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Liebes Leben: Warum man in der Liebe flüchtet und warum es sinnlos ist

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4 min
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Monika Wogrolly

©Bild: Matt Observe

Wer kennt das nicht? Man will sich seinem Gegenüber verständlich machen, und die geliebte Person flieht vor einem, statt zuzuhören. Die Gründe für ein Fluchtverhalten in der Liebe sind mannigfaltig.

Manfred liegt im Bett, den Deckensaum bis ans Kinn hochgezogen. Marions akutes Redebedürfnis hat ihm den letzten Nerv gezogen. Es hat den altbekannten Fluchtreflex bei ihm ausgelöst. Wissenswert ist, dass es Trigger (Auslöser für Emotionen) gibt, die ein regelrechtes Vermeidungsverhalten zur Folge haben: sowohl Regression als Rückkehr in eine kindlich liegende Position bei der angegriffenen Person als auch kindliche Wut und Verzweiflung bei der attackierenden Person. Wobei weder er zum ängstlich-vermeidenden Knaben mutieren noch sie ihm wie als Scheidungskind dem Vater durch alle Zimmer gleichsam nachjagen müsste. Die Szene ist eine Wiederholung im Drehbuch des Lebens. Trigger sind unscheinbare Auslöser eines eigentlich unnötigen Verhaltens in wiederkehrenden Situationen.

Darum fragen Sie sich bitte, wenn toxische Beziehungsmuster wiederholt auftreten: Was wird hier emotional aufgewirbelt und was wird an alten seelischen Erschütterungen reaktiviert, so dass es zu solchen Überreaktionen kommt: Flucht oder Angriff? Welcher erwachsene Mensch hat es nötig, sich unter die Bettdecke zu verkriechen, nur weil seine Partnerin ihm Fragen stellt? Woher kommt dieser Stress wirklich? Und wieder geht es Marion darum, herauszufinden, weshalb Manfred seit einigen Jahren kein Interesse mehr an ihrem früher leidenschaftlichen Liebesleben zeigt. Manfreds Reaktion ist sofortiger Rückzug. Hier nun Lösungsansätze in einer Paartherapie:

Timing

Fragen Sie sich, was hinter dem „Lästigsein“ Ihres Gegenübers steckt. Und statt sich davon vertreiben zu lassen, versuchen Sie, im Erwachsenen-Modus zu bleiben. Sagen Sie sich in Gedanken: „Es fühlt sich nach Angriffan. Aber wir sind jetzt erwachsen und können über alles reden.“ Und dann deeskalieren Sie die Situation, indem Sie zum Ihrem Gegenüber sagen: „Ich bemerke deine Emotion und die Bedeutung, die deine Fragen für dich haben. Auch für mich ist das Thema wichtig.“ Dann setzen Sie nach einer kurzen Atempause in ruhigem Ton hinzu: „Lass uns überlegen, wann wir beide den Kopf dafür haben.“

Abgrenzung

Sollte Ihre Partnerin oder ihr Partner nicht auf Ihr Angebot eingehen, erklären Sie, warum Sie sich jetzt aus der akuten Krise herausnehmen – eben nicht um ein Gefühl von kindlichem Verlassenwerden zu reaktivieren, sondern um den Boden für ein erwachsenes, konstruktives Gespräch zu bereiten.

Warnzeichen

Seien Sie lieber selbstfürsorglich als regressiv. Hans und Anna hatten das Reiz-Reaktions-Muster, dass sie tagelang schwieg, wenn er ihr zu viele Fragen gestellt hatte. Letztendlich erkannte Anna in der Paartherapie, dass seine scheinbaren Verzweiflungsangriffe ihr nur spiegelten, wie sehr sie von sich selbst und ihrem Befinden dissoziiert war. Mit Dissoziation ist die Abspaltung von den eigenen Gefühlen gemeint, der blanke Funktionsmodus, der einen roboterhaft und emotionslos erscheinen lässt. Hans’ Verzweiflung über die Lieblosigkeit in ihrer Ehe zeigte Anna erst ihren ebenso lieblosen Umgang mit sich selbst. Und dass sie sich schon nur noch für die Arbeit ausbeutete und auf der Flucht vor Emotionen war.

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