Ein Geschwisterzwist
im Hause Ottrubay

Ein Entführungsfall bei den Esterházys erwies sich als kriminalistische Groteske: Die greise Mutter von Stiftungs-Chef Stefan Ottrubay weilt bei ihrer eigenen Tochter in Tirol. News hörte sich um.

von Esterházys - Ein Geschwisterzwist
im Hause Ottrubay © Bild: imago/Viennareport

Dieser Aspekt der Esterházy 'schen Zerwürfniskultur war der Öffentlichkeit stets verborgen geblieben. Bisher - darüber war man sich im Burgenland samt weiterem Umkreis einig -schienen die Streitparteien klar gruppiert: Hier das uralte Fürstengeschlecht derer zu Esterházy; dort der bürgerliche Spitzenmanager Stefan Ottrubay, der die in Beschaulichkeit nutznießenden Durchlauchten das Fürchten lehrte, als er Verfügungsgewalt über das enorme Familienvermögen erlangte. Und jetzt? Ein Privatmatch Ottrubay gegen Ottrubay.

Jedenfalls schossen am vergangenen Dienstag sogleich die Verschwörungstheorien aus der gefrorenen burgenländischen Erde. So, als reichten die Eilmeldungen nicht für die höchstbesetzte Kriminalgroteske seit Mayerling: Ottrubays greise Mutter sei am Dienstag um 15.30 Uhr auf dem Weg zur Eisenstädter Bergkirche in eine von mindestens zwei schwarzen Limousinen gezerrt und in hohem Tempo aus der Reichweite der rüde beiseite gestoßenen (aber unverletzten) Pflegerin verbracht worden. "Ein Mann und eine Frau" hätten die 88-jährige Dame vom Rollator geholt, Beihilfe habe eine hochgewachsene blonde Dame geleistet.

Sogar Studio Burgenland verwies da auf die aktenkundige Feindschaft zwischen den Esterházys und dem bürgerlichen Familienschreck Ottrubay. Schon sah man die alte Dame in einem Verlies schmachten: womöglich im staatlich-ungarischen Stammsitz Fertöd, wo Oberhaupt Fürst Anton II. in stolzer Schmach für Kost und Logis als eine Art Museumsführer amtiert. Andere vermuteten sie in den Tiefen eines Weinkellers - Ottrubay habe sich unter seinen Pächtern genügend Feinde gemacht. Allein: Während noch per Alarmfahndung Autos mit ungarischen Kennzeichen perlustriert wurden, erfolgte die umfassende Entwarnung: Magdolna Theresia Ottrubay sei wohlbehalten bei ihrer eigenen Tochter Elisabeth Andras-Ottrubay in der familieneigenen Wohnung in Kitzbühel aufgefunden worden. Jetzt weiß niemand mehr aus und ein. Die Sache sei privat, verlautbart im Namen von Stefan Ottrubay dessen wortkarger Sprecher Josef Kalina, vormals SPÖ. Die Polizei ermittle nach wie vor wegen Entführung und Körperverletzung (der an sich unverletzten Pflegerin).

Wer ist Ottrubay?

Zum Verständnis muss man die Familiengeschichte kennen. Schlüsselgestalt war Stefan Ottrubays Tante Melinda, geborene Ottrubay, gelernte Tänzerin und seit 1946 mit dem Familienoberhaupt Paul V. Esterházy verheiratet. Sie war die Schwester von Stefan Ottrubays Vater Josef, der sie beriet, als Fürst Paul 1989 starb. Seine Empfehlung: das gigantische Familienvermögen, welches das halbe Burgenland umfasst, in eine Stiftung einzubringen. Die Familienmitglieder amtierten zunächst einträchtig im Beirat. "Bis ein gewisser Istvan kam", wie es ein empörtes Familienmitglied formuliert.

Besagter Istvan, zu Deutsch "Stefan", sei anno 2000 plötzlich in Eisenstadt aufgetaucht und habe auf die greise Fürstin Melinda immer größeren Einfluss genommen. Bis die Familie aus der Stiftung draußen war. Mit unzureichender Abfindung, klagen die Durchlauchten. Mit mehr als reichlicher Abfindung, erwidert Ottrubay, der aus einem modernden einen modernen Betrieb mit 53 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2017 formte. Zu diesem Zweck habe er "siebzigjährige Mitarbeiter langsam in den Ruhestand geschickt, Pfründe eingeschränkt und abgestellt".

Die Familie wiederum ließ sogar durchblicken, Ottrubay halte die alte Fürstin Melinda unter Kuratel - was sich als Unterstellung erwies. Als sie 2014 starb, war Ottrubay jedenfalls Herr über das Stiftungsgeflecht, somit über gewaltige Ländereien und Betriebe.

Seine eigene bürgerliche Herkunft stellte er nie in Abrede: Die Großeltern wanderten aus Polen und Rumänien zu, beide Eltern mussten vor dem stalinistischen Regime Ungarns in die Schweiz flüchten, wo sie einander als Studenten im Emigrantenkreis fanden. Die -nunmehr doch nicht entführte -Mutter war Kinderkrankenschwester, der Vater brachte es zum Leiter der Technischen Hochschule in Luzern. Die fünf Kinder wurden alle etwas.

Die Schwester

Womit Elisabeth Andras-Ottrubay, die Schwester, bei der Mutter Ottrubay nunmehr aufgetaucht ist, ins Spiel kommt. Sie war in höherer Position beim Auktionshaus Sotheby's tätig, ist mit ihrer Familie - eine Tochter wird als blond und hochgewachsen beschrieben -in der Schweiz ansässig und hält in Kitzbühel einen Wohnsitz.

Am 7. September 2015 verstarb im 90. Lebensjahr Josef Ottrubay, der Vater Stefan Ottrubays und seiner vier Geschwister, laut Esterházy-Stiftung "wichtigster Berater" der seligen Fürstin Melinda. Er soll seiner Gattin ein kleines Vermögen hinterlassen haben.

Sicher ist: Stefan Ottrubay wollte seine Mutter nach Eisenstadt holen, erwarb hier für sie eine Wohnung und heuerte eine Pflegerin. Das wollte indes dem Schweizer Zweig nicht gefallen, und angeblich sollte Magdolna Theresia Ottrubay in wenigen Wochen in eine Schweizer Seniorenresidenz übersiedeln. Ob sie das auch wollte bzw. wie und weshalb sie nun auf dem Weg zum stillen Gebet in die familieneigene Limousine geriet: Das ist die Frage, die auch Gerüchte nicht zu beantworten wissen.

Der Beitrag erschien ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 4/2019)

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