Positiv denken: So nutzt man die Kraft der Gedanken

Gerade in Krisenzeiten ist es oft nicht leicht, zuversichtlich zu bleiben und positiv zu denken. Wie das gelingen kann, verrät die Glückspsychologin Mag. Renate Pelzguter.

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Mag. Renate Pelzguter ist Klinische und Gesundheitspsychologin sowie Humortrainerin. Für Unternehmen bietet sie Seminare und Trainings mit Schwerpunkt positive Psychologie, positives Leadership, Kommunikation, Selbstfürsorge und Achtsamkeit an. Jugendliche, Erwachsene und Paare berät sie psychologisch in ihrer Praxis sowie online.
Renate Pelzguter
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1. Steuern Sie Ihre Gedanken

"Wenn es uns gelingt selbst zu bestimmen, was in unserem Oberstübchen abgeht, dann haben wir schon gewonnen", sagt Pelzguter. Dafür müsse man sich einerseits beim Denken beobachten und anderseits in sich hineinspüren mit der Frage: Tun mir diese Gedanken gut? Ist das nicht der Fall, gilt es zu überlegen, woran man stattdessen denken kann. An Alternativen mangelt es jedenfalls nicht. Unsere Sinne helfen uns dabei, sie aufzuspüren.

"Sagen Sie 'Stopp!' zu den negativen Gedanken und nutzen Sie alle fünf Sinne", empfiehlt die Expertin. Gibt es einen Geruch, den Sie als besonders wohltuend empfinden? Vielleicht Ihr Lieblingsparfum oder eine Handcreme? Womit können Sie Ihre Augen erfreuen? Vielleicht mit Fotos aus dem letzten Urlaub? Oder mit einem kleinen Spaziergang, bei dem Sie den Blick über die Bäume und Sträucher schweifen lassen, die gerade zu blühen beginnen? Was essen Sie gerne? Gönnen Sie sich Ihre Lieblingsspeise und genießen Sie sie in vollen Zügen.

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Dann wäre da noch das Hören und das Spüren. Bei einem Spaziergang an der frischen Luft kann man dem Vogelgezwitscher lauschen. Oder aber man legt sich eine schöne Musik auf. Und auch wenn man in Zeiten wie diesen davon Abstand nehmen sollte, Menschen, mit denen man sich nicht einen gemeinsamen Haushalt teilt, zu umarmen, gibt es doch genügend Möglichkeiten, den Tastsinn zu aktivieren. Spüren Sie zum Beispiel die Sonnenstrahlen auf Ihrer Haut. Dafür müssen Sie nicht einmal Ihre Wohnung verlassen, sondern einfach nur das Fenster öffnen.

Dass Angstgefühle in Krisenzeiten aufkommen, ist allzu natürlich. Doch lassen Sie sie nicht die Oberhand gewinnen. Lenken Sie sich ab - lenken Sie Ihre Sinne auf die schönen Seiten des Lebens, von denen es trotz Krise mehr als genug gibt. Genießen Sie sie in vollen Zügen! Und seien Sie nicht zu streng mit sich selbst, wenn es Ihnen nicht auf Anhieb gelingt, die negativen Gedanken zu stoppen. Das muss erst gelernt werden und braucht dementsprechend Zeit.

2. Konzentrieren Sie sich aufs Positive

Allzu schnell driften unsere Gespräche ins Negative ab. Wir beklagen die durch die Krise auftretenden Schwierigkeiten und teilen anderen unsere Ängste mit. Das ist auch gut so. Doch die Krise und die mit ihr verbundenen Sorgen sollten Ihre Gespräche und Gedanken nicht dominieren. Fokussieren Sie stattdessen auf die positiven Dinge. Eine Hilfestellung hierzu geben die sogenannten Wunderfragen. Diese Fragen kann man sich täglich selbst, aber auch anderen stellen. So lässt sich ein Gespräch schnell in eine positive Richtung lenken.

  • Was ist Dir heute gut gelungen?
  • Worüber hast Du heute gelacht?
  • Was hat Dir heute Freude gemacht?
  • Wofür bist Du heute dankbar?
  • Wobei hast Du Dich heute so richtig wohlgefühlt?

3. Üben Sie sich in Gelassenheit

Ein buddhistischer Spruch lautet: "Was Du denkst, bist Du. Was Du bist, strahlst Du aus. Was Du ausstrahlst, ziehst Du an". Natürlich muss man sich wie beispielsweise beim Coronavirus der "ausgehenden Gefahr gewahr sein. Doch wenn wir es schaffen, uns in Gelassenheit zu üben, dann wird diese Gelassenheit auch wieder zu uns zurückkommen", ist sich Pelzguter sicher. Dabei hilft bewusstes Atmen. "Tiefe Atemzüge bis in den Bauch vermitteln kurzfristig ein Ruhegefühl. Auch in Momenten der Verzweiflung oder einer aufkeimenden Panik kann die Konzentration auf die Atmung helfen."

