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Experten fordern stärker personalisierte Therapie gegen Depressionen

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++ ARCHIVBILD ++ Bis zu 17 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa und in Nordamerika nehmen Antidepressiva
©APA, dpa, Julian Stratenschulte
Weltweit nehmen Dutzende Millionen Menschen Antidepressiva ein. Als wirksame Medikamente gegen Depressionen, Angststörungen etc. haben sie laut einer aktuellen britischen Studie oft erhebliche Nebenwirkungen auf Blutdruck, Körpergewicht, Herzfrequenz etc. Die Autoren fordern deshalb eine möglichst individualisierte Verschreibung solcher Arzneimittel.

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"Bis zu 17 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa und in Nordamerika werden Antidepressiva verschrieben. (...) Sie können die normalen Körperfunktionen beeinflussen. Das Ausmaß, in dem die verschiedenen derartigen Arzneimittel aber zu solchen Veränderungen führen, ist unbekannt", schrieben vor wenigen Tagen Toby Pillinger vom Institut für Psychiatrie, Psychologie und Neurowissenschaften am King's College in London und seine Co-Autoren im "Lancet" (DOI: 10.1016/S0140-6736(25)01293-0).

Die Wissenschafter führten deshalb eine große Metaanalyse von publizierten wissenschaftlichen Studien mit Placebogruppen zu den Nebenwirkungen von 30 verschiedenen Wirkstoffen durch, die international zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden. So konnten die Daten von 58.534 Patienten mit einer Behandlungsdauer von acht Wochen untersucht werden. Es ging dabei unter anderem um Veränderungen beim Blutfettspiegel (Cholesterin), Blutzucker, systolischen und diastolischen Blutdruck, Herzfrequenz und um Gewichtsveränderungen.

Die Unterschiede waren zum Teil enorm: Zum Beispiel verloren Menschen, die zum Beispiel mit Agomelatin gegen Depressionen behandelt wurden, im Durchschnitt etwa 2,5 Kilogramm Körpergewicht, während diejenigen, welche beispielsweise das trizyklische Antidepressivum Maprotilin bekamen, um 1,82 Kilogramm "zulegten", wie zu der Studie auch die deutsche Pharmazeutische Zeitung jetzt berichtete. Das Risiko für solche Veränderungen in beide Richtungen lag bei um die 50 Prozent.

Deutlich höhere Gesamtcholesterinspiegel im Blut gab es nach acht Wochen Behandlung bei Depressiven, welche Substanzen wie Desvenlafaxin oder Venlafaxin einnahmen. Unter einer Behandlung mit Nortriptylin erhöhte sich die Herzfrequenz um fast 14 Schläge pro Minute. Der ebenfalls häufig verwendete Antidepressiva-Wirkstoff Fluvoxamin senkte die Pulsrate um 8,2 Schläge pro Minute. Somit ergaben sich je nach dem verschriebenen Medikament in Sachen Herzfrequenz mögliche Veränderungen um bis zu 20 Herzschläge pro Minute.

Ein anderes Beispiel: Amitriptylin ließ beispielsweise den systolischen Blutdruck ("oberer Wert") um fast 4,5 mmHg ansteigen, Nortriptylin als Gegenbeispiel senkte den Wert um 6,7 mmHg. Auch bei den Leberfunktionswerten zeigten sich Interferenzen mit den einzelnen untersuchten Antidepressiva.

"Die Autoren betonen, dass diese Erkenntnisse niemanden davon abhalten sollten, Antidepressiva einzunehmen, da diese nach wie vor wichtige und wirksame Behandlungen für psychische Erkrankungen sind. Sie sagen vielmehr, die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Therapie auf jeden Einzelnen abzustimmen und dabei den persönlichen Gesundheitszustand und die persönlichen Präferenzen des Betroffenen zu berücksichtigen", schrieb der "Lancet" zu der Studie. Auch Behandlungsleitlinien sollten darauf abgestimmt werden.

Nicht bekannt sei, ob die durch die Antidepressiva als Nebenwirkungen hervorgerufenen Effekte auch über längere Zeiträume anhielten. Einflüsse auf das Sexualleben seien in der Studie nicht untersucht worden.

ARCHIV - 19.02.2025, Niedersachsen, Hannover: ILLUSTRATION - Die Silhouette einer Frau zeichnet sich vor einer hellen Fensterfront ab (gestellte Szene). (zu dpa: «Medikament gegen Wochenbettdepression in der EU zugelassen») Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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