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Immo-Branche: Die weitreichenden Auswirkungen der Pleitewelle

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Baukrise mit Dominoeffekt: Es wird zu wenig gebaut, die Preise steigen, Investoren bleiben weg. In weiterer Folge wird der Wohnraum knapp.

René Benko und die unzähligen Unternehmen seines ehemaligen Signa-Imperiums sind die Spitze des Eisbergs – doch die Krise in der österreichischen Immobilienwirtschaft geht tiefer: Eine Insolvenzwelle sondergleichen schwappt über Projektentwickler und Bauträger hinweg.

Mehr als die Hälfte aller Großinsolvenzen des Vorjahres hat diese Branche betroffen und heuer ist die Lage ähnlich trist: So hat es unter anderem die Wiener Immobilienfirma 6B47 erwischt, auch die Süba-Gruppe zählt zu den Insolvenzen. Davon betroffen ist unter anderem der „Hallmann Dome“ in Wien-Favoriten: Die Veranstaltungshalle wurde nach Investor Klemens Hallmann benannt, der derzeit selbst um ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ringt.

Eine Krise mit vielfältigen Gründen

Abgesehen vom Sonderfall Benko, bei dem neben Liquiditätsproblemen unter anderem die systematische Intransparenz die entscheidende Rolle spielte, sind die Gründe für die Mehrzahl der Immo-Pleiten vielfältig: Das Ende der Nullzinsphase im Sommer 2022 erwischte viele Firmen auf dem falschen Fuß, die ihr Geschäftsmodell – in vielen Fällen wohl allzu blauäugig – auf günstige Finanzierung aufgebaut hatten.

Dazu kommen steigende Baukosten und hohe Energiepreise; außerdem ist die Nachfrage eingebrochen, das wiederum lag zunächst an den strengen Vorgaben für Wohnkredite (dazu später mehr), dann kamen hohe Inflation, Verunsicherung und eine insgesamt traurige Wirtschaftslage dazu. Das alles bremst die Lust potenzieller Käufer.

Bloß kein Risiko

Rechtsanwalt Felix Neuwirther, Spezialist für Immobilientransaktionen bei Freshfields in Wien, sieht die Insolvenzen als Ausdruck einer Marktkorrektur, die sich in Wellen gezeigt hat. „Der Mix aus stark gestiegenen Zinsen, explodierenden Baukosten und geringerer Nachfrage führt früher oder später zu Liquiditätsproblemen.“ Mittlerweile sei der Markt in eine Konsolidierungsphase eingetreten, in der an Projekte mit realistischeren Erwartungen herangegangen werde.

Die erste Folge der jüngsten Insolvenzwelle: Es wird nichts riskiert. „Sowohl Investoren als auch Banken agieren zurückhaltender als in den Jahren zuvor“, konstatiert Lukas Schwarz, Geschäftsführer des Immobiliendienstleisters CBRE. Die dadurch verschärften Prüfprozesse bei potenziellen Neubau-Investments sind vor allem auf die Sorge vor Baustopps oder Insolvenzen von Bauträgern zurückzuführen.

Das wiederum führt zu einem starken Rückgang bei den sogenannten Forward Deals – bei diesen wird die Immobilie schon vor dem Bau verkauft. „Während solche Transaktionen vor 2022 noch zum Standard am Wohninvestmentmarkt zählten, spielen sie aktuell beinahe überhaupt keine Rolle“, sagt Schwarz. Die Folge: Es werden beispielsweise in Wien nur noch wenige Mietwohnungen fertiggestellt.

Die Preise sind derzeit so hoch, dass sich das kein Normalsterblicher mehr leisten kann

Gerhard Weinhofer
Profilfoto Gerhard M. Weinhofer

Gerhard M. Weinhofer

Normalsterbliche bleiben außen vor

Zugleich sind die Preise für Eigentumswohnungen hoch. „Die Preise sind derzeit so hoch, dass sich das kein Normalsterblicher mehr leisten kann“, sagt Gläubigerschützer Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Dabei sind die Zinsen wieder auf einem niedrigeren Niveau, was Wohnkredite leistbar machen sollte. Und die von der Branche zuvor beklagte KIM-Verordnung (der volle Wortlaut: Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) ist ebenfalls weggefallen.

Diese regelte seit 2022 die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten in Österreich. Dabei gab es unter anderem strenge Regeln zu den benötigten Eigenmitteln und zur maximalen Laufzeit. Die Verordnung ist heuer im Juni ausgelaufen. Doch das hilft nichts, wenn die Preise einfach zu hoch sind. Wachstum sieht die Branche derzeit nur im Luxussegment – für sehr teure Wohnungen dürfte es ausreichend Käufer geben, selbst wenn diese Zielgruppe naturgemäß überschaubar ist.

