Frank Stronach:
"Ich bereue nichts"

Der Milliardär über seinen Politik-Misserfolg, Glück und Donald Trump

Frank Stronach, Milliardär, Industrieller und Ex-Politiker hat mit 85 Jahren ein Buch geschrieben, in dem er sein Wissen und seine Lebenserfahrungen in Form eines „Wegweisers für eine zivilisierte Gesellschaft“ weitergeben möchte. News traf den Austro-Kanadier in seinem Büro im Luxus-Wohnpark Fontana in Anwesenheit seiner Assistentin und ehemaligen NR-Abgeordneten Ulla Weigerstorfer und sprach mit ihm über Glück, die österreichische Politik und Donald Trump.

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Interview - Frank Stronach:
"Ich bereue nichts"

News: Herr Stronach, wie kam es zu Ihrem Buch „Die Frage aller Fragen: Woher kommen wir, wohin gehen wir? – Wegweiser für eine zivilisierte Gesellschaft“ - und worum geht es?
Frank Stronach: Wenn man ein bisschen älter wird, denkt man über den Sinn des Lebens nach. Ich habe über die Jahre sehr viele Erfahrungen gesammelt, weil ich durch meine Aktivitäten Dinge erreicht habe, die ganz wenige erreichen; Mit Königen gespeist und das Leben in jeder Phase kennengelernt. Stephen Hawking gab der Menschheit höchstens noch 100 Jahre auf der Erde, wenn wir so weiter machen.
Die Natur hat den Menschen sehr viel Intelligenz gegeben, so viel, dass sie sich selbst zerstören können. Ich habe mir also die Prioritäten angeschaut: Nummer eins ist, was tun wir, um einen Atomkrieg zu verhindern? Das andere ist die Umwelt, hier sind wir nicht sorgfältig genug. Jedes Lebewesen spielt eine gewisse Rolle in der Balance des Universums und sogar, wenn man willkürlich auf einen Wurm draufsteigt, dann trägt man dazu bei, diese Balance aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Die Frage aller Fragen - Frank Stronach
© Frank & Frei Stronach erläutert in seinem Buch seine Vorschläge, wie wir eine zivilisiertere Gesellschaft, eine lebenswertere Welt schaffen können, indem wir Kriege verhindern, Armut bekämpfen und gleichzeitig die Wirtschaft fördern, um den Lebensstandard der Menschen überall auf der Welt zu erhöhen.

Was erhoffen Sie sich mit dem Buch?
Ich hoffe, dass ich das Denken provozieren kann und dass man ernsthaft darüber nachdenkt.

Sie sprechen darin von „einer Gesellschaft, in der alle Menschen die Möglichkeiten haben, ihren ganz persönlichen Weg zum Glück zu finden“. Haben Sie ihr persönliches Glück gefunden?
Ich versuche es jeden Tag.

Was bedeutet Glück für Sie?
Dass man zufrieden ist, dass man sich keine Sorgen machen muss, dass man nicht hungrig sein muss und dass man von Zeit zu Zeit Dinge macht, die große Freude bringen.

Stronach
© News.at Ob Frank Stronach sein persönliches Glück gefunden hat: "Ich versuche es jeden Tag."

Sie haben auch zwei Kinder, bereiten diese Ihnen kein Glück?
Weniger Glück, mehr Freude.

Was war das wichtigste, was sie Ihren Kindern im Leben mit auf den Weg geben wollten (und haben)?
Dass es im Leben, egal wie gescheit man ist, nicht funktionieren kann, wenn man Pech hat. Glück spielt eine Rolle. Wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Platz ist und die richtigen Eigenschaften hat, dann kann sehr viel passieren.

Haben Sie im Leben Glück gehabt?
Ja, manchmal fast unbeschreiblich. Ich habe in einer Garage angefangen und habe zwei Firmen aufgebaut, die welmarktführend sind. Die Magna International und die MEC, die führende in Pferdewetten.

