Vincent Kriechmayr: Der Speed-Superstar mit Bodenhaftung

Der Oberösterreicher Vincent Kriechmayr ist in der Top-Klasse der Speed-Skirennläufer zu Hause. Dem Doppelweltmeister in Abfahrt und Super-G gelang, was bislang nur Bode Miller und Hermann Maier schafften: Er stand in derselben WM in beiden Speed-Disziplinen auf dem Siegespodest. Im Jänner 2023 gelang ihm noch ein weiterer großer Sieg: Er gewann die Abfahrt in Kitzbühel. Wie der Weg in die Weltspitze des Skisports gelang, wie er seine Jugend verbrachte und wie er privat tickt: Vincent Kriechmayr im Porträt.

von Der österreichischer Skirennläufer Vincent Kriechmayr am Podest. © Bild: AGENCE ZOOM/Agence Zoom/Getty Images

Steckbrief Vincent Kriechmayr

  • Name: Vincent Kriechmayr
  • Spitzname: Vinc
  • Geboren am: 1. Oktober 1991 in Linz
  • Wohnort: Obertauern
  • Beruf: Skirennläufer
  • Familienstand: liiert mit Michaela Heider

Jugend zwischen Obertauern und Mühlviertel

Vincent Kriechmayrs Heimat ist die Marktgemeinde Gramastetten im Mühlviertel. Seine Mutter Gertrudis, eine Kunstgeschichte-Lehrerin aus der belgischen Provinz Antwerpen, benannte ihren Sohn nach dem niederländischen Maler Vincent Van Gogh. Sein Vater Heinrich arbeitete im Winter als Skilehrer in Obertauern, wo er die gebürtige Belgierin während ihres Skiurlaubs kennenlernte. Außerhalb der Skisaison bewirtschaftet die Familie einen Bauernhof im oberösterreichischen Gramastetten.

Die Skisportbegeisterung seiner Eltern - Mutter Gertrudis ließ sich ebenfalls zur Skilehrerin ausbilden - brachte Vincent Kriechmayr schon früh auf die Piste. Oft gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Rafael und seiner Schwester Jacoba, die mittlerweile in der Freeriding-Szene erfolgreich ist. Als Kinder waren die drei Geschwister immer mit dabei, wenn die Eltern vom Hof im Mühlviertel berufsbedingt ins schneereiche Obertauern wechselten. Bis Dezember ging Kriechmayr jeweils am Pöstlingberg in die Schule und anschließend bis zum Schulende im Salzburger Tweng. „Vor allem in Obertauern war ich immer glücklich. Da hab‘ ich mich wegen dem Skifahren echt wohlgefühlt“, erinnert sich der Profisportler 2013 im Interview mit der Zeitung "Oberösterreichische Nachrichten".

Weitere Persönlichkeiten aus der Welt des Sports:
Hermann Maier: Der Phönix aus der Asche
Manuel Feller: Skirennläufer und Hobby-Musiker
Oliver Polzer: Fußball- und Ski-Kommentator mit Schmäh
Alina Zellhofer: Sportmoderatorin aus Leidenschaft
Rainer Pariasek: Der kultige ORF-Sportmoderator
Mirjam Puchner: Ski-Karriere mit Rückschlägen

Auf dem Weg zur Skikarriere

Skifahren lernte Vincent Kriechmayr so, wie andere das Laufen lernen. Schon im Alter von zweieinhalb Jahren stand er auf Skiern und legt dabei seinen ersten und bis heute unvergessenen Sturz hin. Mit zehn Jahren wechselte der Oberösterreicher in die Skihauptschule Windischgarsten. Dort besuchte er das Internat, womit sich das Wanderleben zwischen Obertauern und dem Mühlviertel auf die schulfreie Zeit beschränkte. Nur wenige Kilometer von der Skihauptschule entfernt, befindet sich die Hannes-Trinkl-Weltcupstrecke, die dem Skihelden aus Kriechmayrs Jugend gewidmet ist. „Vinc“, der die Strecke zum ersten Mal mit neun Jahren heruntersauste, kannte sie bald wie seine eigene Westentasche.

Links zu Vincent Kriechmayr:
Vincent Kriechmayr auf Instagram

Die ersten FIS-Rennen, an denen der junge Kriechmayr teilnahm, brachten vorerst keine Platzierungen auf den vorderen Rängen. Erst 2010 schaffte er die Aufnahme in den B-Kader des Österreichischen Skiverbands (ÖSV). Damit endete auch eine Zeit der finanziellen Belastung für die Familie. „Meine Geschwister haben auf viel verzichten müssen. Eigentlich wollte ich das meinen Eltern nicht mehr antun, weil der Skisport so kostenaufwändig ist“, sagte Kriechmayr gegenüber den "Oberösterreichische Nachrichten" zu den Anfängen seiner Karriere.

