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„Schon wieder 1 Million aufgebraucht“: Als Geld bei den Benkos noch kaum eine Rolle spielte

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Aktualisiert
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8 min

Nathalie und René Benko

©IMAGO / VISTAPRESS

Im Zuge der laufenden Ermittlungen in der Causa Benko tauchen immer wieder neue Verdachtsmomente gegen den Immobilien-Jongleur auf. Dabei rücken auch René Benko, seine Ehefrau Nathalie und ihr luxuriöser Lebensstil zunehmend in den Fokus der Ermittler. News kennt die Hintergründe.

Im Jahr 2021 klang der Ton in der Welt der Signa noch ganz anders. Es war eine Zeit unbeirrbaren Selbstbewusstseins, großer – oder zumindest groß wirkender – Visionen und des festen Glaubens, dass Geld jederzeit mobilisierbar sei. Börsengänge in New York, Luxuskaufhäuser in Großbritannien: René Benkos Imperium drehte selbst in der Spätphase der Corona-Krise weiter am großen Rad – nicht an einer nachhaltigen Konsolidierung.

Die Panik kam erst ein Jahr später. Als der Ukraine-Krieg die Zinswende brachte, musste plötzlich alles sehr schnell gehen: Es begann ein hektischer Abverkauf, um die nächste Finanzspritze in den Signa-Kosmos zu pumpen.

Eine weitere Million bis Freitag

Doch 2021 herrschte noch immer der Rausch. In der Welt der Signa regierte das Gefühl, dass Geld jederzeit und von irgendwoher verfügbar sei. In diesem Klima wurde geplant, bestellt und luxuriös ausgestattet – als gäbe es kein Morgen, und erst recht keine späteren Ermittlungen. René Benko war dabei keine Randfigur, sondern tief in die Gestaltung eingebunden: Gemeinsam mit seiner Frau Nathalie stimmte er sich eng mit Innenraumdesignern und Architekten ab, feilte an Farbpaletten, Materialien – und an Möbeln bis ins Detail. In einer News und Krone vorliegenden Mail an seinen Interieur-Designer kommentierte er etwa eine Möbelskizze: „Kannst Du mir bei der eckigen Variante noch klassischere ‚eckige Sofas‘ rendern? Und auch die beiden Couchstühle gefallen nicht.“

Auch der Außenbereich war Chefsache: „Gibt es schon Ideenvielfalt von möglichen Gartenmöbeln – sowohl Lounge auf der Terrasse, Esstisch und Stühle – und die kleine Terrasse zum Frühstücken vor der Küche (ähnlich wie eine Pergola aus Capri)?“ Für die Ausstattung der Villa in Igls wurden laut internen Unterlagen mehrere Millionen Euro veranschlagt.

Wie selbstverständlich in der Signa-Welt mit Millionen jongliert wurde, belegt ein interner Mailverkehr aus dem Jahr 2021. Ein Mitarbeiter schrieb an den damaligen Chef-Controller im Signa-Reich, der inzwischen ein wichtiger Zeuge in den Ermittlungen zu sein scheint: „Würde gerne diese und weitere Rechnungen bezahlen. Leider haben wir die 1 Mio. schon wieder aufgebraucht.“ Die Antwort kam prompt und nüchtern: „Kümmere mich darum. Das Geld, also eine weitere Mio., solltest du bis Freitag aber haben.“

Ermittlungen

Was eher an postsowjetischen Oligarchen-Chic erinnert als an reduzierte Alpenästhetik, ist inzwischen Gegenstand intensiver strafrechtlicher Ermittlungen. Im Zentrum steht der Verdacht, René Benko habe Bestandteile seines Vermögens beiseitegeschafft oder zumindest zum Schein verringert – und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt oder geschmälert. Laut Gerichtsbeschluss soll dabei „ein noch festzustellender, EUR 300.000 übersteigender Schaden herbeigeführt worden sein“ – nach aktuellem Ermittlungsstand. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) prüft den Verdacht auf betrügerische Krida.

