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2nd Opinion: Nobelpreis für Nichtpolitik

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Donald Trump

©IMAGO/ZUMA Press Wire

Wenn Donald Trump auch noch die Beendigung des Ukraine-Krieges gelingt, wird an einem Friedensnobelpreis für den Mann mit den orangen Haaren wohl kein Weg mehr vorbeiführen.

Ob Donald Trump den Friedensnobelpreis verdient, weiß ich nicht. Irgendwie ja, denn wenn sein 20-Punkte-Plan hält und es tatsächlich zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten kommt, wüsste man nicht, wer in unseren Tagen mehr für den Frieden getan hätte als der viel gescholtene US-Präsident mit den orangen Haaren. Vor allem würde man nicht einsehen, warum sein Vorgänger Barack Obama ihn bekommen hat und er nicht.

Ich persönlich halte die seinerzeitige Zuerkennung des Nobelpreises an Obama ohnehin für einen typischen Akt des europäischen Antiamerikanismus: Man hat Obama dafür ausgezeichnet, dass unter seiner Ägide Amerika nicht so war, wie es normalerweise ist. Jetzt ist Amerika wieder so, wie es normalerweise ist, und das mögen die Europäer nicht, wohl aber die Mehrheit der Amerikaner.

Was wiederum den Europäern nur zeigt, wie recht sie mit ihrer Ansicht haben, dass die Amerikaner ein ungebildetes, unkultiviertes Volk sind, das man verachtet, auf dessen politische Führung man nur leider angewiesen ist, weil das eigene politische Personal eine einzige Niederlage ist, allen voran der lächerliche Wichtigmacher im Elysée-Palast. Aber das ist eine andere Geschichte.

Durch und durch gut

Verdient Trump also den Friedensnobelpreis? Irgendwie auch nein, denn ein Teil von mir ist einer der unverbesserlichen Romantiker, die glauben, dass eigentlich nur durch und durch gute Menschen den Friedensnobelpreis erhalten sollten, Heldinnen und Helden, die sich für Frieden und Freiheit aufgeopfert haben.

Ein durch und durch guter Mensch ist Donald J Trump, glaube ich, nun wirklich nicht. Aber auch Willy Brandt und, Gott bewahre, Henry Kissinger waren keine durch und durch guten Menschen. Kissinger! Der Gottseibeiuns der postkolonialen Progressiven, der Erfinder der Realpolitik, der Zynismus auf zwei Beinen. Milo Rau könnte mit dem Briefeschreiben nicht mehr aufhören, wäre Kissinger noch am Werk.

Trump ist allerdings noch einmal eine andere Kategorie als die Realpolitiker alter Schule. Eigentlich müsste das niemanden überraschen, denn Trump ist Nichtpolitiker, und ein Nichtpolitiker ist natürlich auch als Realpolitiker von anderer Art als politische Tiere wie Brandt oder Kissinger. Vor allem kann man solche Menschen politisch kaum einschätzen, weil für sie politische und ideengeschichtliche Überlieferungen keine Rolle spielen, jedenfalls keine handlungsleitende.

Die einen glauben an die Macht der Ideen, die anderen an die Idee der Macht

Ein kluger Mensch hat einmal gesagt, es gebe zwei Arten von Politikern: Die einen glauben an die Macht der Ideen, die anderen an die Idee der Macht. Mir scheint, Trump ist auch in dieser Hinsicht ein eigenartiges Wesen, denn er ist weder auf Ideen noch auf Macht geeicht, sondern auf Emotion.

Man sollte bei dieser Gelegenheit nicht vergessen, dass der sogenannte Nahost-Konflikt, der im heutigen Sinn mit der Gründung des Staates Israel 1948 begann, bereits zwei Mal für Nobelpreise gesorgt hat: 1978 erhielten ihn der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat und der israelische Ministerpräsident und frühere Terrorist Menachem Begin für den Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten, der seither einer der wenigen stabilisierenden Faktoren im Nahen Osten geblieben ist.

1994 waren PLO-Chef Yassir Arafat, Shimon Peres und Jitzchak Rabin für den Abschluss des Osloer Abkommens an der Reihe, dessen Umsetzung bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist. Sadat und Rabin fielen Mordanschlägen zum Opfer, die Attentäter kamen jeweils aus den eigenen Reihen.

Der fundamentale Wandel des Politischen

Doch zurück zu Trump. Ob er jemals den Friedensnobelpreis bekommt – sollte ihm auch die Beendigung des Ukraine-Kriegs gelingen, wird man wohl endgültig nicht anders können –, ist weniger wichtig als die Tatsache, dass man an keinem anderen lebenden Politiker so gut den fundamentalen Wandel des Politischen an sich beobachten kann, der seit gut einem Jahrzehnt im Gang ist und der sehr eng mit dem Phänomen der Beschleunigung verbunden ist, die durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche, vor allem der Kommunikation, geprägt ist.

Seit immer alle gleichzeitig wissen, was der andere tut, denkt und sagt, ist eine Politik, die ganz wesentlich auf dem Unterschied zwischen öffentlich und nicht-öffentlich basiert, und auf der Möglichkeit, Kommunikation bis zu einem gewissen Grad steuern zu können, nicht mehr möglich. Bruno Kreisky, eine der Ikonen nicht nur der österreichischen Politik, hätte unter den heutigen Bedingungen der politischen Kommunikation politisch keine drei Monate überlebt.

Übergang zwischen den Zeiten

Ich finde es nachvollziehbar, dass sich vor allem europäische Medien so schwer mit Trump tun: Er verkörpert den Übergang zwischen den Zeiten, in denen man sich seiner Sache und auch seiner Bedeutung sicher sein konnte, und einer Ära, in der ganz andere Dinge über Erfolg und Misserfolg, über Existenz und Auslöschung entscheiden, als noch vor zehn Jahren.

Das Alte ist schon gestorben, das Neue ist noch nicht geboren. Medienmenschen wissen das aus schmerzhafter eigener Erfahrung, denn es gilt für ihr Geschäftsmodell ganz genauso wie für das der Politik. Ihre Verachtung für das Medienphänomen Trump ist am Ende nichts anderes als der Ausdruck der eigenen Verzweiflung und Ratlosigkeit.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 42/2025 erschienen.

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