Paul-Anton Esterházy:
Der Fürst will seine Burg zurück

Paul-Anton Esterházy klagt Stiftungsvorstand und Vermögensmanager Stefan Ottrubay auf Rückgabe der Burg Forchtenstein. Der Prozess hat Präzedenzfallcharakter im Streit um das Gesamtvermögen

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Paul-Anton Esterházy de Galantha, 32, Sohn von Anton II. und Ursula Esterházy, ist ein höflicher junger Mann mit gepflegtem Erscheinungsbild und gewählten Ausdrucksformen. Der Investmentbanker, der in St Andrews und Oxford Betriebswirtschaft, internationale Politik und Management studierte, ist Spross der bis ins 13. Jahrhundert zurückgehenden Adelsfamilie und entsprechend um Contenance bemüht. Wenn es jedoch um Familienvermögen geht, tut er sich ebenso wie sein Anwalt, Maximilian Schaffgotsch, schwer, diese zu behalten. Immerhin geht es um Werte in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Und um die sieht sich die Familie -genauer die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichende fürstliche Linie, deren Repräsentant Paul-Anton ist - betrogen. Auch wenn er selbst nicht dieses Wort in den Mund nehmen würde.

Seit mehr als einem Jahrzehnt schwelt ein Streit zwischen ihm und seinen Eltern und Stefan Ottrubay, der als Vorstand und Geschäftsführer mehrerer Esterházy- Firmen das Sagen hat, was mit dem Vermögen geschieht. Seit 2011 wird dieser Streit auch vor Gericht ausgetragen. Aufgrund der Auflösung des Stiftungsbeirates haben Paul-Anton und die Seinen weder Einfluss auf die geschäftlichen Aktivitäten noch Kontrollrechte und sie erhalten seit 2009 keine finanziellen Ausschüttungen mehr.

Spätestens seit der aufsehenerregenden "Doch-nicht-Entführung" von Ottrubays 88-jähriger Mutter Magdolna durch dessen Schwester Elisabeth András-Ottrubay ist es mit der noblen Zurückhaltung endgültig vorbei. "Vieles ist in den 18 Jahren der Ära Ottrubay passiert, was wir als Familie nie vertreten hätten. Er vertritt eine ganz andere Führungs-und Unternehmenskultur, als es das Ethos der Familie verlangen würde", sagt Paul-Anton Esterházy im Gespräch mit News.

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Er und Anwalt Schaffgotsch unternehmen alles, um doch noch den Zugriff auf das Familienvermögen zu bekommen. Wichtigster Schritt dabei ist ein Gerichtsverfahren, das derzeit am Landesgericht Eisenstadt läuft. Es geht dabei um die Rückforderung der Burg Forchtenstein, wie Bernhard Kolonovits, Vizepräsident des Landesgerichts, bestätigt.

»Stefan Ottrubay vertritt eine ganz andere Führungs-und Unternehmenskultur, als es das Ethos der Familie verlangen würde«

Die Burg, die ein Wahrzeichen des Burgenlands und eine bekannte Kulturstätte ist, macht zwar nur einen Bruchteil des Familienvermögens aus (siehe Kasten); der Prozess ist aber symbolhaft und könnte als Präzedenzfall entscheidend im Streit um das Gesamtvermögen sein. Inhaltlich geht es nämlich darum, ob bei der Eigentumsübertragung nach dem Tod von Paul-Antons Onkel Paul V. 1989 das alte Familienerbrecht anzuwenden gewesen wäre.

Altes Familienrecht

"Die Kernfrage ist, wie das Testament auszulegen ist", sagt Schaffgotsch. Laut dem Testament von Paul V. aus dem Jahr 1986, "das in der jahrhundertealten Tradition der Bindung des Vermögens an die Familie Esterházy steht", sei dessen Witwe Melinda "nur als Testamentsvollstreckerin, wozu sie auch ausdrücklich berufen wurde, zu betrachten und nicht als Universalerbin der Familienbesitzungen". Ihr sei de facto lediglich Pauls Schweizer Millionenvermögen zugestanden. Demnach sei sie auch nicht Eigentümerin des historischen Esterházy-Vermögens gewesen. Zudem besagt die familiäre Fideikommiss-Tradition, dass der Erstgeborene der Verwalter des unveräußerlichen Familienbesitzes sei. Und habe der keine Nachkommen, gehe der Besitz auf den nächstjüngeren Bruder über -in dem Fall wäre das Anton Esterházy gewesen, der Großvater von Paul-Anton.

