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Sharing Economy: Die Wirtschaft des Teilens

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In London droht Uber das Aus. Die Verkehrsbehörde der britischen Hauptstadt wirft dem US-Fahrtendienst Verantwortungslosigkeit vor und will die Ende des Monats auslaufende Lizenz nicht verlängern. Das einst vielversprechende Konzept der „Sharing-Economy“ beginnt zu bröckeln. Und das nicht ohne Grund.

Teilen an sich ist nicht neu. Es hat sich nur verändert. Denn was Jesus damals mit Brot und Wein aus reiner Nächstenliebe tat, hat sich in der Gegenwart in ein Geschäftsmodell gewandelt – der "Sharing Economy". Zu Deutsch: Die Ökonomie des Teilens. Ein Begriff, der in sich widersprüchlicher nicht sein könnte. Denn während Wirtschaft immer auf Gewinn und Profit aus ist, meint Teilen eigentlich genau das Gegenteil. Der Begriff Sharing Economy verbindet diese beiden Aspekte. Zumindest versucht er es.

Das Ende der christlichen Nächstenliebe

Bei "Shareconomy" handelt sich um ein sozi-ökonomisches System, das die gemeinsame Nutzung von Ressourcen beinhaltet. Temporäre Benutzerrechte werden ge- und verkauft. So kann beispielsweise wer auf Urlaub fährt seine Wohnung tageweise weitervermieten. Das Teilen geschieht folglich nicht mehr nur aus sozialer Erwägung, aus "christlicher Nächstenliebe". Für die Teilenden entsteht im Regelfall auch immer ein wirtschaftlicher Vorteil. Geld zu sparen beziehungsweise zu verdienen ist für viele das stärkste Motiv, um sich an der Sharing Economy zu beteiligen. Man fährt auf Urlaub und verdient währenddessen Geld. Oder man mietet selbst eine Privatwohnung und erspart sich hohe Hotelkosten.

Der Boom der Sharing Economy

Auch das Prinzip der Sharing Economy ist nicht neu. Bereits in den 1950er Jahren gab es sogenannte Maschinenringe. In der Landwirtschaft taten sich kleinere Betriebe zusammen, um sich so den Ankauf teurer Maschinen leisten zu können. Die Grundidee war also einst, Besitztümer möglichst allen zugänglich zu machen. Neu ist lediglich, dass sich in unserem Zeitalter die Organisation des Teilens in die digitale Welt verlegt hat. Statt dem schwarzen Brett im Supermarkt übernimmt jetzt das Internet die Rolle des Vermittlers. Online-Plattformen haben dem ökonomischen Prinzip des Teilens zu einem wahren Boom verholfen. Simpel aufgebaute Websites bringen Anbieter und Nachfrager miteinander in Kontakt. Sie sind die Drehscheibe der Sharing Economy. Durch Vermittlungsgebühren oder Werbung kommen sie zu ihrem Teil des Kuchens. Und der ist größer als man vielleicht annehmen mag.

AirBnB, Uber & Co. – ein Milliardengeschäft

Die wohl berühmtesten Beispiele sind AirBnb, eine Plattform zur Vermietung von Privatunterkünften und Uber, ein Taxiservice mit Mietwagen und Fahrer. Sharing Economy ist längst kein Nischengeschäft für alternative Öko-Hippies mehr, sondern ein Milliardengeschäft mit stetig wachsender, wirtschaftlicher Bedeutung. Auch in Österreich. Hier kommen die Umsätze der Sharing-Plattformen mittlerweile denen einer großen Handelskette gleich.

Kapitalismus-Crasher?

Einige Ökonomen sagen der Shareconomy den Siegeszug über das bisherige Wirtschaftssystem voraus, manche sogar die Zerstörung des Kapitalismus. Ist Sharing Econonomy wirklich der Beginn einer besseren Zukunft? Einer sozialeren Weltgemeinschaft? Oder handelt es sich dabei um den Wolf im Schafspelz? Um den klassischen Kapitalismus mit einem pseudosozialen Image? Beantworten lässt sich diese Frage nicht. Zumindest noch nicht. Zu jung ist diese Wirtschaftsform, um verlässliche Prognosen für die Zukunft stellen zu können. Klar ist aber: Es gibt Vorteile. Und es gibt Nachteile. Und die muss jeder für sich selbst abwägen.

PRO – Die Vorteile der Sharing Economy

Für unseren Lebensstil benötigen wir heutzutage mehr als doppelt so viele natürliche Ressourcen als uns eigentlich zur Verfügung stehen. Bei einer Hochrechnung unserer Konsumverhältnisse auf den gesamten Planeten, bräuchten wir 2,6 Erden. Höchste Zeit also etwas zu ändern. Eine mögliche Lösung könnte die Sharing Economy sein. "Teilen statt haben, nutzen statt besitzen" ist das Credo. Denn wer teilt, tauscht, leiht oder schenkt nutzt bestehende Kapazitäten nicht nur besser aus, sondern verbraucht weit weniger Ressourcen und schont so die Umwelt. Ohne dabei auf etwas verzichten zu müssen. Schließlich reicht es, ein Auto auszuborgen, wenn man eines braucht. Verzichtet wird dabei nur auf die Last, dauerhaft ein Auto unterhalten zu müssen sowie auf die leidige Parkplatzsuche. Konsum "light" sozusagen. Nachhaltiger, bewusster, sozialer. Gutes Gewissen inklusive.

