Silvio Berlusconi: Sein Leben, seine Politik, seine Frauen [Porträt]

Silvio Berlusconi ist tot. Der italienische Ex-Ministerpräsident und Medien-Tycoon ist am 12. Juni 2023 im Alter von 86 Jahren gestorben. Er prägte über mehrere Jahrzehnte lang Italiens Wirtschaft und Politik. Unter anderem machte der den Populismus populär. Auch sein Privatleben sorgte oftmals für Schlagzeilen. Ein Porträt.

von Silvio Berlusconi © Bild: IMAGO/PA Images

Steckbrief Silvio Berlusconi

  • Name: Silvio Berlusconi
  • Geboren am: 29. September 1936 in Mailand
  • Gestorben am: 12. Juni 2023 in Segrate/Mailand
  • Ausbildung: Studium der Rechtswissenschaften
  • Beruf: Politiker, Unternehmer, Medien-Tycoon
  • Familienstand: zuletzt liiert mit der Politikerin Marta Fascina; 2 Ex-Ehefrauen: Carla Dall'Oglio und Veronica Lario
  • Kinder: 5 Kinder mit 2 Frauen - Marina und Piersilvio mit seiner 1. Frau Carla Dall'Oglio, Barbara, Eleonora und Liugi mit seiner 2. Frau Veronica Lario

Silvio Berlusconis Kindheit und Jugend

Silvio Berlusconi wurde am 29. September 1936 in Mailand geboren. Sein Vater Luigi Berlusconi war Angestellter der Banca Rasini, einem kleinen Bankhaus in Mailand, das hauptsächlich wegen seiner Verstrickung mit der sizilianischen Mafia Cosa Nostra bekannt war. Seine Mutter Rosa Bossi brachte mit Silvios Geschwistern Maria Antonietta und Paolo noch zwei weitere Kinder zur Welt.

Silvio Berlusconi als Kind
© imago images/ZUMA Press Silvio Berlusconi als Kind

Im Jahr 1954 maturierte Silvio Berlusconi am Salesianer-Gymnasium Sant'Ambrogio in Mailand. Danach begann er an der Universität ein Studium der Rechtswissenschaften das er 1961 im Alter von 25 Jahren mit dem Doktortitel abschloss.

Vom Staubsaugervertreter in die Baubranche

Seine berufliche Laufbahn begann als Staubsaugervertreter und Conferencier auf Kreuzfahrtschiffen. Im Jahr 1961, als er seinen Studium-Abschluss in der Tasche hatte, stieg er in die Baubranche ein. Er erwarb mit teils undurchsichtigen Bankkrediten in der Peripherie der expandierenden lombardischen Wirtschaftsmetropole Grundstücke, auf denen er Wohnsiedlungen errichtete. In den folgenden Jahren ließ er ganze Stadtviertel entstehen.

Einstieg in die Medienbranche

Parallel dazu wurde Silvio Berlusconi in den 1970er Jahren in der Medienbranche aktiv. 1977 begann der "Cavaliere" - wie er sich als Träger des Verdienstordens "Ritter der Arbeit" nennen ließ - seine Karriere im Mediengeschäft. Nach und nach baute er sich ein Netz von privaten TV-Sendern auf, das bald mit Abstand zum größten seiner Art in Europa wurde. Dass er dabei von oft zwielichtigen Freundschaften in Politik und Finanzwelt profitiert habe, warf man ihm immer wieder vor.

Silvio Berlusconi und der Fußball

In den 1980er Jahren stieg der Unternehmer auch ins Fußballgeschäft ein. Er erwarb den krisengeschüttelten Fußballklub AC Milan, den er als Präsident in wenigen Jahren zu einer der stärksten europäischen Mannschaften machte.

Silvio Berlusconi als Politiker

Silvio Berlusconi war bis zu seinem Tod Vorsitzender der mitregierenden Mitte-Rechts-Partei Forza Italia. Zwischen 1994 und 2011 war er insgesamt vier Mal italienischer Premiereminister und somit Regierungschef.

Silvio Berlusconis politische Karriere begann im Herbst 1993. Er verzichtete darauf, sich persönlich um seine Holding Fininvest zu kümmern, deren Eigentümer er aber blieb, und gründete die rechtskonservative Partei Forza Italia. Der Begriff stammt - bei Berlusconi kaum anders zu erwarten - aus dem Fußballjargon und bedeutet sinngemäß "Vorwärts Italien".

1994 gewann er die Parlaments-und Europawahlen an der Spitze einer Mitte-Rechts-Allianz. Als einzigem Premier in der republikanischen Geschichte des politisch instabilen Italiens gelang es Berlusconi, eine ganze fünfjährige Legislaturperiode im Amt zu bleiben.

