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ESA und Mitglieder ringen in Bremen um Europas All-Zukunft

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Im deutschen Bremen wird ab Mittwoch das ESA-Budget verhandelt
©S. Corvaja, STEPHANE CORVAJA, ESA, APA
Angesichts der aktuellen Hochkonjunktur bei militärischen Ausgaben in Europa in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg wurde auch der Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur (ESA), Josef Aschbacher, zuletzt nicht müde, die sicherheitspolitische Dimension der Raumfahrt zu betonen. Im deutschen Bremen wird ab Mittwoch um das neue ESA-Budget für die nächsten drei Jahre gerungen. Ob der gebürtige Tiroler mit seiner Forderung nach 22 Mrd. Euro durchkommt, ist offen.

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Blickt man auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Raumfahrt, wird klar, was Aschbacher meint, wenn er von einer Art Aufholjagd spricht, die Europa in Angriff nehmen müsste: Lediglich rund 0,07 Prozent der gesamteuropäischen Wirtschaftsleistung fließen in die Raumfahrt. 15 Euro pro Kopf und Jahr pro Europäerin oder Europäer stehen rund 220 Euro in den USA gegenüber, hieß es im Vorfeld der bis Donnerstag (27. November) angesetzten ESA-Ministerratstagung. Das dort investierte Geld - das aktuell laufende Drei-Jahres-Budget beläuft sich auf rund 17 Mrd. Euro - zahle sich laut Berechnungen mehrfach aus, denn neben Einnahmen für die Steuersysteme durch die wachsende Raumfahrtindustrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze steige auch die Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz des Kontinents.

Der sollte sich angesichts wankelmütiger Partner wie US-Präsident Donald Trump und dem bewaffneten Konflikt in der Ukraine, inklusive Versuchen der Destabilisierung europäischer Infrastrukturen vermutlich seitens Russlands, punkto Technologieunabhängigkeit auf bessere Beine stellen. "Weltraum und Verteidigung gehen Hand in Hand. Und hier hat Europa wirklich aufzuholen", sagte Aschbacher kürzlich im Gespräch mit der APA: "Der Weltraum ist integrierter Teil dieser Militärinfrastruktur." Damit verbunden ist auch seine Forderung nach mehr finanziellem Engagement der Mitgliedsländer - zu denen seit nunmehr 50 Jahren auch Österreich zählt.

Der erste ESA-Chef mit Austro-Hintergrund machte keinen Hehl daraus, dass er sich auch von seinem Heimatland mehr erhofft: Aschbacher sah zuletzt 480 Mio. Euro als passenden Beitrag an. Aus dem Büro des für die Weltraumagenden zuständigen Infrastrukturministers Peter Hanke (SPÖ), der an den Verhandlungen in Norddeutschland teilnehmen wird, hieß es gegenüber der APA, dass man den österreichischen Weltraumsektor "als Motor für Innovation", Technologie- und Wirtschaftsstandortentwicklung sowie Digitalisierung begreife. Man wolle den Sektor "weiter stärken" und plane, "Österreichs Beitrag bei der ESA-Ministerratskonferenz in Bremen durch eine neue Schwerpunktsetzung von 260 Millionen Euro auf bis zu 320 Millionen Euro zu erhöhen. Dieses Plus von rund 60 Mio. Euro ist angesichts der schwierigen budgetären Lage durchaus ein großer Erfolg", heißt es.

Für die Interessenvertretung der österreichischen Raumfahrtindustrie "Austrospace" darf es ruhig auch etwas mehr sein: Man erwarte sich "ein klares politisches Bekenntnis von Bundesminister Hanke - insbesondere durch die Bereitstellung eines Budgets von 500 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre", machte man kürzlich in einer Aussendung klar. "Unsere Unternehmen sind bereit - jetzt braucht es auch den politischen Willen. Es muss uns allen klar werden: Raumfahrt ist kein 'nice to have', sondern ein Schlüssel zur Zukunft unseres Landes", so Austrospace-Präsident Dieter Grebner angesichts des Beitritt von vier neuen Unternehmen in den über 30 Formen zählenden Verbund. Infineon, R-Space, PIDSO und ISEE SPACE sind seit kurzem neue Austrospace-Mitglieder.

Die Logik der europäischen Raumfahrt ist tatsächlich relativ klar: Wer viel einzahlt, bekommt auch mehr zurück - in Form von Aufträgen an Unternehmen oder für Forschungen im eigenen Land. Zu der Bremer Konferenz werden daher Delegationen aus allen 23 Mitgliedsländern anreisen. Die Veranstalter - Deutschland hat aktuell auch den ESA-Ratsvorsitz inne - rechnen mit rund 500 Teilnehmenden. Deutschland ist im momentanen Budget mit 3,5 Mrd. Euro beteiligt, es wird erwartet, dass die Zeichnung diesmal deutlich höher ausfallen wird. Traditionell steuern Deutschland und Frankreich am meisten Geld zum ESA-Budget bei.

"Wir müssen wirtschaftlich aufholen", so Aschbacher. Von den weltweiten Investitionen kämen nur zehn Prozent hier auf den Boden, obwohl Europas Raumfahrtwirtschaft global gesehen etwa 20 Prozent ausmache. Beim Budget geht es auch um strategische Überlegungen. "Wir haben einige Bereiche, wo wir abhängig sind von anderen Staaten und da müssen wir mehr Autonomie und Unabhängigkeit schaffen", so der ESA-Chef. Dafür brauche es auch mehr Investitionen in Technologieentwicklung - auch mit möglichen militärischen Nutzungsaspekten unter den Stichwort "Dual-use".

Die für Europa schwieriger gewordene geopolitische Lage gilt als einer der maßgeblichen Treiber der Budget-Verhandlungen. In den vergangenen Jahren war der Druck auf die ESA gewachsen, eigenständiger zu werden. Infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine konnte Europa die russischen Sojus-Raketen nicht mehr nutzen. Wegen weiterer Probleme mit Raketen musste man zwischenzeitlich Missionen mit der US-Firma SpaceX von Elon Musk ins All bringen. Für ein Ticket zum Mond setzt Europa auf die USA. Einen eigenen Zugang zum All für die bemannte Raumfahrt gibt es nicht.

Allgemein arbeitet die ESA an zahlreichen Vorhaben im Weltraum von Wettersatelliten über Wissenschaftsprojekte zu den Geheimnissen des Alls bis hin zu bemannten Missionen auf der Internationalen Raumstation ISS. Auf der Erde profitieren wir von der Raumfahrt etwa durch besseren Katastrophenschutz oder präzisere Navigation.

Service: Zukunftsstrategie der ESA: https://go.apa.at/xcb3qCwx; Austrospace-Website: www.austrospace.at

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