Folgt das Landesgericht Eisenstadt dieser Argumentation, so würde dies in Konsequenz auch auf die anderen Vermögenswerte zutreffen. Das wiederum hätte weitreichende Folgen für Stefan Ottrubay. Der freilich bezeichnet es eher als "Skurrilität, das Fideikommiss-Dokument als Basis für die Erkämpfung der Burg Forchtensein zu nehmen". In der Regel würden solche Dokumente für den modernen Rechtsverkehr nicht mehr genutzt.

Eine Aussage, die Paul-Anton Esterházy so nicht stehen lassen will: "Die Klage ist nicht einfach auf eine alte Urkunde gestützt. Es geht um die korrekte Auslegung des Testaments nach Fürst Paul V. und die Durchsetzung seines wahren Willens. Dazu war Melinda berufen, und zwar als Testamentsvollstreckerin. Das war sie nämlich auch; und das konnte sie nur sein, um den Willen des Erblassers gegen andere Erben -und nicht sich selbst -durchzusetzen. Die Erfüllung dieser Testamentsvollstreckung hat nun zu geschehen."

Ein Urteil in dem Verfahren wird schon in wenigen Wochen erwartet, doch egal, wie dieses ausfällt, niemand geht davon aus, dass die Causa damit beendet sein dürfte. "Das Verfahren wird sicher wohl alle Instanzen durchlaufen", sagt der Vizepräsident des Landesgerichts; was auch Schaffgotsch bekräftigt.

Prozess in Ungarn

Indirekte juristische Schützenhilfe verspricht sich der Anwalt übrigens von einem Gerichtsverfahren, das derzeit in Ungarn abgehandelt wird. Bei diesem will wiederum Ottrubay, dass der ungarische Staat Teile der sogenannten Forchtensteiner Schatzkammer retourniert. Es handelt sich um 70 wertvolle Objekte, die bis 2016 im Budapester Kunstgewerbemuseum und seither in Schloss Esterházy in Fertöd gelagert sind. Brisant an dem Prozess sei im Zusammenhang vor allem, dass von ungarischer Seite die Frage aufgeworfen worden sei, wer nun eigentlich verfügungsberechtigt über das Esterházy'sche Vermögen sei, erklärt Schaffgotsch. Auch nach Ansicht Ungarns sei das Paul-Anton.

Bisher hat es eine Reihe von Prozessen zwischen Ottrubay und der Esterházy'schen Fürstenlinie gegeben. So beantragte Paul-Anton bei den beiden großen Stiftungen -der Domänen Privatstiftung und der F. E. Familien-Privatstiftung -, denen die wichtige Esterházy Betriebe GmbH gehört, eine Änderung der Vorstandsbesetzung. Mit der Folge, dass sich Ottrubay daraus zurückzog. In einem weiteren Prozess machte er Einsichtsrechte in einem anderen Verfahren und vorenthaltene Auszahlungen geltend. "Hier bin ich gescheitert, weil ich angeblich nicht aktuell Begünstigter bin. Das hat Ottrubay bewerkstelligt", sagt Paul-Anton Esterházy.

»Die Kernfrage ist, warum er die Kontrollrechte über die Esterházy-Unternehmen sabotiert«

Zuletzt ging es auch um Kredit-und Rufschädigung, der sich Ottrubay ausgesetzt sah. Und zwar rund um eine kritische Analyse des komplexen, von Ottrubay im Lauf der Jahre konstruierten Firmenimperiums durch den Wirtschaftsprüfer Werner Albeseder bzw. in Zusammenhang mit den kulturellen Aktivitäten der Esterházy-Gruppe. Diese Verfahren endeten mit einem Vergleich. Etwa der letzte Prozess, der im Herbst 2018 abgeschlossen wurde. Dass sich dabei beide Parteien auf eine Spende von je 500 Euro für das Joseph Haydn Konservatorium einigten, legt nahe, dass es bei den Auseinandersetzungen auch ums Prinzip geht. Und darum, "die Familie mundtot zu machen", wie Anwalt Schaffgotsch vermutet.

