Josef Hader: "Wie schwer müssen die am Sand sein"

Der Kabarettist Josef Hader über den Zustand der ÖVP, den Umgang mit FPÖ-Wählern und wie er Burgschauspielerin Birgit Minichmayr für seinen Film "Andrea lässt sich scheiden" gewinnen konnte

von Josef Hader © Bild: NEWS Lukas Ilgner

Andrea kennt kein Erbarmen. Sie hält den Tierarzt an, der mit überhöhter Geschwindigkeit über die Landstraße rast, weil er eine Kuh und deren Kalb retten will. Der Mann muss seine Strafe zahlen, bevor er seinen Dienst versehen darf. Andrea - fulminant verkörpert von Birgit Minichmayr - ist Polizistin in einem kleinen Ort in der österreichischen Provinz und zentrale Gestalt in Josef Haders Film "Andrea lässt sich scheiden" (derzeit im Kino).

Ein Posten in gehobener Position in der Hauptstadt St. Pölten soll Licht in Andreas tristes Leben bringen. Von ihrem Ehemann, einem Alkoholiker, lebt sie getrennt und verlangt die Scheidung. Als sie ihn erwischt, wie er sich nach einer Feier betrunken ans Steuer seines Wagens setzen will, entreißt sie ihm die Autoschlüssel. Wenig später kollidiert sie auf der dunklen Landstraße mit dem torkelnden Gespons. Versuche, ihn zu reanimieren, scheitern. Andrea lässt den Mann liegen. Der wird von einem nachfolgenden Auto überrollt. Der Fahrer, der Religionslehrer im Dorf, feinnervig dargestellt von Josef Hader selbst, nimmt die Schuld auf sich.

Bevor Hader seinen Film bei der Berlinale, den Filmfestspielen in Berlin, zur Premiere brachte, sprach er mit News über die Zusammenarbeit mit der Burgschauspielerin Birgit Minichmayr, Antisemitismus, den Umgang mit FPÖ-Wählern und warum Sorgen um die ÖVP berechtigt sind.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner ZUR PERSON. Josef Hader wurde 1962 in Waldhausen in Oberösterreich geboren. Als er 1985 mit dem renommierten "Salzburger Stier" ausgezeichnet wurde, gab er das Lehramtsstudium auf. Hader ist einer der herausragendsten Kabarettisten Österreichs, auch als Schauspieler gefragt und als Regisseur erfolgreich. Sein erster Spielfilm, "Wilde Maus", in dem er die Hauptrolle spielt, wurde bei der Berlinale gezeigt. Josef Hader lebt in Wien.

Herr Hader, gibt es für die Geschichte der Andrea einen realen Hintergrund oder Vorbilder aus der Realität?
Nicht direkt. Für meine Figur Franz, den Religionslehrer, vielleicht. Da gab es einen Mitschüler, der hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie ich im Film. Aber sonst ist das viel kleinteiliger, ich mische das alles durch. Das, was ich wirklich erlebt oder gehört habe, mit dem, was mir einfällt.

Sie wollten tatsächlich Lehrer werden?
Ja, aber nicht für Religion. Dafür war ich zu ungläubig. Da hätt ich ja ein Leben lang lügen müssen. Ein Religionslehrer kann ja nicht sagen, dass er nix glaubt, das macht keinen schlanken Fuß. Ich wollte lieber Geschichte unterrichten, das hätte ich wirklich gerne gemacht.

Ihr Film erweckt den Eindruck, dass Ihre Hauptdarstellerin das Geschehen prägt. Wie war das? Haben Sie zuerst für Birgit Minichmayr eine Figur geschaffen oder Ihre Figuren erst später besetzt?
Zuerst war schon die Geschichte da. In der ersten Fassung war die Andrea noch ein junges Mädchen. Aber dann hab ich mir gedacht, dass eine Frau um die vierzig besser für die Dramatik der Geschichte ist. Ab dem Moment war die Andrea im Drehbuch für mich die Birgit. Gesagt hab ich ihr aber nichts, ich hab noch lang dran gearbeitet, bevor ich es ihr gezeigt habe. Damit sie sicher Ja sagt. Kennengelernt hab ich sie bei unserer Arbeit am "Knochenmann" von Wolfgang Murnberger.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner Für den Film "Andrea lässt sich scheiden" hatte Josef Hader rasch Birgit Minichmayr als Hauptdarstellerin im Kopf.

