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Plaikner: Wenn Medien wie Bittsteller agieren, werden sie Untertanen

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©Gernod Gleiss
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Der Protest der Journalisten gegen eine Drohung der FPÖ ist so zahm wie die Reaktion der Medienverbände auf vorerst bekannte blau-schwarze Vorhaben für die Branche. Dadurch wirkt das interne „Fürchtet euch nicht!“ des ORF wie eine Aufforderung an die Politik

Österreich hat gewählt. Der FPÖ-Chef, von dem alle Nicht-Parteifreunde ausgeschlossen haben, ihn jemals in diese Position zu hieven, wird wohl Bundeskanzler werden. Wien wählt demnächst. Der Landes-FPÖ-Chef, der wegen des Systemfehlers der amtsführenden Stadträte schon Vizebürgermeister war, droht Medien mit Entzug der Bundespresseförderung. Unterdessen verhandeln im Hintergrund der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker und die schwarze Bald-Ex-Ministerin Susanne Raab die künftige Medienpolitik. Das gefährdet den ORF und die privaten Medien bzw. alle, die Journalismus betreiben.

Wer geglaubt hat, nun bekomme wenigstens Wiens Oberblauer Dominik Nepp die harte Kante einer für die Demokratie unerlässlichen Branche zu spüren, irrt. Von Hinz bis Kunz gab es eher Protest, bis der Verein der Chefredakteure endlich die salbungsvolle Stellungnahme „Die Freiheit der Medien ist die Freiheit aller“ vom Stapel ließ, die dann meist gut in den Samstagblättern versteckt wurde.

Diplomatische Selbstinfragestellung

Dieses Lüfterl im Plastikbecher wurde am Montag noch von der Erklärung „Für Vielfalt, Unabhängigkeit und österreichische Identität“ unterboten, einer gemeinsamen Aussendung der Verbände der Zeitungen (VÖZ), Privatsender (VÖP), Regionalmedien (VRM), Zeitschriften- und Fachmedien (ÖZV). Der ORF-Redaktionsrat hatte schon in der Vorwoche per internem Rundmail beruhigt: „Fürchtet euch nicht!“ Das Management des öffentlich-rechtlichen Marktführers schweigt hingegen dienstvertragsbewusst.

So kommunizieren Diplomaten. So reagieren Bittsteller. So verhalten sich Untertanen. Wenn Medien und Journalismus derart streichelweich gegenüber massiver parteipolitischer Infragestellung auftreten, schüren sie geradezu die Zweifel an ihren sonstigen Aufgaben. Die schamhafte Zögerlichkeit in eigener Sache weckt den Verdacht der Anpassung in jeglicher Kontrollfunktion. Das ist Selbstinfragestellung. Sie entsteht durch innere Uneinigkeit. Während die einen zum Abbruch der Koalitionsverhandlungen aufrufen, scheinen die anderen schon vorab um Separatfrieden mit der künftigen Koalition bemüht.

Verbündet euch mit dem Publikum!

FPÖVP lachen sich unterdessen ins Fäustchen, dass es der meinungsprägenden Informationsbranche sowohl auf Journalisten- als auch auf Kaufleute-Seite nicht einmal bei gemeinsamer existenzieller Gefährdung gelingt, solidarisch auf den Putz zu hauen. So lassen sich ORF und Privatmedien leicht gegeneinander ausspielen. Ihre Vertretungen wollen die Lektion aus dem Ende der Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos nicht lernen: den anderen mitdenken! Wer nur Terraingewinn ohne wohlkalkulierten Gebietsverlust betreibt, wird nicht reüssieren. Erst ORF und Private gemeinsam sind ein Gegenüber, das der Politik Respekt einzuflößen vermag. Sie mitzudenken heißt aktuell, ihr Grenzen aufzuzeigen.

Das schaffen Medien nicht allein. Sie brauchen Verbündete – ihr Publikum, die Zivilgesellschaft. Wenn Medien sich nicht mehr zutrauen, ihre Leser, Hörer, Seher zu kollektiven Handlungen zu bewegen, können sie zusperren. Nein, damit ist nicht Kampagnen-Journalismus gemeint. Aber bis zu einem Volksbegehren in eigener Sache sollte das schon gehen. Nur Einigkeit macht so stark.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.04/2025 erschienen.

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