Yotam Ottolenghi: Vom Koch zum Verb

Die gehypte Wortkreation Ottolenghisieren zeigt, wie sehr Yotam Ottolenghi die Kulinarikwelt prägt. Was ist sein Erfolgsrezept?

von Yotam Ottolenghi © Bild: Getty/Kotinsky

Labello, Uhu oder auch Tempo: Wir alle kennen Markennamen, die im alltäglichen Sprachgebrauch zum Synonym des Produkts geworden sind. Ähnliches gilt wohl bald auch für den Begriff "Ottolenghisieren". Die Wortkreation geistert schon seit 2017 durch die Kulinarikwelt und wird unter Kochbegeisterten nach und nach immer gebräuchlicher. Vor allem seit Ottolenghis Küchenkollegen in seiner Londoner Test Kitchen -allen voran Co-Autorin Noor Murad -den Begriff laufend verwenden: "Es bedeutet, etwas eindeutig Ottolenghi zuordenbar zu machen. Grünzeug steht im Mittelpunkt, in seiner ganzen Vielfalt und Vielseitigkeit. Das Essen hat einen orientalischen Touch, nicht immer, aber meist." Wer ein Gericht ottolenghisiert, fügt zudem einen recht überraschenden, ungewöhnlichen Twist hinzu, der aus Yotam Ottolenghis Geschmackswelt kommt. Das können etwa geröstete Fenchelsamen sein, die geschmorten Knollensellerie spannender machen, oder Ketchup, dessen Hauptzutat überreife Bananen sind.

Es ist als seltener Ritterschlag zu werten: Auf Nachfrage bei heimischen Köchen und Gastronomen fiel niemandem ein vergleichbares Beispiel der letzten Jahre ein, bei dem aus einem Namen ein Verb wurde, das einen besonderen Kochstil beschreibt.

Das Erfolgsrezept von Ottolenghi

Die Zeit schrieb unlängst über den britisch-israelischen Starkoch, keine andere Persönlichkeit habe den Geschmack des vergangenen Jahrzehnts so geprägt wie Yotam Ottolenghi. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, was an seiner Art zu kochen so einzigartig ist. Alexander Kumptner sieht Ottolenghis Leistung unter anderem darin, fleischlose Gerichte so raffiniert zu präsentieren, dass es ihnen geschmacklich an nichts fehlt und somit sogar überzeugte Fleischfans eine Freude daran haben: "Er ist dadurch ein internationaler Vorreiter der leistbaren Genussküche geworden." Ottolenghis Zugang zur vegetarischen Küche kommt dabei bewusst ohne erhobenen Zeigefinger aus, wie er News 2021 erzählte. "Ich und mein Küchenteam wertschätzen Gemüse, ohne irgendjemanden auszuschließen. Wir wollen Menschen keine Labels geben. Und ich möchte gar nicht den Eindruck erwecken, ich wäre ein kompletter Vegetarier oder Veganer. Wir feiern Gemüse, und wenn wir mal Fleisch essen, dann ist es ein richtig gutes Fleischgericht."

Einfache Speisen

Die als MelchefB bekannte Rezeptkreateurin und Köchin Melanie Branschädel, die unter anderem für das Motto am Fluss und das Weitsicht am Cobenzl Gerichte entwickelt, lässt sich von Ottolenghi gerne inspirieren. "Bei Tahini, Granatäpfeln oder getrockneten Früchten denke ich sofort an ihn." Für sie ist die Einfachheit der Speisen charakteristisch. "Wenn man sich an die Rezepte hält, gelingen sie jedem, der Freude am Kochen hat." Kumptner sieht das ähnlich. "Durch die Art, wie er vermittelt 'Was ich mache, das kannst du auch', trauen sich die Menschen an Außergewöhnliches heran."

Und was denkt Ottolenghi selbst darüber, dass sein Name zu einem geflügelten Wort wird? Er versieht es mit einem Schmunzeln. Mittlerweile weiß er auch, wie er das Ottolenghisieren erklären würde, wenn es in einem Wörterbuch stünde: etwas Gewohntes mit etwas Ungewohntem kombinieren, wodurch eine aufregende Überraschung im Mund entsteht.

Buch

In Extra Good Things der OTK geht es um die gewissen Extras, die Alltagsgerichten einen besonderen und kreativen Twist verleihen. Erschienen im Dorling Kindersley Verlag, € 25,70