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Signa: Ein Jahr nach dem K. o.

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©Fotomontage: Istockphoto, Johann Groder / EXPA / picturedesk.com
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Der Zusammenbruch der Signa-Gruppe rund um Finanzjongleur René Benko jährt sich dieser Tage zum ersten Mal. Grund genug, einen Rückblick auf die Entwicklungen der letzten Monate zu werfen. Was macht eigentlich René Benko? Und was wurde aus seinen engsten Vertrauten?

Im Spätherbst 2023 sollte das vorsätzlich verschachtelte Signa-Konstrukt auf dem harten Boden der Realität landen. Eine einmalige Bruchlandung, die seither ihren Platz in den Geschichtsbüchern hat. Freilich im negativen Sinne.

In Worten ausgedrückt: Die Pleite der Signa-Gruppe steht für die mit Abstand größte Insolvenz der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. In Zahlen: Der Schuldenberg macht in Summe gut 25 Milliarden Euro aus. Es gibt einige Beobachter, die meinen, der vormals von den meisten Medien gehypte Höhenflieger Benko habe das dicke Ende wohl schon kommen gesehen. Bereits über die Sommermonate 2023 hatte sich der vermeintliche „Wunderwuzzi“ der Immobilienwirtschaft nebenher auf seinen ganz persönlichen Rettungsschirm konzentriert: auf die von ihm gegründeten Privatstiftungen in Österreich und in Liechtenstein. Dort parkte der Tiroler mit Unterstützung eines inneren Kreises an loyalen Mitstreitern seine millionenschweren Reserven. Angelegt waren diese zum Teil in physischen Goldbarren, gelagert in Tresoren in drei Banken im verschwiegenen Fürstentum Liechtenstein. Von dort sollten rund um den Big Bang des Signa-Konzernkonglomerats Millionen an seine Mitstifterin, Mutter Ingeborg Benko, transferiert werden. Um schlussendlich, als Darlehen von der Mutter an den Sohn deklariert, wieder bei René Benko persönlich zu landen.

Benko ist wohl weiterhin ein vielbeschäftigter Mann. Obwohl er sich aktuell mit einem offiziellen Monatseinkommen von 3.700 Euro begnügen muss. Nicht verändert hat sich auch nach seinem persönlichen Konkurs als Unternehmer sein privates Sicherheitsbedürfnis: Auch in den letzten Monaten sollte der mittlerweile 47-Jährige weiterhin eine Vielzahl an Personenschützern um sich versammeln, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Eine Angelegenheit, die schnell ins Geld geht. Und für deren Kosten, teilweise bis zu 100.000 Euro im Monat, immer wieder Benkos Mutter Ingeborg aufkommen musste.

Doch was treibt Benko an? Womitvertreibt er sich die Zeit? Um diese Fragen zu klären, begaben sich „News“ und „Krone“ in den letzten Monaten auf Spurensuche in sein Schattenreich. Im Kern ist das tief gefallene Signa-Mastermind darum bemüht, das Vermögen seiner noch bestehenden unternehmerischen Dunkelkammer weiter zu verwalten. Aus Benkos Sicht betrachtet: Er gilt weiterhin als „Chefberater“ seiner bestehenden Stiftungen. Doch ganz so weit weg von der operativen Führung seiner verborgenen Schätze scheint der auf dem Papier mittel- und funktionslose Tiroler dann doch nicht zu sein. Das geht zumindest aus einem vertraulichen Mailwechsel mit einem seiner Manager hervor. Darin beschimpft Benko den Geschäftsführer einer Gesellschaft der Laura Privatstiftung im Frühjahr 2024 mit folgenden wüsten Worten:

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MASTERMIND: René Benko zieht im Hintergrund weiter die Fäden in seinem Schattenreich

 © Johann Groder/EXPA/Picturedesk.com

Bist du geisteskrank? Wir hatten heute ein spontanes Telefonat, ob der Käufer für M25 und Adamgasse bereits bekannt ist und nicht eine Silbe mehr. Wir haben keine Silbe über weitere Häuser geschweige denn alle Häuser gesprochen und auch nicht über kurzfristigen Liquiditätsbedarf.

René Benko

Abverkauf

Doch auch Benkos Laura-Gruppe benötigt dringend Liquidität. Immobilien, vornehmlich Zinshäuser, werden diskret auf dem Markt angeboten. Ein millionenschweres Werk des US-amerikanischen Künstlers Jean-Michel Basquiat, das zur Sammlung der Laura-Stiftung zählt, wird in die Liechtensteiner Stiftung verschoben. Mit dem Ziel, vom Fürstentum liquide Mittel nach Österreich zu bekommen.