Justizfragen überschatteten Berlusconis politische Karriere seit seinem Einstieg in die Politik. 2013 wurde er wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Daraufhin musste er aus dem Parlament ausscheiden. Die Strafe wurde wegen einer Amnestie auf ein Jahr reduziert. Aufgrund seines hohen Alters leistete Berlusconi zehn Monate Sozialdienst in einem Altersheim als alternative Strafe zur Haft. Am Ende eines langwierigen Verfahrens wurde der TV-Tycoon 2020 in letzter Instanz von den Vorwürfen der Begünstigung von Prostitution Minderjähriger und des Amtsmissbrauchs freigesprochen.

Allerdings erhärtete sich später der Verdacht, dass er dem marokkanischen Callgirl Ruby Rubacuoriein Schweigegeld in Höhe von sieben Millionen Euro und Zeugen für ihr Schweigen Millionen gezahlt haben soll. Ruby ging als 17-Jährige ein und aus bei den inzwischen legendär gewordenen "Bunga Bunga"-Abenden mit vielen jungen Frauen in Berlusconis Mailänder Residenz. Wegen des Verdachts der Zeugenbestechung liefen mehrere Strafverfahren, die erst kürzlich mit einem Freispruch Berlusconis endeten.

In seinen letzten Lebensmonaten erlebte Berlusconi eine neue politische Jugend. Der vielfach politisch totgesagte Ex-Ministerpräsident kehrte nach den Parlamentswahlen im September als Senator im italienischen Parlament zurück. Als Chef der Koalitionspartei Forza Italia konnte er einige Minister in das Kabinett von Meloni hieven. Allerdings war er mit über 80 Jahren längst nicht mehr so strahlend und energiegeladen wie früher. Im Senat wirkte er oft hilflos, einsam und angeschlagen.

Würdigungen aus aller Welt

"Für mich war Silvio ein teurer Mensch, ein echter Freund", schrieb Russlands Präsident Wladimir Putin in seinem Beileidstelegramm an Italiens Präsident Sergio Mattarella. Er habe stets die Weitsicht und die ausgewogenen Entscheidungen Berlusconis bewundert und sich bei ihren Treffen von Berlusconis Humor und Lebensfreude anstecken lassen. Berlusconis Tod sei ein "unersetzbarer Verlust und ein tiefes Unglück", hieß es weiter. Der italienische Ex-Premier galt als enger Freund Putins. Den Kontakt nach Moskau brach er auch nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht ab.

»Für mich war Silvio ein teurer Mensch, ein echter Freund«

Politiker aus allen Lagern kondolierten der Familie. "Silvio Berlusconi war vor allem ein Kämpfer, er war ein Mann, der nie Angst hatte, seine Überzeugungen zu verteidigen, und genau dieser Mut und diese Entschlossenheit machten ihn zu einem der einflussreichsten Männer in der Geschichte Italiens", so die italienische Premierministerin Giorgia Meloni. "Mit Berlusconi hat Italien gelernt, dass es sich niemals Grenzen auferlegen lassen darf. Es lernte, dass es niemals aufgeben darf. Mit ihm haben wir viele Schlachten geschlagen, gewonnen und verloren. Und auch für ihn werden wir die Ziele, die wir uns gemeinsam gesetzt haben, erreichen. Auf Wiedersehen Silvio", schrieb Meloni.

Präsident Sergio Mattarella würdigte Berlusconi als Persönlichkeit, die lange Zeit die italienische Politik geprägt hat."Berlusconi war ein großer Politiker, der der Geschichte unserer Republik seinen Stempel aufgedrückt hat", so Mattarella. "Wir verlieren einen großen Italiener", erklärte der Chef der rechten Lega Matteo Salvini. "Der Tod Berlusconis bedeutet das Ende einer Ära, für uns ist sein Ableben ein großer, enormer Schmerz", sagte Verteidigungsminister Guido Crosetto.

Auch die italienischen Opposition würdigte Berlusconis Rolle in der Politik. "Wir haben unterschiedliche Welten vertreten, doch wir waren nie Feinde", kommentierte der Ex-EU-Kommissionschef Romano Prodi. "Berlusconi hat die Geschichte unseres Landes geschrieben. Sein Tod betrifft uns alle", betonte der ehemalige Premier und frühere Chef der Demokratischen Partei (PD), Enrico Letta. Auch Berlusconis Fußballclub AC Monza trauert um den Medientycoon, der von 1986 bis 2017 auch Eigentümer des Erstligisten AC Milan war.