»Mein Wunsch war nur ein eigenes Fahrrad, denn ich musste meines mit meiner Schwester teilen. «

Woher kommt eigentlich Ihre Liebe zu Pferden?
Als ich nach Kanada ausgewandert bin, hatte ich keine großen Pläne. Ich habe nur von Bekannten gehört: „Wenn du dort ein Jahr bist, verdienst du soviel, dass du dir ein Auto kaufen kannst.“ Mein Wunsch war nur ein eigenes Fahrrad, denn ich musste meines mit meiner Schwester teilen.
Das erste Jahr in Kanada war schwierig, da gab es Zeiten, in denen ich hungrig war und ich hatte kein Geld, um Essen zu kaufen. Und so etwas lässt tiefe Eindrücke, die immer bei mir sein werden. Ich habe dann 1957 die Garage gemietet und für die nächsten paar Jahre sieben Tage die Woche, durchschnittlich 15 Stunden. am Tag, gearbeitet. Nach fünf Jahren hatte ich ein bisschen Geld auf der Bank und gesagt, ich werde mir hin und wieder das Wochenende frei nehmen. Da mir immer schon Cowboyfilme gefallen haben, habe ich mein erstes Pferd gekauft und gleich am Nachmittag schon zu reiten begonnen - und bin auch schon gesprungen.
Einwurf seiner anwesenden Assistentin, Ulla Weigerstorfer: Der Frank reitet jetzt noch!
Stronach: Der Farmer hatte auch ein paar Rennpferde und Zuchtstuten und hat mich auf den Rennplatz mitgenommen, was sehr interessant für mich war. Ich brauchte auch einen Ausgleich zur Arbeit.

Sie leben in Kanada…
Ich lebe im Flugzeug.

Sie haben ein Anwesen in Kanada, eine Wohnung in Österreich und in Ihrem Buch schreiben Sie aus der Sicht der USA und sagen „wir“. Wo fühlen Sie sich zuhause?
Ich bin gerne hier, ich habe meine Wurzeln hier. Ich glaube, im Leben versucht man immer, sich die netten Eigenschaften jedes Landes oder jeder Gesellschaft anzueignen bzw. die weniger netten abzulegen. Ich bin gerne hier, aber auch sehr gerne drüben

Aus Österreich haben Sie sich geschäftlich ja komplett zurückgezogen. Warum?
Nicht total aber zum Großteil. Weil die Welt doch mehr international ist und ich habe versucht, dass meine Kinder hier weitermachen, aber sie haben gesagt, ihr Lebensraum sei Kanada und Amerika.

»Weigerstorfer: "Er war seiner Zeit voraus."«

Sie haben Österreich also nicht im Zorn verlassen nach dem politischen Ende?
Ich habe von Anfang an gesagt, ich bin nur kurz in der Politik. Ich wollte am Käfig rütteln und das Denken provozieren. Im Nachhinein nennt man das Erfahrung. Wenn ich darüber nachdenke, hätte ich vielleicht nur sozialökonomische Themen hervorbringen sollen, die nicht politisch sind. Aber ich bin, wer ich bin und habe diesen Weg gewählt. Aber wenn ich es noch einmal machen würde - was ich nicht mehr würde - hätte ich das ein bisschen anders gemacht.

Ulla Weigerstorfer: Schauen Sie sich das Parteiprogramm vom Team Stronach an, Frank hat 2012/2013 schon das gesagt, was die jetzige Regierung anfangt, umzusetzen. Er war seiner Zeit voraus.

