Schnell kann es gehen: Als Monika Gruber zur Jahrtausendwende mit bayrischer Urgewalt ins Kabarettgeschäft einstieg, verkörperte sie noch Pionierstatus in der Männerbranche. 2024 hat sie nach Vorwürfen mangelnder Korrektheit alle Aktivitäten ausgesetzt. Mit einer Gesprächsreihe auf ServusTV bahnt sie die Rückkehr an.
Die Urgewalt ihrer Pointen ist von der Art, die auf bayrischen Bauernhöfen heranwächst. Monika Gruber, 53, spielte Serienhauptrollen im Fernsehen, mobilisierte mit sechs Soloprogrammen Besuchermassen, füllte mit Michael Niavarani die Wiener Stadthalle und verfasste den „Spiegel“-Bestseller „Und erlöse uns von dem Blöden“. Das Folgewerk „Willkommen im falschen Film – Neues vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten“ brachte die Wende: Monika Gruber wurde wegen ihrer Attacken auf „verblendete Woke-Aktivisten“ medial nach rechts verfrachtet.
Ein grenzkabarettistisches Zerwürfnis mit einer Bloggerin führte zur Trennung vom Verlag, im März 2024 feierte Monika Gruber in der Münchner Olympiahalle vor 11.000 Zuschauern den Abschied von der Bühne. Jetzt bahnt sie über den Freundsender ServusTV die Rückkehr an: Zum „Vodcast“ mit dem Titel „Die Gruaberin“ werden namhafte Zeitgenossen wie Melissa Naschenweng und Alexandra Meissnitzer ebenso eingeladen wie Inhaber herausfordernder Sozialberufe.
Frau Gruber, Sie haben sich vor einem Jahr erschöpft und enttäuscht vom Live-Geschehen zurückgezogen. Was war denn damals genau und was beabsichtigen Sie?
Ich dachte, seit 20 Jahren mute ich mich den Menschen zu, und jetzt langt es irgendwann. Vielleicht können sie mich nicht mehr sehen, obwohl ich alles versucht habe, dass ich mich nicht wiederhole oder, was ganz schlimm wäre, mich selber kopiere und von mir selber abschreibe. Und dann dachte ich: Nein, es geht sich nicht mehr aus, ich höre auf. Aber ich war immer jemand, der sehr viel gemacht hat, und deshalb habe ich nach einiger Zeit mit ServusTV geredet, weil ich eine Idee für einen Podcast hatte. Ich kann gut zuhören und interessiere mich sehr für andere Menschen. ServusTV ist gleich darauf eingestiegen.
Und irgendwann im Verlauf dieses Tuns hab ich dann festgestellt: Bei allem, was die Freizeit so an Schönem bietet, ist ja doch die Bühnentätigkeit das, was mir am meisten Spaß macht. Der eigentliche Grundpfeiler meiner Tätigkeit. Deshalb habe ich jetzt angekündigt, nächstes Jahr mit einem neuen Programm wieder auf die Bühne zu gehen. Trotzdem möchten wir den Podcast weitermachen, weil es wahnsinnig viel Spaß macht, mich mit Menschen zu treffen, zu plauschen, zuzuhören, über Leben zu reden. Und das, was sie tun, zu feiern, unabhängig davon, ob die jetzt prominent sind oder nicht.
Es fällt auf, dass Sie gar niemanden aus der sogenannten Hochkultur haben, sondern Melissa Naschenweng und Alexandra Meissnitzer …
Ich habe erst einmal die Menschen angefragt, die ich kenne und mag. Da ist alles dabei: Kultur, Sport, Medizin etc., aber ich lade auch Menschen ein, die einen besonderen Beruf haben. Zum Beispiel die Dame, die bei mir in Erding das Sterbehospiz leitet. Wir haben viel über das Leben und das Sterben geredet, über die Würde des Menschen und auch über ein so kontroverses Thema wie den assistierten Suizid. Es ist ein sehr schönes, berührendes Gespräch geworden. Auch das darf doch mal in der heutigen Zeit sein.