Sharing is Caring – wer teilt, nimmt Anteil

Sharing Economy macht die Welt fairer. Denn wer teilt, nimmt Anteil. So können sich beispielsweise einkommensschwächere Personen nun Dinge leisten, die ihnen vorher verwehrt geblieben sind – eine Wohnung auf AirBnb kostet im Durchschnitt halb so viel wie ein Hotelzimmer, eine Fahrt mit Uber die Hälfte einer gewöhnlichen Taxifahrt. Andere Angebote wie Couchsurfing oder Foodsharing sind komplett kostenlos. Natürlich spielt der wirtschaftliche Vorteil eine Rolle, aber eben nicht nur.

Weniger Besitz, mehr sozialer Reichtum

Gerade die gemeinnützigen Angebote werden bei der Kritik an der Sharing Economy oft übersehen. Bei Foodsharing beispielsweise werden Lebensmittel vor dem Verfall gerettet und allen Menschen zugänglich gemacht. In sogenannten "Fairteilern" öffentlich zur freien Entnahme bereitgestellt, direkt an soziale Einrichtungen weitergeleitet oder zum Abholen bei Privatpersonen zuhause. Ohne, dass die Teilenden dabei auf einen wirtschaftlichen Vorteil bedacht wären. Ein weiterer Pluspunkt: Durch Aktionen wie Nachbarschaftsgärten oder Foodsharing. lernt man vor allem eins: Neue Menschen kennen. Und genau darum sollte es in unserer globalisierten Welt doch gehen. Sich vernetzen, neue Kulturen und Lebensweisen kennenlernen, Vorurteile abbauen. Gerade in Großstädten kann dies eine Möglichkeit darstellen, die Anonymität gegen Gemeinschaft zu tauschen. Mehr sozialer Reichtum durch weniger Besitz sozusagen.

CONTRA – Die Nachteile der Sharing Economy

Wer etwas auf einer Vermittlungsplattform temporär verkauft, sei das seine Arbeitskraft, seine Wohnung oder sein Auto, der teilt nicht. Denn teilen bedeutet nicht verkaufen. Die Parole des Teilens fungiert lediglich als Deckmantel und Legitimation die kapitalistische Verwertungslogik auf die Spitze zu treiben. Nun sind nicht einmal mehr private Eigentümer vor dem Sog des Kapitalismus sicher. Sharing Economy hat es also geschafft ehemals kostenlos, aus Freundschaft oder einfach Freundlichkeit angebotene Dinge in marktfähige Güter zu verwandeln. Die Historikerin Luise Tremel hat das Prinzip der Sharing Economy auf den Punkt gebracht: "Sankt Martin hat geteilt. Und nicht seinen Mantel, als er ihn gerade nicht brauchte stundenweise vermietet."

Gut für das Geld, schlecht für die Umwelt

Für den New Yorker Taximarkt hat die Zeitschrift "The Economist" ermittelt, dass die Anzahl der Taxifahrten seit dem Markteintritt von Uber rasant in die Höhe geschnallt sind. Von 14,8 Millionen im Juni 2013 auf 17,5 Millionen zwei Jahre später. Die neuen Angebote bewirken eine größere Nachfrage. Die Folge: Erhöhte CO2-Emissionen. Ein paradoxer Effekt, sollte durch die Sharing Economy die Umwelt doch geschont werden. Statt um weniger Konsum geht es doch einfach nur um weniger Geld.

Kommerzielles Teilen ist verantwortungslos

Auch die Konzerne übernehmen keine Verantwortung. So der Fall bei der Mitfahrgelegenheitsplattform Uber. Kündigungsschutz und Mindestlöhne lassen sich hier genauso wenig finden wie Arbeitsschutz und Arbeitszeitregeln. Darüber hinaus führt das Überangebot zu einem ruinösen Preiskampf in der jeweiligen Branche. All das lässt sich wohl unter dem Schlagwort der modernen Sklaverei zusammenfassen. Shareconomy für eine gerechtere Welt? Wohl kaum. Bei Firmen wie Uber geht es um Wachstum und Profit.

Verantwortungslos verhält sich die neue Wirtschaftsform auch Betrieben der "normalen" Economy gegenüber. Wenn weltweit 60 Millionen Gäste auf AirBnB zurückgreifen, fehlen diese 60 Millionen Gäste in den Hotels und Pensionen. Im Gegensatz zu diesen können Sharing-Economy-Anbieter ihre Produkte und Dienstleistungen ohne regulatorische Auflagen und deshalb günstig anbieten. Die große Lüge bei Sharing Economy ist außerdem, dass es sich dabei nur um Privatpersonen handeln würde. Bei AirBnb werden Wohnungen zu einem großen Teil professionell vermietet. Vom Ursprungsgedanken "Wohne in meiner Wohnung" keine Spur. In New York und Berlin ist die Vermietung von normalen Wohnungen an Touristen bereits gesetzlich untersagt. Die steigenden Mieten in den Städten lassen sich unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Zweitwohnungsbesitzer ihre Wohnungen lieber teuer und tageweise mit Touristen "teilen" als sie an Dauerbewohner zu vermieten.

Von der Share- zur Fairconomy

All das klingt eher nach noch mehr Kapitalismus als nach einer schönen neuen Welt. Trotzdem können Verbote nicht die Lösung sein. Der Wunsch nach sozialeren und nachhaltigeren Wirtschaftsformen, nach mehr Solidarität und Sinnerfüllung lässt sich jedoch nicht ignorieren und muss aufgegriffen werden. Allerdings nicht ohne entsprechende gesetzliche Reglementierung. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Shareconomy nicht nur eine Domäne der Internetgiganten ist. Die Vorteile sollten genützt, gemeinnützige Angebote gefördert und faire Bedingungen geschaffen werden. Erst dann kann sie wirklich Hoffnungsträger für eine gerechtere Welt sein.

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