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Praxisprobe für mehr Unabhängigkeit des ORF

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3 min

©Bild: IMAGO/CHROMORANGE

„Der demokratische Auftrag, die Objektivität sowie die Unparteilichkeit des ORF werden gefestigt und seine Unabhängigkeit gestärkt“, steht im Regierungsprogramm. Trotzdem gilt als fix, dass der Stiftungsratsvorsitz rot und der Generaldirektor schwarz bestimmt wird.

Die „Entparteipolitisierung“ des 35-köpfigen ORF-Stiftungsrats sorgt für grimmige bis schmunzelnde Beobachtung. Von sieben schon bekannten Bundesland-Gesandten ist nur einer neu: Für Kärnten kehrt Michael Götzhaber, Ex-Technikdirektor auf dem Küniglberg, sitzungsweise dorthin zurück. Katharina Hofer (OÖ), Ulrike Domany-Funtan (S), Stefan Kröll (T), Alfred Geismayr (V), Thomas Prantner (St) und Christan Kolonovits (B) bleiben. Ein 4:2:1 im schwarz-rot-blauen Kräfteverhältnis.

Unterdessen hatten sich bei Redaktionsschluss Wien und Niederösterreich noch nicht entschieden – wohl aber die im Nationalrat vertretenen Parteien über ihre sechs Vertreter. Für die FPÖ als stärkster Fraktion ist das nun neben Peter Westenthaler noch Christoph Urtz. Dazu kommen Ewald Aschauer (ÖVP), Markus Boesch (Neos), Hildegard Aichberger (Grüne) und Heinz Lederer (SPÖ). Letzterer ist Favorit für den Vorsitz des „entparteipolitisierten“ höchsten ORF-Organs, in dem dann noch die neun Delegierten des 28-köpfigen Publikumsrats fehlen. Die Regierung hat dessen 14 von ihr zu bestimmenden Mitglieder soeben bekanntgegeben. Die zweite Hälfte wird von Gewerkschaft, Kammern, Kirchen, Akademie der Wissenschaften, Sozialversicherungsträgern und Parteiakademien direkt beschickt.

Sechs Regierungsgesandte

Auf die Ausschreibung der sechs von der Regierung bestimmten Stiftungsräte hatten sich indes auch Branchenbekannte wie Wirtschaftsprofessor und ZDF-Verwaltungsrat Leonhard Dobusch, Medien- und Politikwissenschaftler Jakob-Moritz Eberl und die einstige Kommunikationschefin der Stadt Innsbruck Miriam Sulaiman-Kröll beworben. Letztlich erhält neben Dobusch noch Astrid Salmhofer ein rotes Ticket. Gregor Schütze, Ruth Strondl und Christina Wilfinger gelangen auf einem schwarzen Billett in den Rat, Philip Ginthör mit einem pinken Fahrschein.

Die erste Probe, wie „entparteipolitisiert“ das Gremium agiert, das im Sommer 2026 den ORF-Chef für die nächsten fünf Jahre kürt, ist die Wahl des Stiftungsratsvorsitzenden am 17. Juni. Die Wettquoten für Lederer sind so gering wie jene für das ausgemachte schwarz-rot-pinke 3:2:1 der Regierungsgesandten und ein 4:4:1 der Vertreter aus dem Publikumsrat. Der rote Vorsitz gilt als abgetauscht mit einem schwarzen ORF-Chef. Roland Weißmann darf auf Verlängerung hoffen.

Rot-schwarzes Kopf-an-Kopf-Rennen

Die absehbar äußerst knappen relativen Mehrheitsverhältnisse zwischen SPÖ- und ÖVP-Nähe im nächsten Stiftungsrat – auch die Betriebsräte Florian Gass, Michael Cesar, Gerald Erler, Harald Kratzer und Christiana Jankovics sind schon fix – verschaffen aber nicht nur FPÖ, Neos und Grünen mehr Gewicht als Zünglein an der Waage. Es war zuletzt angesichts erdrückender absoluter türkis-schwarzer Dominanz kaum spürbar.

Bei einem rotschwarzen 14:13 inklusive bloß als eher links eingeordneter Betriebsräte kommt es auch darauf an, als wie freigeistig sich die sechs von der Regierung Entsandten entpuppen, unabhängig von ihrer Ticketfarbe für das Gremium. Das ist aufgrund der jeweiligen Biografien am ehesten Dobusch und Ginthör zuzutrauen. Die beiden haben einen entsprechenden Ruf zu verlieren. Sie setzen ihn aufs Spiel, wenn sie verlässlich parteikonform agieren.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 20/2025 erschienen.

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