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Roger Federer: Spiel, Satz, Milliardär

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Roger Federer

©Getty Images

Roger Federer ist Sport-Milliardär – wie Michael Jordan, Cristiano Ronaldo und Tiger Woods. Wie die Schweizer Tennis-Ikone so reich geworden ist, welches Netzwerk hinter Federers Firmenimperium steht und warum Geld für ihn wohl doch nicht so unwichtig ist, wie er das gerne behauptet. Die Hintergründe zum Aufstieg des Schweizers in einen erlesenen Zirkel.

von Dominic Wirth, erstmals erschienen in der Neuen Züricher Zeitung

Als Magic Johnson 2023 vom Magazin Forbes zum Milliardär gekürt wurde, als vierter Sportler überhaupt, sprach die Basketball-Ikone darüber, wie gut es sich anfühle, dass er jetzt diesem erlesenen Kreis angehöre. Johnson sagte auch noch, dass es ihn inspiriert habe, was Michael Jordan geschafft habe: als erster Sportler überhaupt Milliardär zu werden.

Von Roger Federer sind keine solchen Sätze überliefert. Dabei hat Forbes auch den 44-Jährigen kürzlich zum Sport-Milliardär ausgerufen. Die weite Welt hat den ehemaligen Tennisstar zum Milliardär gemacht, aber sprechen tut er darüber wie ein Schweizer. Nämlich gar nicht. Überhaupt redet er seit seinem Rücktritt nur noch selten. Tony Godsick, sein Manager, reagiert auf eine Interviewanfrage nicht einmal mit einer Absage.

Milliardär als Sportler, das haben bisher nur wenige Menschen geschafft. Sie tragen Namen wie Tiger Woods und LeBron James oder eben Michael Jordan und Michael Johnson. Und jetzt also auch Roger Federer, geschätztes Vermögen laut Forbes: 1,1 Milliarden Dollar. Der Schweizer ist laut dem Magazin erst der siebente Sportler überhaupt, der die Marke geknackt hat.

Eigentlich finden sich Schweizer Sportler nie im Forbes, ihre Heimat ist dafür zu klein. Nur für einen gilt das nicht: Roger Federer, den Baselbieter, der auf den Tenniscourts von New York, London und Paris zum Weltstar wurde. Bevor er 2022 zurücktrat, tauchte er viele Jahre hintereinander auf der Liste der zehn bestbezahlten Sportler der Welt auf; einmal, 2020, führte er sie gar an – 106 Millionen Dollar, verdient in einem einzigen Jahr, vor allem dank lukrativer Sponsoringverträge.

Ungestümer Junge wird „Mister Cool“

Zu Federers großer Karriere gehört, dass sie mit einer Selbstzähmung beginnt. Am Talent fehlt es ihm schon als Junior nicht, aber an der Beherrschung. In jungen Jahren wütet und schimpft er, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er sich das vorstellt. Einmal, als der Sprössling nach einem Turnier wieder einmal mit erhitztem Gemüt den Heimweg antritt, hält der Vater Federer kurzerhand das Auto an und drückt ihm den Kopf in den Schnee.

Doch als junger Mann lernt Federer, seine Emotionen zu kanalisieren. Aus dem Wüterich wird „Mister Cool“, wie er später genannt wird, oder auch: „Mister Perfect“. Bald folgen die ersten großen Erfolge, Wimbledon, dann Australian und US Open, 15 Major-Siege allein zwischen 2003 und 2009.

„Eine religiöse Erfahrung“

Und wie Federer sie erringt, mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit, wie er über den Platz gleitet, anmutig und elegant, und wie er sich freut, authentisch und tränenreich, macht ihn zum viel besungenen Sporthelden. Der amerikanische Autor David Foster Wallace widmet Federer in jener Zeit einen Text in der New York Times, Titel: „Roger Federer als religiöse Erfahrung“.

