Endometriose: Wie entsteht sie? Wie gefährlich ist sie? Wann ist eine OP notwendig?

Bis zu 15 Prozent der Frauen leiden an Endometriose. Dennoch ist die Krankheit nach wie vor weitgehend unbekannt. Rund sechs Jahre dauert es in Österreich, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Für viele Frauen ein langer und vor allem schmerzvoller Leidensweg. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

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Frau mit Endometriose © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

Was ist Endometriose?

"Endometriose ist eine chronische, aber gutartige Erkrankung bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter", erklärt Prim. Leopold Wanderer, Leiter des Endometriose-Zentrums am Landesklinikum Melk. Dabei tritt das sogenannte Endometrium, zu Deutsch die Gebärmutterschleimhaut, auch an anderen Stellen des Körpers auf. So zum Beispiel im Bereich der Eierstöcke, der Eileiter, der Scheide oder des Darms. Häufig sind auch die Blase oder die Harnleiter befallen, in seltenen Fällen die Lunge oder das Zwerchfell. "Die Herde verhalten sich wie Zellen im Inneren der Gebärmutter", erläutert Wanderer. Mit anderen Worten: Sie werden mit Einsetzen der Regelblutung aktiv. Darüber hinaus führen sie zu Zysten und Verwachsungen. "Das verursacht natürlich massive Schmerzen", so der Experte. Und: "Obwohl zehn bis 15 Prozent der Frauen betroffen sind, ist die Krankheit in der Öffentlichkeit immer noch weitgehend unbekannt."

Welche Symptome treten bei Endometriose auf?

Als Hauptsymptom nennt Wanderer "unglaublich starke Menstruationsschmerzen", mitunter begleitet von Rückenschmerzen oder diffusen Unterbauchschmerzen, die die Betroffene oft nicht klar zuordnen kann. Die Stärke der Schmerzen hängt dabei weniger von der Größe der Herde ab. "Auch ein kleiner Herd am Bauchfell - was übrigens sehr häufig vorkommt - kann starke Schmerzen verursachen", erklärt Wanderer. Dagegen könne es passieren, das größere Herde für längere Zeit unbemerkt blieben. Abgesehen von den Schmerzen während der Regelblutung verursacht Endometriose sehr häufig auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. In manchen Fällen findet sich auch Blut im Harn oder im Stuhl der Betroffenen.

Nehmen die Schmerzen im Laufe des Alters zu?

Grundsätzlich sind Frauen im gebärfähigen Alter, also zwischen rund 17 und 45 Jahren, betroffen. "Solange die Eierstöcke Hormone produzieren, solange treten die Beschwerden auf", veranschaulicht der Gynäkologe. Manche Patientinnen haben das Gefühl, die Schmerzen würden von Jahr zu Jahr stärker. "Weil sie sich nicht verstanden fühlen. Weil weder eine angemessene Anamnese noch die richtige Untersuchung erfolgt." Verifizieren könne man diesen Eindruck aber nicht. Kommt die Frau in die Wechseljahre oder wird sie schwanger, dann trocknen die Herde quasi aus. Damit verschwinden auch die Schmerzen. "Leider werden aber nur sehr wenige Frauen mit Endometriose schwanger."

Wie erfolgt die Diagnose von Endometriose?

"In der Ambulanz führen wir mit den Patientinnen ein langes Anamnesegespräch", so Wanderer. Es folgt eine ausführliche gynäkologische Untersuchung. Sehr viele Herde könne man bereits sehen oder ertasten. Weitere, vor allem jene in der Scheide, werden mittels Ultraschall aufgespürt. Eine routinemäßige Untersuchung der Nieren zeigt, ob sich auch hier Gewebe angesiedelt hat. Klagt die Patientin über Schmerzen oder Blut im Stuhl, wird eine Darmspiegelung veranlasst. Wenn notwendig, wird auch eine Magnetresonanztomographie durchgeführt. "In den meisten Fällen kann man die Diagnose aber schon aufgrund der Anamnese oder der gynäkologischen Untersuchung samt Ultraschall stellen."

»Obwohl zehn bis 15 Prozent der Frauen betroffen sind, ist die Krankheit in der Öffentlichkeit immer noch weitgehend unbekannt«

Wie wird Endometriose behandelt?