Die Verfilmung eines Brenner-Krimis von Wolf Haas.
Da habe ich auch am Drehbuch mitgeschrieben, und seither wissen Birgit und ich, dass wir gut zusammenarbeiten. Ich habe damals einiges von ihren Ideen ins Drehbuch übernommen. So wie das diesmal auch war.

Hat sie gleich zugesagt?
Gott sei Dank! Weil es war so eine schöne Zusammenarbeit! Es war von ersten Treffen bis zum letzten Take ein großartiger Austausch zwischen uns.

Haben Sie "Müll", den letzten Krimi von Wolf Haas, gelesen? Simon Brenner hat seinen Dienst bei der Polizei quittiert, arbeitet für die Wiener Müllabfuhr und ermittelt als "48er". Wäre das nicht eine Verfilmung wert?
"Müll" ist ein feiner Roman, aber als Brenner bin ich sozusagen in Pension gegangen. Das sollte jetzt wer anderer weitermachen wie beim James Bond.

Leitner, Ihre Figur im Film, sagt den Satz: " Da bin ich in Auschwitz". Es ist klar, dass er damit eine Exkursion mit einer Schulklasse ins Konzentrationslager meint. Mit wenigen Worten erinnern Sie damit an die Verbrechen der Nazis. Ist das als Warnung zu verstehen? Man konnte doch damals nicht ahnen, dass der Antisemitismus so ansteigt wie jetzt nach dem Anschlag der Hamas. Oder täusche ich mich?
Der Mensch hat leider diesen komischen Drang nach einfachen Erklärungen. Dieses Schema: Wer ist der Feind? Wer ist der Freund? Ich gehöre zu einer Generation, wo man eine Zeitlang geglaubt hat, wir hätten uns irgendwie weiterentwickelt. Nicht, weil wir bessere Menschen geworden wären, aber doch klüger, weil uns jetzt viel mehr Informationen zur Verfügung stehen als früheren Generationen. Das war die Wiederholung der ganz naiven Idee der Aufklärung. So wie man im 19. Jahrhundert geglaubt hat, wenn alle Leute Bücher lesen, dann wird es keine Dummheit mehr geben. Wir haben gedacht, wenn wir ständig darüber Bescheid wissen, was in anderen Erdteilen passiert, werden alle Menschen eine globale Sicht auf die Dinge entwickeln, sich dafür interessieren, wie es Menschen anderswo geht. Das ist leider überhaupt nicht so. Sobald wir die Möglichkeit haben, uns mit Gleichgesinnten zu verbinden, die uns in unserer Meinung bestätigen, interessieren uns andere Sichtweisen überhaupt nicht mehr.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner STIMME DER VERNUNFT. Josef Hader, 62, zentrale Gestalt des österreichischen Kabaretts, feinnerviger Schauspieler und Filmemacher mit Sinn für menschliche Abgründe

Woran liegt der Aufschwung der Rechten, der Antisemiten? An der Schwäche der Linken?
Moderner Populismus funktioniert offenbar noch immer genau so wie seinerzeit in der Zwischenkriegszeit: über Hetzen, Hass Schüren, eigentlich über schlechte Laune. Ich war lange der Überzeugung, man kann Populismus heutzutage nur erfolgreich betreiben, wenn man seine Botschaften vergleichsweise charmant verbreitet, so wie Jörg Haider das gemacht hat. Weil der Populismus hat ja im Grunde nur schlechte Botschaften: Alles wird schlimmer. Du bist gefährdet. Wir werden überfremdet. Dass jemand schlecht Aufgelegter mit schlechten Botschaften Erfolg haben kann, das kannte ich nur aus Schwarzweißfilmen mit faschistischen Politikern in den Dreißigerjahren. Das hab ich damals sehr lächerlich gefunden, und mir war schleierhaft, wie die damals so einen Erfolg haben konnten. Und jetzt stehen wieder Politiker da, die fuchteln und schreien, und es geht wieder rein, weil offenbar eine große Wut da ist. Eine Wut, die natürlich auch geschürt wurde.