„Die Gruaberin“ hat am 16. Mai mit dem Kabarettisten Alex Kristan als Vodcast-Partner begonnen. Jeden Mittwoch ist ein neues Gespräch auf ServusTV On verfügbar, am Freitag ab 22.15 folgt die lineare Ausstrahlung.
Aber das Berufsleben wurde Ihnen doch auch von einer anderen Sache verleidet. Als Kabarettistin waren Sie zunächst fast Pionierin. Sie haben sich Spitzenrang verschafft, und dann wurden Sie speziell von Frauen als eine Art Vorfeldorganisation der AfD angegriffen, so wie Alice Schwarzer. Was ist denn da los?
Ja, das fragt man sich seit geraumer Zeit. Es hat sich was verändert, und ich glaube nicht, dass ich es bin, die sich verändert hat. Ich stehe da, wo ich immer schon gestanden bin. Ich bin im Denken bodenständig-konservativ im klassischen Sinn, auch weil ich vom Bauernhof komme. Aber ein Teil der Öffentlichkeit, auch der Medien, hat sich radikalisiert. Und wenn man diese Radikalisierung nicht mitmacht, wird man automatisch in ein Eck gestellt, in das man nicht gehört. Das ist mir passiert. Dabei habe ich nur gesagt: Kinder, ich denke genau so, wie ich vor 20 Jahren und vor 30 Jahren gedacht habe, und was meine Eltern, die inzwischen 80 und 86 sind, denken. Wir sind gleich in unserem Denken. Wir denken, seit wir auf der Welt sind, das Gleiche. Geändert hat sich nur der sogenannte Mainstream, von dem ich nicht glaube, dass er die Mehrheitsmeinung ist, weil die Mehrheit dem Hausverstand folgt.
Wie äußert sich diese Entwicklung?
Wer heute behauptet, es gäbe nur zwei Geschlechter, ist nicht nur rechts, sondern gesichert rechtsextrem. Jeder, der dem von einem Großteil der Politik und Medien propagierten Narrativ widerspricht, wird geframed, diffamiert, diskreditiert und am besten gleich rechts verortet. Ich kann mich aber nicht verbiegen, denn ich muss mich weiter im Spiegel anschauen können.
Radikalisierung ist aber etwas stark.
Bei uns in Deutschland ist das vielleicht noch extremer als in Österreich. Wenn bei uns jetzt die Verhöhnung des Staates und der Politiker strafbar ist, und das auch noch von hochoffizieller Seite explizit unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, dann wirft das die berechtigte Frage auf, inwieweit wir noch in einer Demokratie leben. Die Verhöhnung des Staates und auch das Querdenken gehörte früher zu unserem Berufsbild als Kabarettist. Aber heute riskiert man dafür seine Reputation und seine berufliche Zukunft.
Was wirft man Ihnen denn vor? Die alten Äußerungen zu Corona?
Auch, aber auch meinen Standpunkt, dass die Genderei und die Trans-Ideologie nicht nur frauenfeindlich sind, wie Alice Schwarzer gesagt hat, sondern auch homophob. Ich bin ja auch kein Anhänger davon, dass sich jeder über Social Media in jeder Form erbrechen kann. Aber wenn man ein lustiges Meme ohne justiziablen Inhalt teilt und deshalb morgens um sechs von der Justiz Besuch bekommt …
… das ist aber doch wohl nicht der Fall, stimmt’s?
Doch, ein Rentner hat ein Schwachkopf-Meme zu Robert Habeck geteilt und zur Verstörung seiner behinderten Tochter um sechs Besuch vom Verfassungsschutz bekommen. Bademantel ist schon die Chiffre für das, was man bereithalten soll, wenn man einer der zum Anschwärzen eingerichteten Meldestellen unangenehm auffällt. Interessanterweise sind die Bayern in dieser Hinsicht die Schlimmsten.
Die vermeintlich Progressiven sind in Wahrheit die kleinstbürgerlichen, humorlosen Spießer der Neuzeit.
Lassen Sie uns wieder auf Sie selbst kommen. Ihr Verlag hat Sie, eine „Spiegel“-Bestsellerautorin, verloren. Wie kam das denn?