Spezielle Medikamente in Form von Tabletten, Zäpfchen oder Infusionen sollen zur Linderung der Schmerzen beitragen. Eine Therapie auf Basis des weiblichen Geschlechtshormons Gestagen zielt darauf ab, besagte Herde auszutrocknen, wodurch über kurz oder lang auch die Schmerzen verschwinden. Hierfür kommt - neben gestagenbetonten Antibabypillen - das Präparat Visanne zum Einsatz. Bis dato ist es das einzige in Österreich zugelassene Medikament zur Behandlung von Endometriose. Die Kosten muss die Patientin allerdings selbst tragen, werden sie doch nicht von den Kassen übernommen. Von der Einnahme handelsüblicher Schmerzmittel rät der Experte ab. Sie helfen zwar dabei, Monat für Monat den Schmerz zu unterdrücken, tragen aber nicht zur Lösung des eigentlichen Problems bei.

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Wie gefährlich ist Endometriose?

Auf die Frage, wie gefährlich Endometriose ist, antwortet der Experte: "Das kommt auf die Ausprägung an." Er berichtet von dem Fall einer jungen Frau, deren Niere erkrankungsbedingt nur mehr 15 Prozent ihrer eigentlichen Leistung erbracht habe. Engen die Herde den Harnleiter dermaßen ein, sodass sich die Niere nicht mehr vollständig entleeren kann, so kommt es zu einem Harnrückstand, der über kurz oder lang zu einer Schädigung der Niere führt. "Man kann schon ein Organ dabei verlieren", warnt der Experte. Umso wichtiger sei es daher, dem Verdacht auf Endometriose auf jeden Fall nachzugehen.

»Fast die Hälfte der Frauen, die ungewollt kinderlos sind, leiden an Endometriose«

Warum werden Betroffene seltener schwanger?

"Fast die Hälfte der Frauen, die ungewollt kinderlos sind, leiden an Endometriose", berichtet Wanderer. Damit ist die Erkrankung ein wesentlicher Faktor für den unerfüllten Kinderwunsch. "Häufig sind Eileiter und Eierstöcke betroffen", erklärt der Experte. Verwachsungen und Zysten setzen deren Funktionsfähigkeit herab. Es kann zu Problemen beim Transport der Spermien wie auch bei dem der Eibläschen kommen. Die Adenomyose wiederum, eine Sonderform der Endometriose, bei der die Gebärmuttermuskulatur betroffen ist, kann zu Einnistungsstörungen führen.

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Wann ist eine Operation notwendig?

"Es kommen sehr viele Frauen mit Kinderwunsch zu uns in die Klinik", erläutert der Gynäkologe. Der Arzt berichtet von Fällen, bei denen Zysten an Eierstöcken oder Eileitern eine Größe von bis zu acht Zentimetern erreicht haben. Mit der operativen Entfernung der Herde wird die Funktionsfähigkeit der Organe wiederhergestellt. "Viele Frauen werden dann relativ rasch auf normalem Weg schwanger", berichtet der Arzt. Darunter auch Patientinnen, denen man zuvor prognostiziert hatte, dass eine Schwangerschaft ausgeschlossen sei. Eine Operation ist aber nicht nur bei einem unerfüllten Kinderwunsch anzuraten. So kann mittels des Eingriffs beispielsweise auch der Darm von Herden befreit oder der Harnleiter rasch und effizient freilegt werden.

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Worauf sollten Betroffene achten?

"Der persönliche Lebensstil spielt eine große Rolle", betont Wanderer. Wichtig sei Bewegung, ausreichend Schlaf, die Vermeidung von Stress und eine gesunde Ernährung. Der Experte rät zum Konsum von frischem Obst und Gemüse. Fleisch vom Rind und Schwein solle man dagegen meiden. Ebenso wie tierisches Fett und Kuhmilchprodukte. "Patientinnen, die wir operieren, bekommen automatisch eine Zuweisung für eine Ernährungsberatung im Haus", sagt Wanderer, dem zufolge die Behandlung im Landesklinikum Melk weit über eine medikamentöse Therapie oder Operation hinausgeht. "Es gibt mehrere Wege, um das persönliche Wohlbefinden, die Lebensqualität der Patientin zu steigern." Zwei davon wären Akupunktur und Physiotherapie.

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