Kann das Kabarett das herausfinden oder gar gegensteuern?
Als Kabarettist frag ich mich zunächst einmal: Wer sitzt denn vor mir? Die Leute, die rechts wählen? Eher nicht. Eher Leute, die gern darüber lachen, wie dumm die anderen sind. Das darf man dann nicht erlauben, es muss um die Dummheit und Verlogenheit von denen gehen, die im Raum sind. Also um meine eigene und um die des Publikums. Man sollte über sich selber lachen müssen. Und die Wirkung von Kunst das ist ein ewiges Thema. Alles, was im weitesten Sinn Kunst ist, ist ein Begleitlabor zur menschlichen Gesellschaft, wo man neue Ideen entwickeln kann. Wenn man zurückschaut, was vor 100 Jahren Avantgarde war, ist das heute teilweise Mainstream. Im Idealfall setzen sich gute Gedanken, die früher nur in der Kunst existiert haben, auch in der Gesellschaft durch.

»Verlogenheit und Heuchelei sind kein aktueller Trend, die gibt es, seit es Menschen gibt«

Ist diese Verlogenheit heute Standard geworden? Oder wie ist das zu verstehen, dass man Weltliteratur umschreibt, weil gewisse Begriffe darin vorkommen, die manche Menschen verletzen könnten, aber stumm zulässt, dass jüdische Menschen angefeindet werden?
Verlogenheit und Heuchelei sind kein aktueller Trend, die gibt es, seit es Menschen gibt. Hat es früher bessere Leute gegeben? Nicht wirklich. Der Mensch bleibt insgesamt ziemlich gleich, die genetische Ausstattung ändert sich nicht so schnell. Moral wird seit jeher vor allem dafür benutzt, sich über andere zu erheben.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner Verlogenheit und Heuchelei gab es laut Hader schon immer.

Sind die Forderungen nach Diversität und Gleichbehandlung heute also gar nicht ernst gemeint?
Von einigen schon, von anderen vielleicht nicht so. Wir sollten alle überlegen, was uns jenseits der Jammerei und des Ausmachen von Schuldigen sonst noch einfällt. Wenn ich jetzt sage, die Populisten wissen immer gleich, wer schuld ist, und das ist bequem, dann kann ich mich nicht auf der Gegenseite hinstellen und sagen, nur die Populisten sind an allem schuld. Da würde ich ihre Methode ja imitieren. Wir müssen mehr analysieren. Vielleicht müssen wir stärker schauen, wo die Teilwahrheit steckt, bei der sie recht haben. Populismus funktioniert ja immer mit einer Teilwahrheit. Jörg Haider zum Beispiel hatte recht, als er behauptete, dass es ein verfilztes System von zwei Großparteien gibt, die sich den Staat aufteilen. Also wo ist die Teilwahrheit, die der Kickl aufbläst? Vielleicht liegt sie darin, dass viele Menschen wirklich das Gefühl haben, abgehängt zu sein, unter die Räder zu kommen. Das große Zukunftsversprechen, dass es uns jedes Jahr besser geht, funktioniert nicht mehr. Die Ursachen dafür sind global, die Lösungen können daher auch nur global sein und nicht in Österreich von einem Volkskanzler gelöst werden. Wir würden politisches Personal bei den anderen Parteien brauchen, das Persönlichkeit genug hat, das den Leuten zu erklären. Anstatt Kickl hilflos nachmachen, wie das derzeit manche machen.

Was haben wir jetzt? Eine grüne Partei, die ihre Ideale verrät, um in der Regierung zu bleiben?
Und schon wieder eine schnelle Lösung. Die Politiker sind schuld, die müssen ganz schnell was lösen für uns. Demokratie ist kein Supermarkt, in dem man Einkaufen geht. Bei allem Frust, es bringt uns nicht weiter, auf alle anderen zu schimpfen und zu sagen, die sind das Problem. Wir sind das Problem. Das Problem ist immer eine schweigende Mehrheit. Alle furchtbaren Regime im 20. Jahrhundert sind von schweigenden Mehrheiten ermöglicht worden.

Und jetzt wieder.
Das würde bedeuten: mehr Teilhabe. Von uns allen.

