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Lieber Österreichs Spott-Spot als Deutschlands Satire-Zwang

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Peter Plaikner

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Wenn Sie sich noch an Belangsendungen erinnern können, sind Sie nicht mehr die oder der Jüngste. Das 2001 abgeschaffte System würde allen Parteien, die zur Wahl antreten können, auch Selbstdarstellung garantieren. (K)eine gute Idee

Wahlwerbung war für Printmedien schon ein besseres Geschäft und durfte für den ORF nie eines sein. Plakate werden in ihrer Ergebniswirkung überschätzt und dienen vor allem der parteieigenen Mobilisierung. Dafür sorgt auch die Einbettung der ersten Elefantenrunde schon zwischen den letzten (Kanzler-)„Sommergesprächen“. Das populärste „Jetzt geht’s los!“ setzt aber seit 2017 XXXLutz mit einem Kurzfilm zur politischen Abstimmung. Damals geriet er samt Wahlsong zum beliebtesten YouTube-Werbespot des Jahres. Diesmal gibt es statt des auch 2019 bewährten Parteichef-Puppenspiels eine viele KI-Fragezeichen hinterlassende Szenenfolge mit Klein-Karli, -Andi, -Herbert, -Werner und -Beate. Dazu als Soundtrack das Liedchen: „Der Wahlkampf ist ein Kindergarten. Jeder patzt ein’n jed’n an.“

Hilfsmittel zur Polarisierung

Der Spot könnte größere Bekanntheit erreichen als alle Plakate und Werbungen für die erwachsenen Kandidaten. Denn XXXLutz ist neben Rewe (Billa) und Spar einer der großen drei in der Werbung. Die Frequenz seiner Ausstrahlungen muss auch den großen drei der Parteien Respekt abringen. Denn sie dürfen im ORF, dem weitaus reichweitenstärksten TV-Angebot, nicht werben, sondern sind dort auf redaktionell-journalistische Berücksichtigung angewiesen. Das geschieht zu Wahlzeiten mehr denn je. Doch ein Spott-Spot wie jener von XXXLutz wirkt wie ein Turbo für die Publikumsverachtung der Politik.

Ein theoretisches Gegenmittel dazu wären Belangsendungen, wie es sie bis 2001 im ORF gab. Hätte jede Partei, die aufgrund ihrer Abgeordnetenzahl oder Unterstützungserklärungen zur Wahl antreten darf, automatisch Werbezeit, könnte das den Streit über die Teilnahme an TV-Duellen mindern. Doch die meisten solchen Einschaltungen waren einst bloß schlecht und langweilig. Heute hingegen würden sie aufgrund von Amerikanisierung und Polarisierung wohl oft an rechtliche Grenzen stoßen. Wobei die Frage, wie sehr die Bierpartei dann für Turbobier werben darf, noch ein vergleichsweise kleiner Konflikt sein könnte. Der Großteil der US-Spots ist Negative Campaigning: Sage Böses über den Gegner.

„Machtergreifung“ durchgesetzt

Das beste Argument gegen die Wiedereinführung solcher Belangsendungen liefert die deutsche Regelung dafür. Zur Landtagswahl in Sachsen setzte das immerhin im Europäischen Parlament vertretene Satireprojekt „Die Partei“ den Radiospot „Die Machtergreifung“ durch, in dem auf einen AfD-Wähler geschossen wird. Der MDR hatte sich dagegen mit dem Argument gewehrt, die Einschaltung verharmlose Gewalttaten. Doch das Oberverwaltungsgericht Leipzig entschied für die Ausstrahlung.

Nun ist Österreich nicht Ostdeutschland und keiner der zur Nationalratswahl antretenden Listen eine ähnliche Ausreizung von „Satire darf alles“ zuzutrauen. Doch die Liveübertragung der Gedenkstunde zur Aufbahrung von Gossip-Baumeister Richard Lugner im Stephansdom und der XXXLutz-Spot „Der Wahlkampf ist ein Kindergarten“ sind für öffentlich-rechtliche Medien und eine Demokratie leichter auszuhalten als das, was in Sachsen per Belangsendung durchgeht. Die AfD dürfte dort gewinnen.

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