Damit ist schon einiges gesagt über das Ausmaß der Ehrerbietung für Federer, der rasch zur weltweit begehrten Werbefigur wird. Er wirbt für Mercedes und Rolex, für Moët & Chandon, Lindt & Sprüngli, die Credit Suisse, den Privatjet-Anbieter Netjets. Für Wilson, Nike und später: für Uniqlo, den japanischen Ausrüster. Die Partnerschaften sind langjährig, viele bestehen auch heute noch, drei Jahre nach Federers Rücktritt.

David Carter ist Professor an der University of Southern California und Experte für Sportmarketing. Er sagt, Federer habe als Sportler herausgeragt und er habe es verstanden, eine Marke zu schaffen, die bei den Konsumenten ankomme. Dabei sei es eine Sache, einen Ruf aufzubauen. Und eine andere, dass dieser Ruf auch als organisch und glaubwürdig wahrgenommen werde. „Federer ist beides gelungen“, sagt Carter.

Beteiligung an der Schuhfirma On

Als Federer im Jahr 2018 vom amerikanischen Giganten Nike zu Uniqlo wechselt, ist das ein Paukenschlag. Der Vertrag katapultiert Federer in neue Sphären. Für zehn Jahre kassiert er 300 Millionen Dollar, Nike soll ihm zuvor in zwei Jahrzehnten ungefähr die Hälfte gezahlt haben. Auf den Tenniscourts hat der Baselbieter in seiner Karriere 131 Millionen Dollar Preisgeld eingespielt.

Multimillionär wird Federer auf dem Court, Milliardär wird er daneben. Und keine Entscheidung ist dabei wichtiger als sein Investment beim Schweizer Ausrüster On. Dort steigt Federer im Jahr 2019 ein und ist seither ein Gesicht der Firma. Er soll drei Prozent der Anteile halten. Es wird ein Deal, der sich für beide Seiten lohnt. 2021 geht On an die Börse. Seither wächst die Firma beständig. Unlängst berichtete der CEO Martin Hoffmann, On hangle sich „von Rekordquartal zu Rekordquartal“.

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Abschied und Neubeginn: Federer nach seinem letzten Match im Rahmen des Laver Cup am 24. September 2022 in Londons O2 Arena.

 © ANDREW BOYERS / REUTERS / picturedesk.com

Federers Anteile sind laut Forbes-Schätzungen mittlerweile 375 Millionen wert, wobei der Schweizer sich als Investor im Hintergrund hält. Das unterscheidet ihn von Michael Jordan, mit 3,8 Milliarden Dollar Vermögen der reichste Sportler der Welt.

Jordan kaufte im Jahr 2010 das NBA-Team Charlotte Bobcats für 275 Millionen Dollar; schon zuvor hatte er Minderheitsanteile an dem Klub gehalten und lenkte dessen sportliche Geschicke. Nun war Jordan Besitzer des Klubs, und das blieb er 13 Jahre lang.

Sportlich lief es bei den Hornets, wie die Bobcats bald hießen, nicht gut. Doch für Jordan, den besten Basketball-Spieler der Geschichte, lohnte sich das Geschäft trotzdem, weil der Wert von Sportfranchises in den USA in den letzten Jahren explodierte. Als Jordan 2023 den Großteil seiner Anteile verkaufte, wurde der Klub mit 3 Milliarden Dollar bewertet.

Manager Tony Godsick am Ruder

Die „Marke Federer“, von der Sportmarketing-Experte Carter gesprochen hat, gäbe es ohne Tony Godsick nicht. Mit dem Amerikaner verbindet Federer eine lange Geschichte. Godsick betreut den Schweizer seit rund 20 Jahren und ist für seinen Aufstieg zur Werbeikone verantwortlich. Godsick fädelte die lukrativen Sponsoring-Deals von Federer ein. Und er gründete mit ihm 2014 die Agentur Team 8. Sie vermarktet heute unter anderem den Laver-Cup, der zum Tennis-Pendant des Ryder-Cups wachsen soll und ein weiteres Standbein von Federers Wirtschaftsimperium ist.