Als Künstler kann man sich doch leicht einmischen und am politischen Geschehen teilnehmen.
Auch als Journalistin hat man Möglichkeiten dazu. Wir sollten aber so weit gehen und sagen, jede und jeder hat die Möglichkeit, jeder Tischler, jeder Installateur, jede Installateurin, jede Mechanikerin, alle. Wir haben alle die Möglichkeit, was beizutragen. Ein wichtiger Beitrag wäre, einander mehr zuzuhören und auch miteinander zu streiten. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, wie man in einer Demokratie ganz schnell alle Probleme löst, wäre ich sofort dafür. Aber dieses Modell gibt es nicht. Die Demokratie ist nicht deswegen unsere bevorzugte Staatsform, weil sie so schnell Probleme löst, sondern weil sie verhindert, dass Menschen, die ständig an der Macht sind, sehr schnell Probleme lösen und nicht mehr dabei kontrolliert werden.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner Josef Hader im Gespräch mit Susanne Zobl

Das erinnert an das Diktum "Macht braucht Kontrolle", mit dem auch Leute wie Kickl für sich Werbung machen. Was sage ich einem Menschen, der Kickl wählen will?
Fragen Sie ihn, warum. Hören Sie ihm zu. Ich weiß, das ist schwer, ich bin mir auch nicht sicher, ob ich das immer kann. Aber ich hab das schon erlebt: Wenn man mit einem politisch verbitterten Menschen spricht, kann es sein, dass der nur jemanden braucht, der ihm zuhört. Ich hab auch schon erlebt, dass sich nach so einem Gespräch Meinungen ändern. Oder sagen wir lieber: aufweichen lassen.

Ich höre immer wieder, dass man den Kickl-Wählern nur erklären müsste, die SPÖ, konkret Andreas Babler, wäre die Alternative für politisch Verbitterte. Sehen Sie das auch so?
Ich glaube, jeder sollte selber überlegen, was seine Alternative ist. Ich möchte niemandem etwas vorschlagen. Ich glaube nicht ans Missionieren, ob das in der katholischen Kirche passiert oder ob das Künstler machen. Es ist großartig, wenn Leute in die Politik gehen und etwas bewegen wollen. Politik zu betreiben und seine Anständigkeit zu bewahren, das ist einer der schwersten Berufe. Da hab ich höchsten Respekt davor. Aber ein Satiriker ist nicht dazu da, um Hoffnung auf eine bestimmte politische Person zu haben. In meinem Beruf braucht man Distanz zu den Mächtigen und zu denen, die es noch werden wollen.

Würden Sie in die Politik gehen?
Nein, deshalb habe ich ja so großen Respekt davor, wenn sich jemand das antut. Mein Nervenkostüm ist für die Politik leider nicht geeignet.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner Sein Nervenkostüm wäre für die Politik nicht geeignet, meint Hader.

Was bringen die Demos gegen Rechts?
Dass Menschen zusammenkommen und erleben, dass sie eine Gruppe sind, die sich engagiert, auch über die Demonstration hinaus. Das Totschlagargument dagegen wäre: Auf die Straße zu gehen, bringt nichts. Aber wenn viele Menschen so etwas wie eine Gemeinschaft erleben, indem sie intensiv für oder gegen etwas eintreten, dann hat das Folgen über den Anlass hinaus. Zu fragen, was eine Demo bringt, das ist so ähnlich sinnvoll wie die Frage nach der sofortigen Wirkung eines Kabarett-Abends. So betrachtet wäre die Antwort: nichts. Aber der Diskurs, der durch politische Bewegungen entsteht, das ist der Sauerstoff unserer Demokratie. Und er kann in seiner Gesamtheit viel bewegen.

Was ist mit den pro-palästinensischen Demonstranten, die bei den Demos gegen Rechts auch aufmarschiert sind?
Sie waren am Rand dabei. Wenn je nach Lesart zwischen 30.000 und 80.000 Menschen für etwas einstehen, und eine kleine Gruppe steht am Rand und hat eine etwas andere Priorität zu dem Thema, dann müssen wir das aushalten.

Was aber, wenn diese Nebengeräusche antisemitisch sind?
Wir dürfen Antisemitismus keinen Raum geben. Jede Attacke auf jüdische Menschen bei uns muss streng bestraft werden. Genauso wie rassistische Attacken. So, wie ich die Demo erlebt habe, gab es da zwei kleine Gruppen. Eine schweigende Gruppe mit der israelischen Fahne und daneben die palästinensische Gruppe, die laut skandiert hat. Dazwischen waren Polizisten. Die Parole "From the river to the sea" war komplett entbehrlich.