Vincent Kriechmayr 2013 beim ÖSV-Training im Sommer
© IMAGO / Eibner Vincent Kriechmayr 2013 beim ÖSV-Training in Kals am Grossglockner

„Ich war halt lange nicht gut genug. Aber später hat es „klick“ gemacht – und dann ist es dahingegangen“, fasst Kriechmayr seinen etwas holprigen Start zusammen. Tatsächlich ging es ab 2011 mit seiner Karriere steil bergauf und am 23. Februar 2012 feierte der 21-Jährige in der Super-Kombination von Sella Nevea seinen ersten Europacup-Sieg. Seine ersten Weltcuppunkte holte Kriechmayr schließlich 2013 im Super-G von Beaver Creek. Kurze Zeit später schaffte er beim Super-G von Kvitfjell den Einzug in die Top-10. Für eine Platzierung auf dem Siegerpodest reichte es dann erstmals 2015 mit dem zweiten Platz im Super-G von Kvitfjell.

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Vincent Kriechmayr schreibt als Doppelweltmeister Skigeschichte

Am 1. Dezember 2017 folgt die Sensation beim Super-G von Beaver Creek - seiner Aussage gegenüber den Medien nach "einer der lässigsten Super-G überhaupt, hier gewinnt man nur mit voller Attacke". Kriechmayr attackierte meisterlich und holte sich den ersten Weltcupsieg. Schon kurze Zeit später schaffte er den ersten „Stockerlplatz“ mit der Silbermedaille bei der Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen. Weitere Meilensteine in Kriechmayrs Karriere waren ein siebter Platz als bester Österreicher bei den Olympiaabfahrt 2018 in Pyeongchang, ein weiterer Abfahrtssieg beim Weltcupfinale in Åre und die Goldmedaille bei der Lauberhornabfahrt in der Weltcupsaison 2018/19.

In den folgenden beiden Saisonen holte er sich vier weitere Super-G-Siege - und als Krönung 2021 den Doppelsieg bei der WM in Cortina d'Ampezzo im Super-G sowie drei Tage später in der Abfahrt. Damit gelang ihm etwas, das sich bislang nur Hermann Maier und Bode Miller auf die Fahnen heften konnten, nämlich bei einer WM sowohl in der Abfahrt als auch im Super-G zu siegen.

Vincent Kriechmayr nach seinem Doppelsieg bei der WM in Cortina d'Ampezzo 2021
© Francis Bompard/Agence Zoom/Getty Images Vincent Kriechmayr nach seinem Doppelsieg bei der WM in Cortina d'Ampezzo 2021

Kitzbühel-Sieg 2023

Am 20. Jänner 2023 gelang Vincent Kriechmayr ein prestigeträchtiger Sieg. Er gewann die Abfahrt auf der berühmten Streif in Kitzbühel. Er siegt beim Hahnenkamm-Rennen vor dem Italiener Florian Schieder und dem Schweizer Niels Hintermann durch, obwohl der Lauf laut Eigenanalyse nicht ganz fehlerfrei gewesen sei, so Kriechmayr im ORF-Interview nach dem Rennen. "Ich habe unten in der Traverse voll riskiert. Einen halben Meter weiter und ich hätte absalutiert“, so der Oberösterreicher.

Vincent Kriechmayr: ein Taktiker mit starken Nerven

Geht es um Vincent Kriechmayrs Talent, ist oft die Rede von seinem exzellenten Gespür für die Piste. Doch seine Erfolge waren und sind vor allem eine taktische und technische Meisterleistung. Das zeigte sich schon in seiner Zeit als Nachwuchsrennfahrer, in der Kriechmayr laut eigener Aussage „kein Überflieger“, technisch jedoch „brutal gut“ war.

Ein weiterer Baustein von Kriechmayrs Erfolgs ist sein robustes Nervenkostüm: Auch in der Favoritenrolle kam und kommt er gut mit dem Druck von außen zurecht. „Den größten Druck mache ich mir selbst. Die Erwartungshaltung, die ich mir selbst stecke, ist viel höher als das, was ich von außen bekomme“, erklärte der Ausnahmesportler 2021 gegenüber "orf.at". Das funktioniert gerade beim Super-G sehr gut, der Kriechmayr deshalb so liegt, „weil du da nur eine Chance hast. Da gibt es kein Training wie in der Abfahrt. Du fährst, und das zählt“, wie er den "Oberösterreichische Nachrichten" mitteilte. Absolute Konzentration ist für ihn dabei das Um und Auf.