Besondere Aufmerksamkeit gilt der sogenannten „Villa N“ im Innsbrucker Stadtteil Igls. Die Ermittler vermuten, Benko habe dort Vermögenswerte im Umfang von acht Millionen Euro – konkret die lose Einrichtung – gezielt vor seinen Gläubigern verborgen. Im Gerichtsbeschluss ist von der „Verheimlichung seines Eigentums an den Einrichtungsgegenständen der Villa“ die Rede.

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Luxus-Villa. Das Anwesen der Laura Privatstiftung befindet sich im Innsbrucker Stadtteil Igls.

 © Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Dekadenz

Die Summen und Posten wirken wie das Inventar eines Lebensstils, der kein Maß mehr kennt. Nur noch Ausstattung, so teuer wie möglich. Laut einer News vorliegenden internen Aufstellung wurden allein für Möblierung bei einem Münchner Edel-Ausstatter 765.000 Euro veranschlagt, das Entertainmentsystem mit rund 600.000 Euro angesetzt. Für den Clubfloor waren 440.000 Euro kalkuliert, der Weinkeller mit fast 400.000. Selbst für Silberbesteck wurde ein Betrag von über 300.000 Euro ausgewiesen. Teppiche, Leuchter, Eingangshalle, Garderoben – kaum ein Raum, der nicht mit einem eigenen sechsstelligen Posten bedacht war.

Verrechnet wurde das offenbar an die Schlosshotel Igls GmbH & Co KG, einer Tochtergesellschaft der Laura Privatstiftung – im mutmaßlichen Einflussbereich von Benko selbst. Die Villa wurde von seiner Familie bewohnt. Die Miete übernahm laut Ermittlungsunterlagen seine Mutter. Zumindest bis zu seiner Festnahme im Jänner 2025.

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Interne Listen. Rund acht Millionen Euro wurden allein für die Einrichtung der Millionen-Villa veranschlagt

 © Beigestellt

Tresore

In der Villa war alles vorhanden – inklusive einem eigenen Tresorraum mit elektronischem Zugang, Vitrinen und abgetrennten Bereichen für Wertgegenstände. Doch das reichte scheinbar nicht. So berichtete ein ehemaliger Personenschützer vor den Ermittlern, dass in einem Nebenraum der Tiefgarage „mindestens zwei Tresore“ gestanden hätten. Einer davon sei gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter auf einen weißen Kastenwagen verladen und in ein abgelegenes Haus gebracht worden – zu engen Vertrauten der Familie.

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Die Innsbrucker Villa verfügt über einen eigenen Tresorraum.

 © Beigestellt

„Vielleicht noch den Zettel verbrennen“

Die Ermittler rekonstruierten den Vorgang anhand von WhatsApp-Nachrichten, Fotos und Hausdurchsuchungen. Demnach wurde der neue Tresor Anfang März bei einem Händler in Innsbruck ausgesucht und am 11. März geliefert – just einen Tag nach Insolvenzeröffnung. Die Bestellung, so der Ermittlungsbericht, sei „über Auftrag von Nathalie Benko“ erfolgt.

Am 10. März wurde ihr per WhatsApp ein Foto des freigeräumten Aufstellungsorts geschickt. Ihre knappe Antwort: „Perfekt.“ Wenig später schrieb sie: „Vielleicht noch irgendwann den Zettel verbrennen.“ Die Antwort: „Schon erledigt.“

Der Tresor – rund 1,5 Meter hoch, mit Zahlencode und Schlüsselloch – wurde laut Ermittlern vom Seniorchef der Firma persönlich angeliefert. Bei der späteren Hausdurchsuchung wurde er dann geöffnet. Der Inhalt: Bargeld, Ringe, Armbanduhren, Manschettenknöpfe. Die Bewohner gaben an, es handle sich um Eigentum der Familie Benko.

Die Ermittler sehen darin ein verdächtiges Muster. In der Gesamtschau spreche vieles für den Versuch, Vermögenswerte „gezielt aus dem direkten Zugriff der Gläubiger herauszulösen“, so ein Bericht der Soko Signa. Der Verdacht: Beitragstäterschaft zur betrügerischen Krida – durch die bewusste Verbringung von Eigentum ins engste familiäre Umfeld. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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