Zwischen Misstrauen und Vorsicht

Die Branche ist in einem Teufelskreis aus Misstrauen, Vorsicht und Zurückhaltung gefangen. Die Finanzierung für Immobilienentwickler funktioniere nicht mehr, meint Weinhofer. „Die großen Finanzierer machen einen Bogen um Österreich.“

Der Skandal um René Benko habe dem Standort geschadet, außerdem seien viele Projekte zu kleinteilig – das wiederum ist internationalen Investoren zu mühsam. Waren die Banken auch zu nachlässig gegenüber Immobilienunternehmen? Neuwirther sieht das nicht: Der abrupte Zinsanstieg, die erhöhten Baukosten und der empfindliche Rückgang der Nachfrage seien in dieser Form und Dynamik kaum vorhersehbar gewesen.

Wird nichts investiert, wird nichts gebaut und es fehlt an Wohnraum. Die Folgen sind lange Zeit spürbar, denn was heuer und nächstes Jahr nicht gebaut wird, fehlt in den Folgejahren – eine Milchmädchenrechnung.

Apropos: Können Investoren überhaupt mit attraktiven Renditen rechnen? Während die erwähnten Forward Deals derzeit kaum noch eine Rolle spielen, verkaufen offene Immobilienfonds zur Liquiditätsbeschaffung derzeit vor allem moderne Wohnungen aus dem Bestand, analysiert Schwarz. „Hier können attraktive Renditen in Höhe von vier bis fünf Prozent erzielt werden.“ Wer in diesem Bereich kauft – neben entsprechend ausgestatteten Privaten und Family Offices (die privates Vermögen verwalten) zunehmend institutionelle Investoren –, hofft auf Mietpreissteigerungen. Und die werden definitiv kommen, zum Leidwesen der Mieter.

Talsohle noch nicht erreicht

Wie geht es nun weiter? Die Talsohle ist für die Branche aber noch gar nicht erreicht, fürchtet Gerhard Weinhofer – vor allem im Wohnungsbau. „Die Insolvenzwelle wird weitergehen, das vierte Quartal ist in dieser Hinsicht immer das stärkste.“ Er sieht aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich auch „kein Licht am Horizont“. Und doch gibt es Stimmen, die von einer längst nötigen Marktbereinigung sprechen – es habe ohnehin zu viele Immofirmen gegeben, die auf tönernen Füßen standen.

Es gibt klare Anzeichen dafür, dass sich die Marktteilnehmer schon gut auf die geänderten Rahmenbedingungen eingestellt haben.

Felix Neuwirther
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Felix Neuwirther

Wohnbauförderung im Fokus

Was kann getan werden, um das (politisch heikle) Thema des fehlenden Wohnraums zu beheben? Neben den bekannten Forderungen an die Politik wie dem Abbau von Doppelgleisigkeiten durch den Föderalismus, schnellere Verfahren und mehr Liberalisierung – die ab 2026 geltende Mietpreisdeckelung auch für ungeregelte Wohnungen stößt vielen in der Branche sauer auf – steht die Wohnbauförderung im Fokus. So verkauft das Land Niederösterreich erneut Forderungen aus dem Wohnbaudarlehen und lässt das Geld (schätzungsweise rund 300 Millionen Euro) ins Landesbudget fließen. Solche Förderungen sollten besser zweckgebunden verwendet werden, heißt es.

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Neuwirther agieren die Käufer nun wieder zielgerichteter und die Kreditinstitute zeigen bereits eine größere Bereitschaft zur Finanzierung. „Es gibt klare Anzeichen dafür, dass sich die Marktteilnehmer schon gut auf die geänderten Rahmenbedingungen eingestellt haben.“

Bereits sichtbar sind die Adaptierungen des Marktes: Kleinere Wohnungen werden verstärkt angeboten, um das Kaufen (und Mieten) leistbar zu machen. Derzeit würden außerdem überwiegend Wohngebäude verkauft, die in den letzten zehn Jahren errichtet wurden und somit modernen Standards entsprechen, sagt Lukas Schwarz. Es sollten aber weitere Anreize geschaffen werden, um bestehenden und derzeit ungenutzten Wohnraum auf den Markt zu bringen, ergänzt Neuwirther: „Denn keine Wohnung steht schneller zur Verfügung als eine bereits errichtete.“ Eine gezielte Förderung von Sanierungen würde sich ebenfalls positiv auf das Wohnungsangebot auswirken.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 48/25 erschienen.

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