Der Papst hat der Familie von Silvio Berlusconi ein Beileidstelegramm geschickt. Franziskus drückte "seine aufrichtige Anteilnahme an der Trauer über den Verlust eines Protagonisten von Italiens politischem Leben aus, der mit energischem Temperament öffentliche Verantwortung trug", teilte der Vatikan mit. "Seine Heiligkeit erbittet vom Herrn den ewigen Frieden für ihn und den Trost des Herzens für alle, die um ihn trauern. Ich schließe mich den Beileidsbekundungen mit inbrünstigem Gedenken im Gebet an", hieß es im Telegramm an die Kinder Berlusconis.

Silvio Berlusconis Gesundheit

Seit einigen Jahren hatte Silvio Berlusconi immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Herzprobleme, eine Hüftverletzung oder eine Corona-Erkrankung führten immer wieder zu Krankenhaus-Aufenthalten.

Im Jahr 2016 musste sich Italiens Ex-Premier einer Operation am offenen Herzen unterziehen. Im September 2020 verbrachte er wegen einer Lungenentzündung im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion mehrere Tage im Krankenhaus. Dazu sagte der Ex-Regierungschef selbst, er sei dem Tod sehr nahe gewesen.

Anfang April 2023 wurde Berlusconi wegen chronischer Leukämie in die Mailänder San Raffaele Klinik eingeliefert. Er unterzog sich laut italienischen Medienberichten einer Chemotherapie. Eine Lugeninfektion kam erschwerend hinzu, weshalb Berlusconi zwölf Tage auf der Intensivstation verbrachte.

Als er am 19. Mai nach 45 Tagen aus dem Spital entlassen wurde, signalisierte er neue Tatkraft und sprach davon, seine Partei neu strukturieren zu wollen. Diesen Plan konnte er aber nicht mehr umsetzen.

Am 9. Juni kam er wegen seiner chronischen Leukämie neuerlich ins Krankenhaus. Zu Kontrolluntersuchungen, wie es zunächst hieß. Wenige Tage später, am 12. Juni 2023, starb Silvio Berlusconi, nachdem er noch Besuch von seinen Töchtern Marina und Eleonora erhalten hatte. Er hinterlässt neben seinen fünf Kindern auch 16 Enkelkinder.

Trauer um Silvio Berlusconi
© IMAGO/NurPhoto Trauer um Silvio Berlusconi vor der Villa San Martino in Arcore nördlich von Mailand

Silvio Berlusconi und die Frauen

Seine Vorliebe für attraktive Frauen ist Silvio Berlusconi immer wieder zum Verhängnis geworden. Jahrelang musste er sich wegen mutmaßlichem Sex mit einer minderjährigen Nachtklubtänzerin und Amtsmissbrauchs in Mailand vor Gericht verantworten. Seine Schwäche für langbeinige Schönheiten galt als Achillesferse des unverwüstlichen Ex-Premier und Medien-Tycoon. Eine Liste der "Schicksalsfrauen" in Berlusconis Leben:

Carla Dall'Oglio

Carla Dall'Oglio heiratete als 24-Jährige den um vier Jahren älteren Silvio Berlusconi. Nach der Hochzeit kamen die beiden ältesten Kinder des Medienmagnaten zur Welt, die 1966 geborene Marina und Pier Silvio (* 1969). Die Ehe ging 1980 in die Brüche, als Berlusconi eine Beziehung mit der Schauspielerin Veronica Lario einging. Marina und Piersilvio führen inzwischen das Medienimperium des Vaters.

Silvio Berlusconis 1. Ehefrau Carla Dell'Oglio
© IMAGO / Matteo Gribaudi Silvio Berlusconis 1. Ehefrau Carla Dell'Oglio

Veronica Lario

Veronica Lario brachte drei Kinder, Barbara (* 1984), Eleonora (* 1986) und Luigi (* 1988) zur Welt. Im Jahr 1990 heiratete sie Silvio Berlusconi. 20 Jahre lang war sie die stille Ehefrau an der Seite des schillernden Regierungschefs und Medientycoons. Seit Berlusconis Einstieg in die Politik 1994 hatten sie die Italiener nur selten in ihrer Rolle als First Lady in der Öffentlichkeit erlebt.

»Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mit Minderjährigen verkehrt«
Silvio Berlusconi und Veronica Lario
© imago/Granata Images Silvio Berlusconi mit seiner 2. Ehefrau Veronica Lario

Doch im Jahr 2009 platzte der Ex-Schauspielerin der Kragen. Sie kündigte die Scheidung an. "Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mit Minderjährigen verkehrt", sagte Lario. Der Streit um die Alimente zog sich jahrelang hin.