Die haben halt Gegenwind von einer Bloggerin bekommen, deren Klarnamen ich im Buch genannt hatte. (Im letzten Buch hatte ich den Namen einer anderen Bloggerin nicht genannt, die angekündigt hatte, als Reaktion auf die Berliner Bauernproteste nie wieder etwas von einem Bauern kaufen zu wollen. Da wurde mir vorgeworfen, ich hätte die Geschichte nur erfunden. Daher diesmal die Namensnennung.) Ich fand einen Post von ihr besonders putzig, in dem sie warnte, dass Nazis Strickgruppen unterwandern würden und man möchte doch bitte diese braunen Strickliesln melden.
… zugegeben eine Verlockung für einen Kabarettisten …
… ja, aber die Dame, die quasi im Minutentakt zu jedem politischen Thema ihre Posts hinaushaut, fühlte sich als Privatperson verunglimpft.
Sie sollen sie aber rassistisch beleidigt haben.
Ich wusste nicht einmal, woher sie kommt, ich hielt den Namen für ein Pseudonym, daher schrieb ich: Mit einem Namen wie Roma Maria Mukherjee hätte ich sie eher beim tantrischen Shakra-Turnen als beim Stricken verortet. Wie konnte ich wissen, dass die Dame offenbar tatsächlich indische Wurzeln hat. Pech. Ihre Klage ist übrigens in beiden Instanzen abgewiesen worden, und nach Straßburg geht sie nun doch nicht. Aber der Verlag, der das Buch beim Erscheinen noch gefeiert hat, hat offenbar beim ersten leisen Gegenwinds-Lüftchen aus der woken Bubble Panik bekommen und umgehend einen sogenannten Shitstorm-Manager engagiert. Klingt großartig, oder? Ich glaube, das werde ich im nächsten Leben!
Im Ernst? Sollte der einen Shitstorm entfesseln oder neutralisieren?
Das ist meines Erachtens noch nicht ganz raus. Er hat jedenfalls den Damen vom Verlag geraten, sich demütig zu entschuldigen, und dabei haben sie in der Panik den Namen der Bloggerin falsch geschrieben. Sie können sich die Folgen ausmalen. Das nächste Shitstörmchen ließ nicht lange auf sich warten. Ich habe jedenfalls zusammen mit meinem Co-Autor den Verlag verlassen, der uns so im Regen hat stehen lassen.
Aber das Berufsbild des Shitstorm-Managers! Ist das sowas wie der Intimitätskoordinator, der bei Dreharbeiten auf Sittsamkeit achten muss? Ich dachte immer, ein Intimitätskoordinator wäre ein Zuhälter!
Da irren Sie. Einen Zuhälter interviewe ich übrigens morgen für den Blog, einen echten Bordellbesitzer.
Da kommen wir aber zu Grundsätzlichem: Beobachten Sie auch, dass Ironie praktisch nicht mehr verstanden wird?
Wissen Sie, ich glaube, dass das, was Argentiniens Präsident bei seiner Rede in Davos als den „woken Hirnvirus“ bezeichnet hat, Humor, Satire und Selbstironie nicht zuträglich ist. Die vermeintlich Progressiven und Ach-so-Toleranten sind in Wahrheit die kleinstbürgerlichen, humorlosen Spießer der Neuzeit, in deren Allerwertesten nicht nur ein Stock, sondern einer ganzer Maibaum samt Taferl die Lebensfreude abdruckt.
Waren denn die 11.000, die Sie 2024 zum Bühnenabschied in der Münchner Olympiahalle gefeiert haben, lauter AfDler?
Wenn man der Süddeutschen glauben darf, ja. Dann waren es lauter Schwurbler, in Leopardenmuster gekleidete Proleten und Rechtsradikale, denen man ihre Gesinnung schon ansah. Und das in einer Zeitung, die stets Toleranz, Diversität und gendersensible Sprache propagiert.
Das ändert aber doch nichts an dem verheerenden Rechtsruck auch in Deutschland und Österreich. Soll man die AfD und die FPÖ verbieten?