Auch andere Insignien des scheinbaren Milliarden-Imperiums werden in den ersten Monaten des Jahres 2024 eilig abgestoßen. Etwa die 62-Meter-Yacht „Roma“. Das Geld aus dem Abverkauf sollte unmittelbar zum Stopfen der finanziellen Löcher verwendet werden: Am 12. März 2024 gingen vom Käufer der Yacht, einem niederländisch-südafrikanischen Investor, 20,7 Millionen Euro auf einem Konto der Laura Privatstiftung bei einer Liechtensteiner Bank ein. Noch am gleichen Tag wanderten von dort 15,1 Millionen Euro auf ein Konto der Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG. Ganz offensichtlich diente die Überweisung der Tilgung eines 15-Millionen-Kredits, den die Liechtensteiner Bank noch im Sommer 2023 der Schlosshotel Igls GmbH zur Verfügung gestellt hatte. Mit einer Garantie der Laura-Privatstiftung. Von der Schlosshotel Igls GmbH wird die Südstaatenvilla im Innsbrucker Stadtteil Igls gehalten, in der René Benko nach wie vor residiert. Die intern mit 86 Millionen bewertete Villa war Ende Juni unter anderem Schauplatz einer Razzia, die von Ermittlern des Bundeskriminalamts im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatanwaltschaft Ende Juni 2024 durchgeführt wurde.

Von Innsbruck-Igls aus soll René Benko im Sommer 2024 die eine oder andere Auslandsreise unternommen haben. In Richtung Ibiza, wo eine Gesellschaft im Einflussbereich seiner Frau eine millionenschwere Finca besitzt. Und in Richtung Gardasee, wie Recherchen von News und „Krone“ ergeben.

Und was wurde aus René Benkos langjährigen Weggefährten? Haben sie ihm die Treue gehalten? Oder haben sie das Weite gesucht?

Marcus Mühlberger

Der im vertrauten Kreis von René Benko schon mal abschätzig als „mein Unterschriften-August“ bezeichnete 62-jährige Tiroler war in den letzten Monaten weiterhin im engsten Kreis rund um Benko anzutreffen. Mühlberger, der sich gerne im britischen Look gibt und dazu Siegelring und Manschettenknöpfe trägt, wich auch in Benkos vermeintlich dunkelsten Stunden nicht von dessen Seite. Der langjährige Geschäftsführer der Signa Holding, nebenbei auch Vorstand der mittlerweile insolventen Familie-Benko-Privatstiftung, genoss weiterhin das uneingeschränkte Vertrauen des Signa-Gründers. Dieses ist auch vonnöten, um in den weniger beleuchteten Winkeln des Benko-Reiches agieren zu können.

Mühlberger war rund um die Stiftungen in Österreich und Liechtenstein weiterhin im Sinne seines Geldgebers unterwegs. Im Wesentlichen kümmert er sich um die Verzweigungen im deutschen Portfolio des Stiftungskonstrukts. Dafür sollen schon kurz nach der Insolvenz der Signa Holding monatlich knapp 10.000 Euro als Honorar von einer Benko-Gesellschaft an eine Mühlberger-Firma geflossen sein.

Am 25. Juni 2024 klopfte es allerdings nicht nur an René Benkos Tür. Ermittler der Soko Signa durchsuchten im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auch die privaten Räumlichkeiten von Marcus Mühlberger. Laut Verdachtslage geht es um mutmaßlich schweren Betrug. Mühlberger war sowohl als Vorstand der Familie-Benko-Privatstiftung als auch als Geschäftsführer der Signa Holding in Kreisüberweisungen involviert. Mühlbergers Anwalt ließ auf Anfrage ausrichten, dass „sein Mandant das laufende Ermittlungsverfahren im jetzigen Stadium nicht näher kommentieren möchte.“

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ZAHLENMANN: Der langjährige Benko-Vertraute Manuel Pirolt war noch bis Sommer 2024 für die Signa tätig

 © Signa/Stephan Pick

Manuel Pirolt

Der langjährige Finanzchef der Signa- Gruppe war über Jahre Benkos Mann der Zahlen. Er sollte zu jeder Tages- und Nachtzeit zu seiner Verfügung stehen. Von Innsbruck aus, dort war der gebürtige Vorarlberger Pirolt wohnhaft. Eine tiefere Beziehung zu Land und Leuten konnte sich der 41-Jährige dort nicht aufbauen. Dafür blieb auch kaum Zeit, wenn man das Pensum betrachtet, das er für Benko zu absolvieren hatte.

