Es ist ein schmaler Grat, den die Lebensmittelindustrie beschreitet. Verwirrende Begrifflichkeiten und Fehlinformationen täuschen oft über Herkunft, Verarbeitungsweise oder Inhalt eines Produkts hinweg, während sich das Unternehmen immer noch im Bereich des Legalen bewegt. Oft verrät erst ein Blick auf das Kleingedruckte die volle Wahrheit über das Produkt. Doch wer liest schon den kompletten auf der Verpackung aufgedruckten Text? Eben. Und bis dahin hilft sich die Industrie mit kleinen, legalen Tricks über die Sprünge.
1. Erdbeerjoghurt ohne Erdbeeren
Was hat Erdbeerjoghurt mit Erdbeeren zu tun? Herzlich wenig. Was hat Erdbeerjoghurt mit Paradeisern oder Sägespänen zu tun? Schon wesentlich mehr. Der Grund: So viele Erdbeeren, um damit jedes Joghurt am Markt zu befüllen, wachsen auf der ganzen Welt nicht. Also muss etwas anderes her. Und das sind eben Paradeiser oder Sägespäne. Aus ihnen wird mithilfe von Mikroorganismen Erdbeeraroma gewonnen wird. Übrigens: Damit sich ein Erdbeerjoghurt ebenso nennen darf, muss es gerade mal ein Prozent echte Frucht enthalten.
2. Putensalami mit Schwein
Wer meint, schweinefleischfrei zu essen, wenn er in der Feinkostabteilung ein Semmerl mit Putensalami ordert, irrt. Denn allzu oft täuscht der Name über den tatsächlichen Inhalt der Wurst hinweg. Der Grund: Da sich Putenfett im Vergleich zu anderen Fettsorten schon bei niedrigeren Temperaturen verflüssigt, wird oft Schweinespeck oder –fett beigemengt. Das sorgt für die richtige Konsistenz, bessert den Geschmack auf und ist in Österreich völlig legal. Nur zwei Regeln dürfen nicht gebrochen werden: Der Anteil an Speck darf laut dem Österreichischen Lebensmittelbuch nicht die 30-Prozent-Grenze überschreiten und muss in der Zutatenliste angeführt sein.
3. Österreichisches aus dem Ausland
Wir stehen auf regionale Produkte. Weil sie irgendwie gesünder sind und obendrein die Umwelt schonen. So kaufen wir zum Beispiel Schweinefleisch, das laut Verpackung aus Österreich stammt – und haben dann ein Schnitzerl aus, sagen wir mal, Deutschland auf dem Teller. Wie das geht? Ganz einfach! Sobald das Tier hierzulande aufgezogen und geschlachtet wird, darf es als österreichisches Produkt verkauft werden. Egal, wo es tatsächlich herkommt, sprich geboren wird. Diese Regelung gilt für Geflügel, Schweine-, Schafs- und Ziegenfleisch. Klarer geregelt ist die Sache bis dato nur bei Rind- und Kalbsfleisch: Hier muss auch das Geburtsland angeführt sein.
4. Schokobananen ohne Bananen
Lust auf eine Schokobanane? Bald nicht mehr. Nur selten hat die Kult-Nascherei in ihrem süßen Dasein eine Banane gesehen. Was Sie vermutlich ohnehin schon geahnt haben. Was Sie aber vielleicht noch nicht wussten: Eine Mischung aus Alkohol, Essig- und Schwefelsäure verleiht der Schokobanane ihren typischen Geschmack. Irgendwie doch nicht so lecker!
5. Verwirrende Kennzeichnungen
Manchmal scheint es, als würden die Hersteller die Konsumenten mit Absicht in die Irre führen. Nehmen wir noch mal das Beispiel des Erdbeerjoghurts: Trägt es die Aufschrift "Erdbeeraroma", heißt das noch lange nicht, dass es jemals eine Erdbeere gesehen haben muss. An dieser Stelle dürfen wir an das aus Sägespänen gewonnene Aroma erinnern. Steht auf der Verpackung "natürliches Aroma", ist das Produkt zwar natürlich. Aus Erdbeeren muss es dennoch nicht gefertigt sein. Lediglich der Ausgangsstoff muss pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sein. Schließlich gibt es noch die Bezeichnung "ohne künstliche Aromastoffe", was so viel bedeutet wie: Natürliche Aromastoffe sind hier völlig legitim. Alles klar? Und noch etwas: Steht auf dem Kirschjoghurt "ohne Farbstoffe", heißt das nicht zwingend, dass die schöne Farbe von den reifen Früchten stammt. Hier wird gerne mit Rote-Rüben-Saft geschummelt.
6. Räucherschinken ohne Räuchern
Wie sonst als durch wochenlanges Abhängen in der Räucherkammer bekommt der Schinken seine unverkennbare Note? Ganz einfach! Durch Aufsprühen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Denn anstatt dem Schinken seine Zeit fürs Reifen zu geben, wird aus Holzkohle oder durch das Verbrennen von Spänen kurzerhand Flüssigrauch gewonnen, der dann einfach aufgesprüht wird. Die Bezeichnung "Raucharoma" weist auf eine entsprechende Behandlung hin.
7. Steirisches Kürbiskernöl
Ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) aus dem Jahr 2012 ließ Kürbiskernöl-Liebhaber aufhorchen: Bei nur 13 der insgesamt 30 getesteten Produkte stammten die Kürbiskerne tatsächlich aus Österreich. In sechs Fällen fanden die Forscher Kerne aus China, in elf weiteren aus Russland. Was der Legalität keinen Abbruch tut, da die Herkunft der Kerne nicht angegeben werden muss. Wenn also ein Bild der Steiermark oder die Worte "erste Pressung aus Österreich" auf dem Etikett prangen, heißt das, so der VKI, noch lange nicht, dass auch heimische Kürbiskerne verarbeitet wurden. Anders bei einem Produkt, dass als "Steirisches Kürbiskernöl" ausgewiesen wird. Hier müssen die Kerne aus der Steiermark, dem Südburgenland oder Teilen Niederösterreichs stammen.