Der US-Vizepräsident rückt mit seiner wachsenden Präsenz immer stärker in den Fokus. Das News.at-Porträt beleuchtet seine Rolle hinter Donald Trump, wie er sich eine eigene Machtbasis aufbaut und weshalb er in der Republikanischen Partei bereits als möglicher Thronfolger gilt.

Steckbrief
James David „J.D.“ Vance
James David Vance ist ein US-amerikanischer Politiker und Autor sowie seit dem 20. Januar 2025 der 50. Vizepräsident der Vereinigten Staaten
US-Marineinfanterie (2003–2007, u. a. Einsatz im Irak)
Studium Politikwissenschaft (Ohio State University, 2009)
Jura (Yale Law School, Abschluss 2013)
Beruflicher Werdegang: Anwalt, Unternehmensberater, später Venture-Capital-Investor in San Francisco
Politische Karriere:
2016: Bestseller Hillbilly Elegy macht ihn landesweit bekannt
2022: Wahl zum Senator für Ohio (Republikanische Partei)
2024: Kür zum Vizepräsidentschaftskandidaten an der Seite von Donald Trump
Seit 20. Januar 2025: 49. Vizepräsident der Vereinigten Staaten
Politische Ausrichtung: Rechtspopulist, Vertreter des „America First“-Flügels; gesellschaftlich erzkonservativ, wirtschaftlich protektionistisch-populistisch
Familienstand: Verheiratet mit Usha Chilukuri Vance, drei Kinder
Rätselraten um Trumps Gesundheit
Drei Tage lang tauchte Donald Trump Ende August 2025 nicht öffentlich auf – in Washington brodelte prompt die Gerüchteküche. In den sozialen Medien wurde bereits gemunkelt, der 79-Jährige sei „verstorben“. Selbst ein Reporter von Fox News fragte den Präsidenten provokativ: „Wie haben Sie am Wochenende erfahren, dass Sie tot sind?“ Trump winkte ab, sprach von „Fake News“ und beteuert, er habe nur privat Golf gespielt und „sich bester Gesundheit“ erfreut. Tatsächlich hatte das Weiße Haus kurz zuvor ungewöhnlich offen eine ärztliche Mitteilung veröffentlicht. Darin bestätigte der Arzt des Präsidenten eine chronische Venenschwäche in Trumps Beinen – eine bei über 70-Jährigen verbreitete, meist harmlose Durchblutungsstörung. Auch blaue Flecken auf Trumps Handrücken, die im Sommer auf Fotos auffielen, erklärte der Mediziner als gutartige Folgen von häufigem Händeschütteln und Trumps täglicher Aspirin-Einnahme. Fazit des Ärzte-Memos: Der Präsident sei weiterhin „bei ausgezeichneter Gesundheit“.
Dennoch bleiben Zweifel. Trump ist seit seinem Amtsantritt im Januar 2025 der älteste Präsident in der US-Geschichte. Inzwischen nähert er sich seinem zehnten Monat im Amt, und immer wieder sorgen gesundheitliche Spekulationen für Unruhe. Politische Gegner und selbst manche Parteifreunde argwöhnen, Alter und Konstitution könnten seine Amtsführung beeinträchtigen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast zwei Drittel der Amerikaner Trumps Alter und Gesundheit als Hindernis für seine Fähigkeit sehen, das Präsidentenamt auszuüben. Zudem traut eine Mehrheit der Bevölkerung den spärlichen Gesundheits-Updates aus dem Trump-Lager nicht – zu groß ist das Misstrauen nach früheren Beschönigungen. Trump selbst gibt sich unbeeindruckt: Er fühle sich „so gut wie nie“ und strotze vor Energie. Doch die Spekulationen reißen nicht ab, ob der betagte Präsident die volle Amtszeit durchstehen wird – oder ob bald sein Vize einspringen muss. Auslöser der jüngsten Gerüchte war ausgerechnet ein Interview von Vizepräsident J.D. Vance, in dem dieser gelassen versicherte, Trump sei „in guter Verfassung“, er selbst sei aber im Ernstfall bereit, den Oberbefehl zu übernehmen. Diese Aussage – gepaart mit Trumps kurzem Abtauchen – heizte die Debatte um eine mögliche Amtsunfähigkeit weiter an.
