Mengchen Dong erforscht am Max Planck Institute for Human Development in Berlin die Reaktionen auf KI. Im Interview erklärt sie, wie Menschen auf KI reagieren und ob Europa seinen eigenen Weg gehen kann.
Sie forschen aus einer psychologischen Sicht zum Thema KI. Wissen wir schon viel darüber, wie und unter welchen Umständen KI akzeptiert wird?
Zur KI gibt es zwar sehr viel technologische Forschung, aber noch nicht ausreichend psychologische Studien. Selbstverständlich müssen wir die KI technisch verfeinern, aber es fehlen noch Antworten auf Fragen wie: Wenn KI im großen Stil unsere Welt betreten und verändern wird, wie werden wir damit umgehen und wie können wir sie akzeptieren?
Wie kann das erforscht werden?
Wir schaffen einen experimentellen Kontext, in dem Menschen verschiedene Aufgaben mit ChatGPT und anderen KI-Tools erledigen. Deren Verhalten wird überwacht und ausgewertet. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen Weltregionen und Ländern, wie sehr sich Menschen vor KI fürchten. Dabei müssen wir spezifische Unterschiede zwischen diesen Ländern einberechnen, etwa Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Kulturelle Hintergründe können sich jedenfalls darauf auswirken, wie KI wahrgenommen wird.
Wie erklären sich solche Unterschiede?
In bestimmten Ländern, vor allem solchen in Asien, wird KI bereits als Tool zur Steigerung der Produktivität akzeptiert. Das Skurrile dabei ist, dass KI überwiegend mit Daten aus der westlichen Welt trainiert wird, aber etwa in asiatischen Ländern mehr akzeptiert wird. Die Akzeptanz hängt auch davon ab, wie die politischen Vorgaben und die öffentliche Kommunikation gestaltet werden. Wird KI als unverzichtbare, disruptive Technologie gesehen oder herrscht die Angst vor, es könnte kulturelle Eigenheiten zerstören?
Wenn wir KI täglich nutzen, sehen wir, dass menschliche Intelligenz unverzichtbar bleibt
Apropos Angst: In Europa wird ein eigener Weg bei der KI gesucht. Macht das Sinn?
Die USA und die EU haben eine unterschiedliche Einstellung, was KI betrifft. Die USA wollen die führende Rolle einnehmen, denken aber nicht viel über ethische Fragen nach. In der EU gibt es visionäre Pläne, aber zugleich eine vorsichtigere Herangehensweise, etwa über eine Einstufung der KI in unterschiedliche Risikoklassen. Letztlich wird es wie beim Klimaschutz sein: Selbst wenn einzelne Länder etwas Eigenes machen wollen, werden sie den gemeinsamen Weg einschlagen, wenn sie erst merken, wie disruptiv diese Technologie ist und welche Folgen sie hat.
Sollten wir uns fürchten?
Wir sollten keine Angst vor KI haben. KI-Tools können Menschen zwar bei bestimmten repetitiven Aufgaben ersetzen. Aber wenn wir KI täglich nutzen, sehen wir, dass menschliche Intelligenz dennoch unverzichtbar bleibt. Die nahe Zukunft liegt also nicht im Ersatz von Menschen, sondern in der Erweiterung ihrer Fähigkeiten.
Wie kann KI so weiterentwickelt werden, dass etwa Datenschutz und Ethik berücksichtigt werden?
Zunächst ist es wichtig, wissenschaftliche Beweise zu haben. Das ist die Grundlage, damit Menschen die KI nutzen können, ohne Nachteile wie eine Bekanntgabe persönlicher Daten oder eine übermäßige Abhängigkeit von KI zu haben. Es ist wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem der Umgang mit KI sicher erprobt werden kann – nur dann können sich Menschen ein echtes Urteil bilden, ob sie KI gut oder schlecht finden. Und genau dafür sind wissenschaftliche Untersuchungen nötig, denn nur in einer solchen geschützten Umgebung können wir sehen, wie sich Menschen verhalten.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 32/25 erschienen.