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125 Jahre Frauen im Medizinstudium: Von den ersten Studentinnen bis zur Mehrheit

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©MedUni Wien / AKH Wien / Houdek

1900 öffnete die Universität Wien erstmals ihre Hörsäle für Medizinstudentinnen. Autorin Birgit Kofler-Bettschart erinnert in ihrem neuen Buch an Pionierinnen wie Dora Teleky und Gabriele Possanner von Ehrenthal, die trotz Vorurteilen und Widerständen den Weg für kommende Generationen von Ärztinnen ebneten.

Dora Teleky erinnert in ihrem Buch an die Studienzeit an der Universität Wien: „Im Jahr 1900 waren wir überall die ersten, die ersten Frauen im Seziersaal, die ersten Frauen bei medizinischen Vorlesungen und die ersten Frauen, die zu Prüfungen antraten.“ 535 Jahre nach der Gründung der Universität Wien wurden Frauen zum Medizinstudium zugelassen. Heute bilden sie die Mehrheit unter den Studierenden der Medizin. Birgit Kofler-Bettschart schreibt in ihrem neuen Buch: „Ärztinnen, die Geschichte schrieben“ über Vorurteile der männlichen Kollegen, gesellschaftliche Widerstände und den Kampf um Kassenverträge für junge Ärztinnen.

Universität Zürich

Für Studentinnen aus ‚gutem Haus‘ war schon früher die Ausbildung möglich. Die Universitäten Zürich und Bern ließen bereits 1864 Frauen zum Medizinstudium zu. Rosa Welt aus Czernowitz war die erste Ärztin aus der k. u. k. Monarchie. Sie promovierte 1878 in Bern. Zurück in Wien hospitierte sie im Rothschild-Spital und engagierte sich im Verein für erweiterte Frauenbildung. 1882 wanderte sie nach New York aus, wo sie die Ausbildung als Augenärztin abschloss.

Universitäten im Habsburg-Reich gehörten zu den Letzten, die Frauen zum Medizinstudium zuließen. In den USA bereits ab 1848, in Großbritannien 1869, Frankreich 1875 und Spanien 1882. Am 3. September 1900 erreichte die überfällige Gleichberechtigung auch die Universität Wien: Gabriele Freiin Possanner von Ehrenthal studierte zwar in der Schweiz, promovierte jedoch als erste Frau in Wien als Doktorin der Medizin. Geboren in Budapest absolvierte die junge Adelige zuerst die Ausbildungsanstalt für Lehrerinnen, bevor sie sich der Medizin widmete. Ihr Medizinstudium wurde in Wien – trotz Doktorat in der Schweiz – erst nach Wiederholung aller Abschlussprüfungen anerkannt. Im Dezember 1903 promovierte Margarete Hönigsberg als erste Frau, die das gesamte Medizinstudium in Wien absolviert hatte. Sie wurde 1942 im KZ Treblinka ermordet.

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Dora Teleky

 © gemeinfrei/Wikipedia

Ehelosigkeit

In Wien studierten im akademischen Jahr 1900/1901 elf ordentliche Hörerinnen. An der Medizinischen Fakultät in Graz in den ersten fünf Jahren vier Studentinnen pro Studienjahr. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs waren es bereits 50 Studentinnen, 1922 bereits mehr als 100. Nach 1907 durften unverheiratete Frauen als Sekundarärztinnen tätig sein. 1920 endete die Diskriminierung der ‚Ehelosigkeit‘ als Voraussetzung für die Anstellung von Ärztinnen in Wiener Krankenanstalten.

Der Aufstieg der Frauen in der Medizin endete abrupt mit dem NS-Regime. Zwei Drittel der studierenden Frauen kamen aus jüdischen Familien. Nach dem ‚Anschluss‘ mussten Arztpraxen von den Behörden neu bewilligt werden. Rassisch oder politisch Verfolgte wurden nicht mehr zugelassen. Die Zahl der praktischen Ärztinnen sank von 379 vor dem Jahr 1938 auf 38, unter den Fachärztinnen von 75 auf 24.

Dora Teleky konnte sich nach Boston retten, wo sie als Gynäkologin arbeitete. Ihre Wohnungseinrichtung und ihre wissenschaftliche Bibliothek wurden 1939 zwangsversteigert.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 40/2025 erschienen.

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