Ein Vizepräsident im Rampenlicht
James David „J.D.“ Vance, 41, ist seit Januar Vizepräsident – und damit inzwischen ebenfalls zehn Monate im Amt. In dieser Zeit hat er seine Präsenz merklich ausgebaut. Innenpolitisch tourt Vance unermüdlich durchs Land, um Trumps zentrale Reform stolz zu vermarkten: das im Sommer verabschiedete Gesetzespaket mit dem Titel „One Big Beautiful Bill Act“. Dieses als Trumps „Signature Bill“ gefeierte Mammutgesetz bringt massive Steuersenkungen für Unternehmen und Familien sowie drastische Einschnitte bei Sozialprogrammen. Vance preist überall die Vorteile an und präsentiert sich als Anwalt des kleinen Mannes – ganz im Sinne von Trumps „America First“-Agenda.
Die Reaktionen sind gespalten: Republikaner jubeln, Demokraten kritisieren das Gesetz als Klientelpolitik für Milliardäre. Unabhängige Analysen zeigen: Der große Wurf ist es nicht, doch Vance verkauft das Paket medienwirksam als historischen Erfolg.
Auch außenpolitisch hat sich Vance im Laufe der ersten Monate einen Ruf als Hardliner erarbeitet. Ob bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar oder im Streit um die Ukraine-Hilfen: Vance provoziert mit scharfen Tönen, wo Trump manchmal taktisch abwägt. Seine Attacken auf Verbündete und seine offene Skepsis gegenüber Hilfen für Kiew haben ihm schnell internationale Aufmerksamkeit eingebracht – und den Ruf, noch kompromissloser als der Präsident selbst zu sein.
Hinter den Kulissen: Generalprobe für den Ernstfall
Zehn Monate im Amt – und Vance hat sich längst mehr als nur eingearbeitet. Insider berichten, dass er Personalentscheidungen im Weißen Haus und im Kabinett maßgeblich beeinflusst, Netzwerke in den Bundesstaaten knüpft und regelmäßig eigene politische Schwerpunkte setzt. Ob bei der Durchsetzung umstrittener Ministerkandidaten oder bei parteiinternen Strategietreffen: Vance beweist, dass er die Mechanismen Washingtons inzwischen beherrscht.
Gleichzeitig baut er diskret an seiner eigenen Machtbasis. Spendenabende, stille Gespräche mit Parteistrategen, Auftritte in Schlüsselstaaten – Vance wirkt, als trainiere er für den Moment, in dem er selbst ins Zentrum rücken muss. An den Wettbörsen wird er längst als Favorit für 2028 gehandelt. Und viele Republikaner sehen ihn schon jetzt als natürliche Nachfolgeoption, sollte Trump vorzeitig ausfallen.
Politische Positionen: Ein zweiter Trump – mit eigenen Akzenten
Inhaltlich marschiert Vance weitgehend auf Trump-Linie: außenpolitischer Nationalismus, innenpolitischer Kulturkampf, protektionistische Wirtschaftspolitik. Anders als Trump scheut er sich aber nicht, bei gesellschaftspolitischen Fragen besonders klare Kante zu zeigen – etwa mit seiner Unterstützung für strikte Abtreibungsverbote oder restriktive Transgender-Gesetze. Damit repräsentiert Vance eine radikalisierte Weiterentwicklung des Trumpismus: jünger, ideologischer, kompromissloser.
Rückhalt und Rivalen in der Republikanischen Partei
Unter der republikanischen Basis genießt Vance nach zehn Monaten im Amt hohe Zustimmung. Er profitiert von der Unterstützung einflussreicher Figuren wie Donald Trump Jr., Tucker Carlson und Steve Bannon sowie von seinen Verbindungen zu Tech-Milliardären wie Elon Musk. Doch auch Skepsis bleibt: Das Parteiestablishment sieht in ihm einen unberechenbaren Aufsteiger, Rivalen wie Ron DeSantis lauern im Hintergrund.
Noch aber wagt niemand, den Vizepräsidenten offen herauszufordern. Denn solange Trump regiert, dreht sich in der GOP alles um den Präsidenten. Vance bleibt damit, zumindest offiziell, der loyale Gefolgsmann – und inoffiziell der bestvorbereitete Thronfolger, den die Partei seit Jahrzehnten hatte.