Wie begegnet man dem Antisemitismus, der von links kommt und von jenen, die sich mit den Pro-Palästinensern solidarisieren?
Es gibt im Prinzip nur eine Seite, auf der man sein kann. Auf Seite der Menschen, die von der Hamas gefoltert und bestialisch abgeschlachtet wurden. Und genauso auf Seite der Menschen, die seither zerbombt werden und ohne Nahrung sind. Es gibt keine andere Position, und allen, die uns weismachen wollen, dass man das eine gegen das andere ausspielen kann, sollte man zutiefst misstrauen. Die sind Teil des Problems. Wenn wir von unserer verhältnismäßig sicheren Position hier in Österreich etwas Sinnvolles zu dem Konflikt in Israel und im Gazastreifen beitragen wollen, wo so viele Menschen ständig in Lebensgefahr sind, dann kann es nur der aufrichtige Blick auf beide Seiten sein. Alles andere finde ich geradezu unsittlich. Deswegen habe ich einen ungeheuren Respekt vor der israelischen Opposition, die seit Jahren für ihre Demokratie kämpft, und für alle in Israel, die immer noch für Frieden und Verständigung eintreten.

Dieses gegeneinander Ausspielen wird im Kulturbetrieb seit Russlands Krieg gegen die Ukraine ständig praktiziert. Der Dirigent Teodor Currentzis wurde jetzt auch von den Wiener Festwochen ausgeladen, weil seine ukrainische Kollegin nicht mit ihm in derselben Programmschiene auftreten will.
Das war der Versuch, etwas zu riskieren, nämlich tatsächlich zwischen beiden Seiten eine künstlerische Berührung herzustellen. Ein sehr riskanter und aufrichtiger Versuch, zumindest so weit ich gehört habe. Er ist leider gescheitert.

»Die ÖVP, eine einstmals große Partei, rudert herum wie ein Schiffbrüchiger«

Was war Ihre erste Reaktion auf den Vorschlag von Kanzler Nehammer, Gendern zu verbieten?
Mitleid mit so viel Hilflosigkeit. Ich habe mir gedacht, wie schwer müssen die am Sand sein, dass sie so durchschaubar so ein Scheinthema bespielen. Wenn man sieht, wie eine einstmals große Partei, die wirklich das Land mit aufgebaut hat, vollkommen hilflos wie ein Schiffbrüchiger herumrudert, wenn man schaut, wie sich diese Partie in Niederösterreich von den Rechten die Themen diktieren lässt, sollte man sich um die ÖVP Sorgen machen, auch wenn man kein Freund dieser Partei ist. Wie sehr müssen Politiker in ihrem Tagesgeschäft stecken, dass sie keinen Blick mehr aufs Ganze haben? Fragen sich die tatsächlich nie, was die großen Zukunftsprojekte sein könnten?

Viele Künstler wollten keine offiziellen Termine in Niederösterreich wegen der ÖVP-FPÖ-Koalition wahrnehmen. Sie sind im Waldviertel aufgewachsen - treten Sie im Bundesland Ihrer Kindheit auf?
Nicht aufzutreten, weil in einem Bundesland jemand regiert, den ich nicht mag, das finde ich, höflich formuliert, etwas unlogisch. Die Leute, die in mein Programm kommen, kommen ja deswegen, weil sie anders denken.

Josef Hader
© NEWS Lukas Ilgner "Nicht aufzutreten, weil in einem Bundesland jemand regiert, den ich nicht mag, das finde ich, höflich formuliert, etwas unlogisch", meint Josef Hader.

Was, wenn Kickl in die Regierung käme?
Sollte ich dann in ganz Österreich nicht auftreten?

In den Umfragen liegt die FPÖ vorn. Wie sehen Sie die Chancen, dass Kickl in die Regierung kommt?
Tatsache ist, dass er den großen Zulauf, den er hat, nicht so schnell verlieren wird. Tatsache ist aber auch, dass er jemand anderen braucht, um eine Regierung bilden zu können. Und eine wichtige Tatsache ist auch, dass man in Österreich für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit braucht. Er kann die Spielregeln der Demokratie nicht so leicht verändern, wie das in Ungarn oder Polen passiert ist. Das ist das Wichtige, das wir nie aus den Augen verlieren sollten. Wenn jemand an der Macht ist, der uns nicht gefällt, dann müssen wir das aushalten. Das ist Demokratie. Aber wenn jemand beginnt, die Spielregeln zu verändern, dann müssen wir alle aufschreien. Dafür müssen wir uns unsere Energie aufheben, und wir sollten uns nicht zu sehr über Dinge aufregen, die man besser lösen kann, wenn man sie ruhig und emotionslos betrachtet.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 08/2024 erschienen.