Noemi Letizia

Sie nannte Berlusconi liebevoll "Papi" und hatte von ihm zur Volljährigkeit im Jahr 2009 ein mit Diamanten besetztes Goldcollier erhalten. Nach der undurchsichtigen Affäre mit der 18-jährigen Neapolitanerin ging 2009 die Ehe des damaligen Premiers mit seiner 2. Ehefrau Veronica Lario in die Brüche. Berlusconi musste öffentlich schwören, dass er keine Beziehung zu minderjährigen Mädchen pflege.

Ruby Rubacuori

Berlusconis Treffen mit der 2010 noch minderjährigen Marokkanerin Ruby Rubacuori standen im Mittelpunkt eines langjährigen Prozesses wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit einer Minderjährigen ("Bunga-Bunga-Affäre"), der letztinstanzlich mit einem Freispruch zu Ende ging. Ruby, die bürgerlich Karima el-Mahroug heißt, soll schon mit 17 Jahren zum angeblichen Harem Berlusconis gezählt haben.

Ruby Rubacuori mit Richard Lugner am Opernball
© imago images / Viennareport Ruby Rubacuori mit Richard Lugner am Opernball

Sie wurde 2010 wegen Diebstahls festgenommen. Berlusconi soll sie höchstpersönlich vor dem Gefängnis gerettet haben, indem er der Polizei per Telefon berichtete, sie sei eine Verwandte des damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Für ihr Schweigen soll sie vom damaligen Premierminister hohe Beträge erhalten haben. Im Jahr 2011 besuchte Ruby Rubacuori als Stargast von Richard Lugner den Wiener Opernball.

Ilda Boccassini

Diese Beziehung war alles andere als romantischer Natur. Die Mailänder Oberstaatsanwältin leitete das Team von Ermittlern, die heikle Untersuchungen gegen den Ex-Premier führten. Jahrelang ermittelte die inzwischen pensionierte rothaarige Staatsanwältin gegen den Premier und war somit zur Erzfeindin des Medienmoguls avanciert.

Ilda Boccassini
© imago images/ZUMA Wire Ilda Boccassini war Berlusconis Erzfeindin

Die "rote Ilda", wie italienische Medien Boccassini nennen, zählte zu den prominentesten Staatsanwälten Italiens. Die kleine Frau mit den wildgelockten Haaren war lange ein rotes Tuch für Berlusconi. Der Ex-Premier warf ihr vor, eine Marionette der Linken zu sein, die mit Hilfe politisch beeinflusster Richter seine Regierung stürzen wollte.

Francesca Pascale

Nach dem Ruby-Skandal ging Berlusconi eine Partnerschaft mit der Neapolitanerin Francesca Pascale ein. Die Beziehung hielt zehn Jahre lang. Der viermalige Premier und die fast 59 Jahre jüngere Blondine trennten sich 2020. Sie einigten sich auf einen Jahresunterhalt von einer Million Euro, wie italienische Medien berichteten. Pascale durfte weiterhin in dem Luxusanwesen Villa Maria mit 40.000 Quadratmeter Park in Casatenovo bei Mailand leben, das von Berlusconi für die Partnerin eingerichtet und von ihr inzwischen verkauft wurde.

Francesca Pascale
© imago images/Independent Photo Agency Int. Francesca Pascale hat sich inzwischen umorientiert.

Im Jahr 2022 heiratete Francesca Pascale die bekannte römische Popsängerin Paola Turci. Sie ist inzwischen eine Aktivistin für die Rechte von Homosexuellen.

Marta Fascina

Die im Jahr 1990 geborene Süditalienerin und Parlamentarierin der Berlusconi-Partei Forza Italia war die letzte Frau an Berlusconis Seite. Im März 2022 hatte Berlusconi eine "symbolische Hochzeit" mit Marta Fascina gefeiert. Dabei handelte es sich um ein Fest mit Familienangehörigen und Freunden des Paares, das so seine Beziehung besiegeln wollte, ohne offiziell die Ehe einzugehen.

Silvio Berlusconi und Marta Fascina
© IMAGO/Avalon.red Silvio Berlusconi mit seiner letzten Lebensgefährtin Marta Fascina

Hintergrund war der Widerstand von Berlusconis fünf Kindern gegen eine neue Ehe des Großunternehmers. Marta Fascina hat zuletzt eine wichtige Position in der Forza Italia eingenommen, die in der Regierungskoalition um Premierministerin Giorgia Meloni vertreten ist.

Staatsbegräbnis für Silvio Berlusconi in Mailand

Am 14. Juni 2023 fand im Mailänder Dom das Staatsbegräbnis für Silvio Berlusconi statt. 2.300 Personen, darunter Mitglieder von Berlusconis Großfamilie, Gäste aus Politik, Wirtschaft, Sport und Fernsehen, versammelten sich im Dom. 17.000 Personen konnten der Trauerzeremonie im Dom und auf dem Platz davor beiwohnen.