Was halten Sie von der derzeitigen ÖVP/FPÖ-Regierung unter Sebastian Kurz?
Ich kenne die meisten, die sind sehr nett, aber die Politiker halten sich selbst gefangen. Wenn einer von einer anderen Partei eine gute Idee hat, ist das erste, was man sagt: „Das geht nicht.“ Das heißt, es herrscht Stillstand. Ich habe vor zwei Jahren den Klub „Vision Österreich“ gegründet, einen „Do Tank“. Es sollte eine Bewegung sein, eine Revolution des Denkens. Denn wenn etwas nicht von der politischen Seite kommt, dann nimmt die Politik es an. Ich hoffe, dass man durch so etwas vielleicht Österreich auf den richtigen Weg bringen kann. Da glaube ich, könnte ich etwas dazu beitragen.

Wenn die Regierung jetzt Ihre Ideen umsetzt, wie Frau Weigerstorfer eben eingeworfen hat, dann müssen Sie ja zufrieden sein damit?
Weigerstorfer: Nicht nur die Regierung, die ganze EU schwenkt in diese Richtung.
Stronach: Ich habe das Politische ausgeschaltet. Ich bin unpolitisch.

Was sagen Sie zum beschlossenen 12-Stunden-Arbeitstag?
Wenn es eine Ausnahme ist, dann okay. Wenn es aber laufend so ist, dass man 12 Stunden arbeiten muss, dann sollen eben mehr Leute eingestellt werden. Wenn Leute aber arbeiten wollen, soll man das nie verhindern, sondern fördern. Aber wir brauchen nicht immer diesen Vormund. Die Bevormundung wächst und das erstickt den Lebensgeist.

»Trump ist ein guter Typ, wenn du ihn näher kennst. «

Was sagen Sie zur Politik Trumps in den USA?
Ich habe ihn vorher schon öfters getroffen. Er ist ein guter Typ, wenn du ihn näher kennst. Die Zeitungen gestalten das ganz anders. Wir würden uns etwas anders ausdrücken, aber er ist, wer er ist.
Auch wenn alle über Amerika schimpfen, es ist immer noch das freieste Land und hat immer noch die beste Gesetzgebung.

Sie stimmen seiner Politik also zu?
Ja, im Großen und Ganzen. In Manchem würde ich mich vielleicht ein bisschen anders ausdrücken, aber so ist das Leben.

Blicken Sie mit Sorge auf die EU?
Die ganze Flüchtlingsthematik ist traurig, aber es geht einfach nicht. Nimm an, du hast eine Familie, Mann, Frau, zwei Kinder und ein kleines Boot, wo maximal vier Personen Platz haben und du hast Hochwasser. Da kannst du eben nicht. Ich habe vor Jahren schon gesagt, Europa sitzt da und schaut zu, wie Tausende von Frauen und Kinder abgemetzelt werden und rührt keinen Finger.

Was wäre Ihre Lösung aus jetziger Sicht?
Die Leute müssen wissen, dass das nicht geht. Das ist fast wie Selbstmord. Wo es keine Diktaturen gibt, muss sich das Land selbst erholen. Dort wo es Diktaturen gibt, muss es Schutzzonen geben.

Gibt es auch Themen, wo Ihnen Lösungsvorschläge ausgehen? Wo Sie ratlos sind?
Nein.

»Stolz bin ich darauf, dass ich das Denken provozieren kann«

Worauf sind sie besonders stolz in Ihrem Leben und was bereuen Sie?
Ich bereue nichts. Bereuen ist eine negative Energie, das fällt dann eher unter Erfahrung. Stolz bin ich darauf, dass ich das Denken provozieren kann, dass es zu geistigen Revolutionen führen kann.

Stronach
© News.at Stronach in seinem Büro in Oberwaltersdorf: "Ein Glas Wein ist wie konzentrierter Sonnenschein"

Wie halten Sie sich fit?
Es könnte nie ehrlich jemand sagen, dass ich einmal betrunken war. Aber wenn ich nicht ein Glas Wein zum Essen habe, schmeckt mir das Essen nicht. Für mich ist ein Glas Wein wie konzentrierter Sonnenschein.
Als ich jünger war, hatte ich niemals zwei späte Nächte hintereinander. Ich war also einigermaßen vernünftig. Ich habe immer gesagt: Wenn du vor zwölf keinen Spaß hast, wirst du sowieso keinen Spaß mehr haben.