Unser Kanzler Friedrich Merz meinte dazu kürzlich, er sei nicht dafür, denn das „rieche ihm zu sehr nach politischer Konkurrentenbeseitigung“. Das Erstarken der rechten Parteien sowohl in Österreich als auch in Deutschland ist ein Symptom dafür, dass sich die politischen Eliten in ihrer Hybris von den Bürgern entfernt haben. Die Probleme der Menschen werden ignoriert und oft sogar lächerlich gemacht. Der Wählerwille ist den meisten Politikern wurscht. Einige der Herrschaften erklären ihre desaströsen Wahlergebnisse auch noch damit, dass man die grandiosen Errungenschaften ihrer Politik offenbar dem Wähler beim nächsten Mal „besser vermitteln“ müsse. Aber der Wähler ist nicht so doof, als dass er nicht kapiert, wo der Frosch die Locken hat. Und wenn er (zu) lange nicht gehört wird, dann wählt er eben irgendwann mal die AfD oder die FPÖ. Und zwar nicht, weil dort auch durchaus rechtsextreme Gestalten mitwirken, sondern trotzdem. Aus Notwehr. Das war übrigens in Dänemark genauso: Die haben ja eine sozialistische Regierung, die plötzlich mit einer starken Rechtsaußen-Partei zu kämpfen hatte, weil das Volk u. a. mit dem Zustand der unkontrollierten Zuwanderung unzufrieden war. Die sozialistische Regierung sah ein, dass sie ihre Politik um 180 Grad drehen musste und voilà: die Rechten dümpeln irgendwo einstellig vor sich hin.
Dazu kommt ein riesiger Antisemitismus, von rechts, von links, von arabischen Importnazis …
… ja, und er wird in bestimmten Kreisen wieder kultiviert. Das sind genau dieselben, die bei jedem Attentat eines Zuwanderers auf flink organisierten Massendemos „Nie wieder ist jetzt“ skandieren, aber wenn es um das Thema Antisemitismus geht, dann ist deren Schweigen brüllend laut. Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass gerade in der Kulturszene, die permanent „Haltung“ fordert, Antisemitismus wieder salonfähig geworden ist.
Wie stehen Sie denn zum Friedensmanifest von Schwarzer und Wagenknecht im Ukraine-Konflikt?
Ich bin dafür, dass alles diplomatische Geschick aufgewandt werden muss, um endlich Frieden zu schaffen und eine Verlängerung oder gar eine Ausweitung dieses Krieges zu vermeiden. Das Sterben muss endlich ein Ende haben. Ich will auf gar keinen Fall, dass einer meiner Neffen, die in diesem Jahr volljährig werden, in einen Krieg ziehen muss. Meine größte Angst ist, dass die nächste Eskalationsstufe gezündet werden könnte.
Um mit Erfreulicherem zu enden: Ihre nächstjährige Tournee führt auch nach Österreich?
Na, ganz bestimmt, fast die Hälfte meiner Tournee geht durch Österreich, die Schweiz und Südtirol. Ich bin total Österreich-affin, weil sich die Österreicher in dieser hysterischen Zeit noch so eine humordurchtränkte Bodenständigkeit bewahrt haben, so eine Restfröhlichkeit und ihren berühmten Charme. An Schmäh hoid.
Ja, das sagen die Leute, die nicht hier wohnen, immer. Danke für das Gespräch.
Über Monika Gruber
Monika Gruber, geboren am 29. Juni 1971 in Wartenberg, Bayern, wuchs auf dem Bauernhof auf und studierte Schauspiel. Die TV-Karriere begann mit der Serie „Kanal fatal“, es folgten u. a. „Die Komiker“, „Die Klugscheißer“, „Der Kaiser von Schexing“ und „Hubert und Staller“.
2004 ging sie mit ihrem ersten Soloprogramm auf Tournee, fünf weitere folgten, bis sie sich im März 2024 von der Bühne zurückzog. Anlass waren zunehmende Angriffe wegen ihrer Position zu den Coronamaßnahmen und der Vorwurf, sich mit ihren satirischen Sachbüchern gegen „Wokeness“ nach rechts bewegt zu haben.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 21/25 erschienen.