer Rückblick, sondern ein Öffnen neuer Räume. „Jetzt kann ich endlich so singen, wie ich fühle.“ Sie hält kurz inne. „Das Freisein … das ist für mich das Schönste. Ich hab’ mich getraut. Und es ist gut geworden.“
Sie sagt nicht „endlich frei“. Und doch liegt genau das in jedem Satz.
Feuer, Eis und Gänsehaut
Plötzlich war sie da: Jahrzehntelange Bühnenroutine – aber ohne die große Maschinerie im Hintergrund. „Ich hab’ nicht gewusst, wie das wird“, sagt sie offen. „Bei den Seer war alles sicher, durchorganisiert. Auf einmal sitzt du allein daheim und fragst dich: Passiert jetzt überhaupt was?“
Dann kam die Schlagzeile: Astrid Wirtenberger startet solo durch.
Ihr erster Song „Feuer und Eis“ landete auf Platz eins der Airplaycharts. „Wie ich mich zum ersten Mal solo im Radio gehört hab – Wahnsinn. Gänsehaut. Und ehrlich: So geht’s mir heute noch.“ „Feuer und Eis“ ist ein Lied über einen Moment im Leben, in dem man sich neu erfindet.
Vertrautes Team, neue Freiheit
Ein Teil des alten Weggefährten-Teams ist geblieben. Tom Eder, Wolfgang Luckner, Daniel Schröckenfuchs und Jürgen Leitner begleiten sie weiter. „Tom und Jürgen gehen mit mir auf Weihnachts-Tour – ein Riesen-Vorteil. Wir kennen uns in- und auswendig.“
Musikalisch jedoch beginnt etwas völlig Neues. „Bei den Seer durfte ich nie mitreden. Jetzt kann ich endlich ich sein.“ Astrid Wirtenberger schreibt ihre Texte und Melodien selbst. Manchmal schnell. Manchmal mitten im Hochsommer – obwohl eigentlich ein Weihnachtslied entstehen sollte. „Ich bin ein Herzmensch. Ich schreibe über meine Kinder, über Beziehungen, über alles, was ich fühle.“ Jeder Ton ist live. „Nix vom Band. Das ist mir wichtig.“ Keine Selbstverständlichkeit im Schlagerbusiness.
Wie immer singt sie in Mundart. Nicht aus Tradition, sondern aus Überzeugung. Die Adventkonzerte „im Dreiklang durch die stade Zeit“, die ab Ende November folgten, wurden bewusst klein gehalten. „Weniger ist mehr – grad zu Weihnachten.“
Geht’s zu Konzerten. Lasst’s euch berühren
„Vor KI habe ich wirklich Angst“
Ernst wird Astrid Wirtenberger beim Thema Künstliche Intelligenz (KI).
„Davor habe ich Angst. Richtige Angst. Dass Musiker ersetzt werden. Dass es nimmer um Menschen geht, nimmer um Seele.“ Ihre Bitte ans Publikum ist klar: „Geht’s zu Konzerten. Lasst’s euch berühren.“
Halt findet sie dort, wo er immer war: bei ihren drei Töchtern. Sarah, Elisa und Laura. „Wenn’s meinen Kindern gut geht, geht’s mir gut.“ Sie sind ihr Anker. „Die Kinder sind mein Zuhause. Immer gewesen.“
Daneben bleibt etwas Konstantes: das Unterrichten. Seit 30 Jahren unterrichtet sie Gitarre an der Musikschule Haidershofen. „Wenn du siehst, dass Musik einem Kind Freude macht – das ist so schön.“


Komplett ausschließen will es Astrid Wirtenberger nicht, dass die Seer irgendwann vielleicht doch wieder gemeinsam auf der Bühne stehen.
© Hubert BergerLiebe, Tanz und Gelassenheit
Liebe? Sie schmunzelt. „Mir geht’s grad so gut. Ich suche nix.“ Tanzen ist geblieben – nicht zuletzt seit ihrem Sieg bei „Dancing Stars“ im Jahr 2011. „Es kommt, wie’s kommen soll.“
Und ein Comeback der Seer? „Ich weiß es nicht.“ Eine ehrliche Antwort. „Vielleicht irgendwann. Eine kleine Tour. Aber nur, wenn’s für alle passt.“ Kein Versprechen. Kein Abschied.
Ihr Weg ist jetzt ein anderer. Ohne großen Namen im Rücken. Ohne Garantie. „Wir haben bei den Seer auch klein angefangen. Und genauso fang ich jetzt wieder an.“
Astrid Wirtenberger – Duo-Konzert
Mit Tom Eder
• 13.02.2026
Konzerthaus Weinviertel, 3710 Ziersdorf