Es war eine Beziehung mit einem Oben und einem Unten. Oben war Benko, unten Pirolt. Noch im Juni 2023 nahm Pirolt sein Herz in die Hand. Er wollte raus aus Innsbruck, endlich. Nichts wie weg. Lieber von Wien aus arbeiten. Doch dafür brauchte es Benkos „Go“.

Benko allerdings war, obwohl eigentlich nur als Berater für die Signa und deren Vorstand Pirolt tätig, alles andere als begeistert von den Umzugsplänen seines obersten Finanzplaners.

Die Tatsache, dass wir uns wöchentlich mehrmals physisch sehen und insbesondere auch einmal am Wochenende, ist mit Wien nicht kompatibel...Du bist auch keiner, der in Wien Kontakte pflegt – da Du kein Kontakter bist...Und Du bist auch kein Strukturierer und Organisator, der den Wiener Standort aufräumen wird – Du bist Wirtschaftler und Finanzer...Ich will auch beim dem Gehalt, den Du bekommst, keine Einschränkungen für mich machen.

René Benko

Aus dieser Botschaft wird ersichtlich, mit welcher Vehemenz der offiziell funktionslose Benko auf Pirolt Druck ausübte. Das sollte sich auch nach dem Zusammenbruch der Signa über Monate nicht ändern. Auch wenn sich Pirolt schlussendlich gegen die Vorstellungen von Benko durchsetzen und nach Wien wechseln konnte, war er doch auch nach dem Kollaps der Signa-Gruppe weiterhin in Teilen der so genannten Laura-Sphäre, also im Schattenreich Benkos tätig. In verschiedenen Funktionen.

Erst mit Ende Juni 2024 legte Pirolt seine Vorstandsfunktionen bei der Signa Prime und der Signa Development nieder. Er erhielt – trotzdem er Benko nahesteht – einen Beratervertrag, der mit Ende September 2024 plötzlich beendet wurde. Dem neuen Vorstand war scheinbar die Nähe zum Signa-Gründer dann doch zu heiß. Nun ist Pirolt mit der Restrukturierung seiner privaten Handelsaktivitäten beschäftigt.

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EX-BENKO-STATTHALTER: Christoph Stadlhuber ist mittlerweile in Niederösterreich als Berater aktiv

 © Andreas Tischler/Picturedesk.com

Christoph Stadlhuber

Der einstige Chef der staatseigenen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) war René Benkos langjähriger BIG-Mann. Bereits vor dem offiziellen Seitenwechsel stand er in regem und vertraulichem Austausch mit seinem späteren Big Boss. Wie es der Zufall so wollte, war der Signa-Vorstandsvertrag da schon entworfen.

Für René Benko fungierte Christoph Stadlhuber als Statthalter in Wien mit Zugang zur Politik und zu den Immobilienentwicklern. Stadlhuber ebnete Benko und der Signa den Weg in die Wiener Innenstadt. Der passionierte Jäger war auch ein begnadeter Netzwerker. So verwaltete er etwa gemeinsam mit dem ehemaligen Telekom-Manager und Signa-Jagdkoordinator Michael Fischer die Einladungslisten zu den großen Signa-Jagden im Burgenland oder in der Steiermark. Auf einer der Einladungslisten aus den Jahren 2022 und 2023 findet sich etwa auch der Vorstand der Niederösterreichischen Versicherung Stefan Jauk wieder. Zur „Ansitzjagd auf Rotwild (3er-Hirsch)“ lud man in das Revier „Stüblergut“ in die steirischen Wälder am Gaberl.

Mit Juni 2024 war für Stadlhuber bei der Signa Holding dann Schluss. Er sollte sich als Berater selbstständig machen. Und konnte flugs einen spannenden Auftrag an Land ziehen: Laut Informationen von News und „Krone“ berät Stadlhuber mit seiner Beratungsfirma nun die NV IT und Projektentwicklung GmbH, eine Tochtergesellschaft der Niederösterreichische Versicherung AG. Ebendiese Firma hat ein besonders spannendes Projekt am Laufen: den Sonnenweiher in Grafenwörth. Das sogenannte „Mini-Dubai“ von Niederösterreich, bekannt geworden durch die Grundstückdeals des damaligen Gemeindebund-Chefs Alfred Riedl. Dafür verrechnete Stadlhubers Firma allein im Juni 2024 knapp 19.000 Euro an Beratungsleistungen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 45/2024 erschienen.

Causa René Benko

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