Paul-Anton Esterházy zeigt sich von den bisherigen Auseinandersetzungen jedenfalls unbeeindruckt: Er hat vor, weiter um das aus seiner Sicht ungerechtfertigterweise entzogene Familienvermögen zu kämpfen. Die nächsten entsprechenden Schritte werden gerade vorbereitet. Anwalt Schaffgotsch: "Wir prüfen, wie weit wir bereits beendete Verfahren wiederaufnehmen können." Das Verfahren um die Burg Forchtenstein könnte jedoch ein für alle mal alle Debatten im Burgenland beenden.

© Shutterstock/Radoslav Kellner Burg Forchtenstein. Das weithin bekannte Kulturdenkmal steht derzeit im Mittelpunkt eines Prozesses zum Erbrecht bei den Esterházys

Paul-Anton betont, dass es ihm nicht um die Apanage geht - bis 2009 erhielt er jährlich 50.000 Euro brutto, seine Mutter ebenso viel und sein Vater etwas mehr -, sondern um die Kontrollrechte und das Verantwortungsgefühl im Umgang mit dem Familienvermögen: "Das wurde über die Jahrhunderte aufgebaut und ist ein Schatz für das Burgenland und die westungarische Kulturlandschaft."

Ottrubay, der als Neffe der eingeheirateten Melinda Esterházy 2001 unvermittelt aufgetaucht sei, habe die Familie gezielt ausgeschlossen. Dabei sei diese zuvor im Umfeld der Domäne als Nachfolger anerkannt gewesen. "Die Kernfrage ist, warum er die Kontrollrechte über die Esterházy-Unternehmen sabotiert", erklärt Paul-Anton, der sich besonders darüber aufregt, dass sich Ottrubay als "Zentrum der Esterházy'schen Familienkultur" bezeichnet: "Meint er den schlechten Witz ernst? Bei Esterházys rufen sich jedenfalls die Geschwister gegenseitig an und nicht die Polizei, wenn der eine die Mutter beim anderen abholt. Das nur als einfaches Beispiel. Ottrubay ist nicht Mitglied der Familie Esterházy. Punkt."

Vermögen

Kompliziertes Firmenimperium

In Summe wird das Esterházy-Vermögen auf rund eine Milliarde Euro geschätzt; aber so genau weiß das niemand. Es ist auch schwer, den Wert von Burgen, wie Forchtenstein, dem Schloss Esterházy in Eisenstadt oder Schloss Lackenbach zu klassifizieren. Mit 44.000 Hektar Land gilt die Domäne jedenfalls als größter privater Grundbesitzer Österreichs. Auch der Überblick über das aus Stiftungen und mehr als 40 Unternehmen bestehende und von Stefan Ottrubay gemanagte Firmenimperium mit zuletzt 327 Mitarbeitern und einem Umsatz von 53 Millionen Euro gestaltet sich nicht besonders einfach.

Stiftungskonstruktion. Nach dem Tod von Paul Esterházy 1989 trat seine Witwe Melinda das Erbe an. Zwischen 1994 und 2004 brachte sie das Familienvermögen mit allen Betrieben und Immobilien in mehrere Privatstiftungen ein, bei denen ein Familienbeirat als Kontrollorgan vorgesehen war. Heute bilden die Esterházy Privatstiftung, die F. E. Familien-Privatstiftung Eisenstadt und die Domänen Privatstiftung den Kern der Wirtschaftsaktivitäten; am wichtigsten für das operative Geschäft ist die Esterházy Betriebe GmbH. Deren Leitung übertrug Melinda Esterházy 2002 ihrem Neffen Stefan Ottrubay, der sukzessive die Macht über das Familienimperium übernahm. Vor mehr als zehn Jahren wurde der Stiftungsbeirat aufgelöst, seit 2009 bekommen die Mitglieder der fürstlichen Familienlinie keine finanziellen Ausschüttungen mehr. Seitdem wird erbittert um die Kontrolle und Einsicht ins operative Geschäft der Unternehmen gestritten.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 5/19

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