In diesem Imperium gibt es eine Dachgesellschaft mit dem Namen Tenro Holding AG und weitere Aktiengesellschaften, Tenro Events etwa oder Tenro Investments; auch gibt es ein sogenanntes „family office“ im Zürcher Seefeld. Überall ist Verschwiegenheit das oberste Gebot. Personen, die laut Handelsregister wichtige Funktionen in Federers Firmen innehaben, reagieren auf Anfragen gar nicht oder einsilbig und verweisen an Tony Godsick.

Bis vor Kurzem waren Federers Firmen in Bottmingen in seinem Heimatkanton Baselland gemeldet. In diesem Jahr sind sie nach Wollerau in der Steueroase Schwyz übersiedelt. Federer fungiert als Verwaltungsratspräsident der Holdinggesellschaft; daneben nimmt der Anwalt Thomas Graf von der renommierten Kanzlei Niederer Kraft Frey in den Verwaltungsräten seiner Firmen eine zentrale Rolle ein. Chambers, eine internationale Firma, die Anwälte bewertet, schreibt über den Steueranwalt Graf, er habe stets eine Lösung, „selbst für die komplexesten Probleme“.

Nicht das Geld macht glücklich

Als Federer einst bei On einstieg, tat er das mit einem Interview in der NZZ am Sonntag kund. Er hoffe, dass On wachse, es der Firma gutgehe, er ihr helfen könne. Das mache ihn glücklich. Geld zu verdienen, mache ihn nicht happy, sagte Federer noch, sondern zu wissen, dass er bei On einen Unterschied mache, „ganz ehrlich“.

In der Realität unternimmt Federer durchaus einiges, um Geld zu verdienen. Er führt jetzt ein anderes Leben, als Unternehmer, aber er will, dass er auch in diesem Leben wahrgenommen wird, wie einst als Sportler: Alles ist locker und elegant, spontan und authentisch. Bei On ist er eingestiegen, um zu helfen. Den Laver Cup, der dieses Wochenende in San Francisco zum achten Mal stattfindet, hat er mit dem Manager Godsick während eines Turniers in Schanghai erfunden. Angeblich passierte das vor ein paar Jahren ganz spontan, im Shuttlebus vom Hotel zur Tennisanlage. So erzählen die beiden das.

Ehrgeizig übers Tennis hinaus

Bei On soll Federer an 30 Tagen im Jahr involviert sein, etwa um seinen Tennisschuh zu entwickeln. Das schreibt die Medienstelle auf Anfrage. Leute mit Einblick in das Unternehmen sagen, dass der 44-Jährige sich stark einbringe und von dem Anspruch beseelt sei, den nach ihm benannten Schuh besser im Tenniszirkus zu etablieren. Auch als Unternehmer ist er der ehrgeizige Perfektionist geblieben, der er schon als Sportler war.

Anderswo wird Federer ähnlich beschrieben. Bei Schweiz Tourismus etwa, für die er in Videos um Touristen wirbt. Wahnsinnig professionell sei Federer, authentisch und immer gut vorbereitet. Oder im Umfeld seiner Stiftung, die sich für die Bildung von Kindern einsetzt, vornehmlich im südlichen Afrika. Seit ihrer Gründung 2006 hat die Stiftung 95 Millionen Franken verteilt und damit mehr als drei Millionen Kindern geholfen. Federer, der die Stiftung präsidiert, sei ein engagierter Chef, sagt ein Insider. Er soll sich wöchentlich melden, Wert auf Innovation legen und regelmäßige Updates einfordern.

Federer ist nun Milliardär. Und jetzt, was bringt die Zukunft? Bestimmt würde er antworten, dass es keinen Plan gebe, was als Nächstes komme. Ob das auch stimmt, ist eine andere Frage.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 40/2025 erschienen.

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