Von Integration bis Europa: Claudia Plakolm kümmert sich als Regierungsmitglied um Signale, die an Kickl-Wähler gerichtet sind. Ziel: Möglichst viele von ihnen wieder für die Volkspartei gewinnen
ANALYSE DER WOCHE
Dass heuer im März nicht Blau-Schwarz, sondern Schwarz-Rot-Pink zustande gekommen ist, hat ÖVP-Obmann Christian Stocker zwar das Kanzleramt, aber auch ein Problem beschert: Nicht nur freiheitliche Funktionäre um Herbert Kickl reagierten enttäuscht und machten Stocker mitverantwortlich dafür, sondern auch ihre Wähler. Sie sind jedoch relevant für die Volkspartei, die weiterhin davon ausgeht, es nur dann wieder auf Platz eins schaffen zu können, wenn sie mehrere hunderttausend von ihnen überzeugt. Zuletzt ist ihr das 2019 unter Sebastian Kurz gelungen.
Die Möglichkeiten von Stocker, der als ausgleichender Regierungschef gesehen werden will, sind begrenzt. Er hat jedoch eine Ministerin dafür: Claudia Plakolm ist im Kanzleramt für Themen zuständig, die sich aus ÖVP-Sicht hervorragend eignen, FPÖ-Wähler wieder für die Volkspartei zu gewinnen: Europa, Integration, Kultus und Familie. Die 30-Jährige liefert die entsprechenden Inhalte. Kaum im Amt skizzierte sie ihr Bild von Europa: Es sollte sich nicht um Kleinigkeiten, sondern um die Grenzsicherung kümmern. In Bezug auf Integration setzt sie auf Druck und notfalls auch Sanktionen. Wer hierzulande lebt, habe sich an „unsere Werte“ zu halten. Das Kreuz aus Schulen zu entfernen wäre falsch verstandene Toleranz, sagt sie. Bräuche und Traditionen gehörten gepflegt. Ihr Leitbild von Familie ist eine solche bestehend aus Vater, Mutter und Kindern: Keine Silbe wirkt zufällig, jede ist ein Statement.
Dass ihr der linksliberale „Falter“ „Bierzelt-Charme“ unterstellt, kann ihr nur recht sein: Abgesehen davon, dass sie vom Land, dem oberösterreichischen Mühlviertel, kommt und stolz auf ihre Bodenständigkeit ist, zeigt es ihr, dass sie nicht alles falsch macht. Ihr Job ist es schließlich, Kickl gefährlich zu werden, der gerade in Bierzelten punktet. Es bestätigt, dass sie Potenzial dafür hat.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 27/25 erschienen.