Mental am Renntag gut in Form zu sein, ist für ihn ebenfalls entscheidend. Dafür braucht er keinen Mentaltrainer, hat aber so manche „Tricks und auch persönliche Ticks“, die ihm dabei helfen, sagt er gegenüber dem Magazin "Die Oberösterreicherin". Was Kriechmayr außerdem auszeichnet ist der Umstand, dass er kaum verletzungsanfällig ist - was ihn schon als Nachwuchsfahrer von den vielen „Sturzpiloten“ unter seinen rasanten Kollegen unterschied: „Ich hab‘ mir nie weh getan. Da hatte ich wirklich Glück“, ist sich Kriechmayr dieses Privilegs bewusst.

»Ich bin ich und möchte niemand anderer sein«

„Wenn ich nicht berühmt wäre, wäre es mir wurscht!“: Diese Aussage des Medaillengewinners Kriechmayr würde bei manchen Promikollegen wohl wenig glaubhaft erscheint, doch bei Kriechmayr wirkt sie authentisch. Er sieht sich einfach als Sportler, der gerne schnell Ski fahren möchte. Ein Status als Promi war für ihn nie etwas Erstrebenswertes, ganz im Gegenteil: lieber wäre ihm, „ich könnte in Ruhe essen gehen und niemand erkennt mich“, teilte er in einem Interview mit "Sportaktiv" mit. Folgerichtig antwortete er gegenüber dem Magazin "Weekend" auf die Frage, wer er denn einen Tag lang gerne wäre, sehr überzeugend: „Ich bin ich und möchte niemand anderer sein.“

So tickt Vincent Kriechmayr privat

„Höhenflüge sind nicht so meins, ich bleibe lieber am Boden“, erzählte er in einem Interview mit der "Kronen Zeitung". Dieses Zitat Vincent Kriechmayrs beschreibt gut, wie der Skistar privat tickt. Mit seiner Partnerin, der steirischen Skirennläuferin Michaela Haider (siehe Instagram-Fotos unten) , lebt er in Obertauern. Haider gehört dem ÖSV-Kader an und ist wie Kriechmayr auf Super-G und Abfahrt spezialisiert.

Seine Wurzeln sieht der kräftig gebaute, 1,86 m große Sportler nach wie vor im Mühlviertel. Kraft tankt Vincent Kriechmayr auch auf dem elterlichen Hof in der hügeligen Koglerau unweit des Pöstlingbergs, den sein Zwillingsbruder Rafael übernehmen wird. Hier züchtet die Familie Kriechmayr die französische Rinderrasse Charolais. Wenn Kriechmayr zu Hause ist, hilft er am Hof mit und kann dabei bestens abschalten: "Da bin ich nur der Knecht. Da mache ich nur, was mir angeschafft wird. Da muss ich nicht denken, nur arbeiten“, sagte er dem Sender "Servus TV".

Die Anforderungen einer Profikarriere lassen ihm darüber hinaus wenig Spielraum für Hobbys. Er braucht Zeit, um sich vom harten Training zu erholen und für die Menschen, die ihm wichtig sind, wie er dem Magazin "Die Oberösterreicherin" erzählte: „Ich verbringe Zeit mit meiner Familie, meiner Freundin und meinen Freunden. Das genieße ich!“

Was man von dem Skistar lernen kann

Vincent Kriechmayrs Lebensmotto lautet „Ich denke, also bin ich! Denk ich positiv, gewinn ich!“. Und Erfolg ist für den erfolgreichen ÖSV-Athleten zwar wichtig - schließlich trainiert er fast jeden Tag sehr hart dafür -, aber nicht alles: Es gibt etwas, das ihm noch mehr bedeutet, als auf dem Siegespodest zu stehen: „Spätestens, wenn ich nach Hause komme zu meinen Liebsten, weiß ich, was wirklich wichtig ist", sagte gegenüber der "Kronen Zeitung". Dazu passt auch ein Zitat des Sportlers anlässlich seines Erfolgs beim Abfahrtslauf in Aare, zu dem auch eine Abordnung aus der Heimat anreiste: "Sicher sind Medaillen und alles schön, aber wenn man die Leute stolz machen kann und sieht, wie sie sich mit einem mitfreuen, ist das natürlich viel schöner als eine Medaille."