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4. Nutzen Sie die Kraft der Gedanken

Nicht immer sind wir dazu in der Lage, die Dinge zum Besseren zu wenden. Dann müssen wir die Situation so akzeptieren, wie sie ist. "Und aushalten, dass wir noch nicht wissen, wie es weitergeht. Das ist oft sehr schwierig, vor allem dann, wenn die eigene Existenz bedroht ist", sagt Pelzguter. In Situationen wie diesen helfe es aber, ein positives Bild der Zukunft zu zeichnen. Stellen Sie sich vor, dass es Ihnen in zwei, drei Monaten gut geht. Dass Sie Ihrer Arbeit in gewohnter Weise nachgehen können und Ihre finanzielle Lage im Griff haben.

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"Nutzen Sie die Kraft der Gedanken! Das bewirkt oft noch mehr, als wenn man eine Handlung tatsächlich ausführt", weiß die Psychologin und rät: Machen Sie es wie ein Profi-Skifahrer, der den Hang im Geiste hinunterflitzt und sich dabei vorstellt, jede Kurve optimal zu fahren. Eine weitere Methode, um den positiven Ausgang einer Krise zu visualisieren und letztlich herbeizuführen, ist sich die Frage zu stellen: Was wünsche ich mir nach der Krise? Und was kann ich tun, um es Realität werden zu lassen?

5. Beweisen Sie Humor

"Humor ist eine Fähigkeit, die man trainieren kann", weiß die Glückspsychologin und rät gerade in Zeiten der Krise viel und ausgiebig zu lachen. Um der eigenen humorvollen Seite auf die Sprünge zu helfen, könne man ihr eine Gestalt geben. Wie sieht der Spaßmacher in uns aus? Ist es vielleicht ein tollpatschiger Clown? Oder die kleine Pipi Langstrumpf? Sobald unsere humorvolle Seite eine Gestalt hat, kann man ihr den Raum geben, den sie braucht, sich fragen "Was würde dieses Wesen jetzt tun?" und es ihm gleichtun. "Hier können wir uns von Kindern viel abschauen", weiß die Expertin.

6. Führen Sie ein Glückstagebuch

Das Glückstagebuch ist nicht umsonst zum Klassiker in Sachen positives Denken avanciert. Überlegen Sie sich am Ende des Tages, was Ihnen heute Freude gemacht hat. Und notieren Sie es in einem Büchlein. "Auf diese Weise werden wir sensibler und bemerken auch schon während des Tages schöne Momente, die wir dann am Abend aufschreiben können", erklärt Pelzguter. Das Aufschreiben sei deshalb so wichtig, weil der Gedanke an den schönen Moment zu schnell wieder verfliegt, als dass man ihn sich für längere Zeit merken könnte.

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7. Sorgen Sie für Krisenzeiten vor

Es ist nie zu spät, mit dem positiven Denken zu beginnen. Dennoch schadet es nicht, sich so früh wie möglich darin zu üben. Dann hat man im Falle des Falles schon die eine oder andere Strategie parat, auf die man zurückgreifen kann. Eine Möglichkeit, die sich hier bietet, ist eine Liste anzulegen, auf der Sie alles, wovon Sie wissen, dass es Ihnen guttut, notieren. Da es einem in Krisenzeiten oft nicht so schnell gelingt, den Blick aufs Positive zu richten, kann diese Liste rasch Abhilfe schaffen. Denn gerade in Zeiten der Krise lautet die Devise: Tun Sie sich etwas Gutes und genießen Sie es!

8. Seien Sie dankbar

Auch - oder vor allem - in schwierigen Zeiten sollten wir uns immer wieder auf das besinnen, wofür wir dankbar sein können. "Zum Beispiel dafür, dass wir in Österreich ein gutes Gesundheitssystem haben und sich die Regierung überlegt, wie sie wirtschaftlich unterstützen kann", erinnert Pelzguter. "Es gibt so viele Dinge, für die wir sehr, sehr dankbar sein können." Losgelöst von allen materiellen Werten. Angefangen bei der Tatsache, dass wir jeden Morgen aufstehen können. "Nicht umsonst sagt man, dass Dankbarkeit der Schlüssel zum Glück ist."

9. Nutzen Sie Ihre Ressourcen

Manchmal ist die Verzweiflung aber auch so tief, dass es schwer fällt, positiv zu denken. Dass die eigenen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen. Dann sollte man seine Ressourcen mobilisieren. Das kann ein Gespräch mit Freunden sein. Das kann aber auch therapeutische Beratung sein. "Wenn ich spüre, dass die Verzweiflung, die Angst immer größer wird oder immer wiederkehrt, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen" rät die Expertin. Je früher man diese in Anspruch nimmt, desto schneller lässt sich das Problem meist auch wieder beseitigen.