»Der Erfolg des Lebens kann nur darin gemessen werden, wie glücklich man ist. Aber es ist leichter, glücklich zu sein, wenn man etwas Geld hat. «

Sie waren in Ihrem Leben sehr erfolgreich. Welche Tipps können Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben?
In meinen Vorträgen habe ich immer gesagt: Der Erfolg des Lebens kann nur darin gemessen werden, wie glücklich man ist. Aber zur gleichen Zeit habe ich gesagt: Es ist leichter, glücklich zu sein, wenn man etwas Geld hat. Und dann kam natürlich die Frage, was da mein Tipp sei. Wenn man Anfang 20 ist, kennt man sich noch nicht so richtig, da muss man experimentieren. Man soll irgendetwas machen, was man gerne macht. Wenn man etwas gerne macht, dann wird man gut und wenn man dazu Einsatz zeigt, kann man der oder die Beste sein und wenn man eine/r der Besten ist, ist Geld immer ein Beiprodukt.

Was ist mit den Menschen, die das nicht so können?
Ja, das ist so eine Frage…die Frage ist auch, wie kann es sein, dass ein unschuldiges Kind einen Unfall hat. Das sind alles Themen…sonst würden wir Götter sein.

Proteste verhinderten einst Ihren Kauf der Voestalpine, auch bei der Austria Wien gab es Plakate von Fans mit den Worten „Magna raus“. Kommen da auch mal jemandem wie Frank Stronach Selbstzweifel?
Nein, in einer Demokratie wird es immer andere Ansichten geben. So gut ist es außerdem der Austria nie gegangen, wie in den fünf Jahren, als ich sie geführt habe. Das wird nie mehr vorkommen.
Selbstzweifel? Nein. Als ich jünger war und in ein Restaurant gegangen bin, habe ich gefragt: "Würden Sie einen Tisch haben für den Bundeskanzler?" Dann haben sie meistens ja gesagt und ich meinte: „Geben Sie mir den, er kommt heute nicht.“

»Tiere sind Teile der Menschheit. Sie haben ein Herz und Gefühle und was wir machen ist komplett unzivilisiert, menschenunwürdig und barbarisch. «

Weigerstorfer: Frank, hast du noch gar nicht von deiner Farm erzählt?
Stronach: Nein, vielleicht ist ja auch gar kein Interesse da.
News.at: Bitte, Herr Stronach erzählen Sie uns doch von Ihrer Bio-Rinderfarm!
Stronach: Ich glaube ich bin sehr begnadet, habe einen gesunden Hausverstand, einen gesunden Körper und ich habe mich gefragt, ob ich irgendetwas machen kann, was gut sein würde für die Menschheit. Und Tiere sind Teile der Menschheit. Sie haben ein Herz und Gefühle und was wir machen ist komplett unzivilisiert, menschenunwürdig und barbarisch.
Ich habe dann viele Gespräche geführt, auch mit Priester, habe selbst nachgedacht und bin darauf gekommen: Wenn man alles unternimmt, um Stress und Schmerz (beim Schlachten) zu vermeiden, dann ist es ein Teil des Universums. Wir schlachten auf der Farm (Anm.: "Adena Springs Ranch" in Florida, wo 20.000 Rinder leben, Antibiotika und Gentechnik sind tabu) also keine Kälber und wir geben ihnen Auslauf auf ca. 40.000 Hektar. Ich will damit ein Musterbeispiel dafür sein, was man machen sollte und was man machen könnte.

Was sind sonst, nach einem bisher so erfolgreichen Leben, Ziele, die Sie noch haben?
Ansonsten will ich weiter das Denken zu provozieren, um eine ideale Gesellschaft zu schaffen, in der die Armut vermieden wird.