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Für den Deutschen Buchpreis nominiert: "Die Holländerinnen"

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Elminger erzählt vom Urwald
©APA, Hanser
Im Urwald kann man sich leicht verlaufen, obwohl man überall auf Spuren zu stoßen scheint. So geht es einem auch bei der Lektüre des Romans "Die Holländerinnen" von Dorothee Elmiger. An Werner Herzog, Klaus Kinsky und Milo Rau muss man dabei ebenso denken wie an Wolfram Lotz oder Joseph Conrad. In der vertrackten Dschungelstory der Schweizer Autorin hat sich auch die Jury des Deutschen Buchpreises verloren: Sie hat "Die Holländerinnen" auf die Longlist gesetzt.

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Das vierte Buch der in New York lebenden Zürcher Autorin und Übersetzerin ist formal als Rückblick angelegt: Eine renommierte Erzählerin nutzt eine Poetikvorlesung für die Erinnerung an ein Abenteuer, zu dem sie vor einigen Jahren ein Theatermacher eingeladen hatte. Mitten im südamerikanischen Regenwald erarbeite man gerade ein aufregendes Projekt, zu dem sie viel beitragen könne. Das habe so verrückt wie überzeugend geklungen, dass sie quasi sofort aufgebrochen sei, erzählt sie am Rednerpult. Und schon tauchen wir ein in die Nacherzählung einer Reise, deren physische wie psychische Herausforderungen sie an ihre Grenzen gebracht hatte.

Worum es bei diesem Theaterprojekt genau geht, wird selbst den Beteiligten nie wirklich klar. Diskutiert wird ständig, doch in der Schwüle der Tropen legen sich die Herausforderungen der Praxis rasch über die theoretischen Konzepte, und bald ist die Kunst nicht mehr die Hauptsache. Die üppige und mitunter als bedrohlich empfundene Natur will bezwungen oder zumindest in Schach gehalten werden, und nicht nur, wer dem so charismatischen wie chaotischen Theatermacher blind folgt, kann verloren gehen: Auch die zwei titelgebenden Holländerinnen, die alleine unterwegs waren, werden seit längerem vermisst.

Der Reisebericht, der gleichzeitig auch ein Probentagebuch ist, wird zum Abenteuerroman, zum Krimi, ja bisweilen zum Horror. "Immer wieder umkreist der Text auch Fragen nach dem Grund unseres Daseins, nach dem Tod: das Geschichtenerzählen als Pfeifen im Wald, als tröstendes Mittel gegen die Angst", sagte Dorothee Elmiger im Interview mit der Schweizer Nachrichtenagentur sda.

Raffiniert baut die Autorin, die selbst eine ähnliche Reiseerfahrung gemacht hat, dabei aber doch wieder Kunsttheorie ein: Wie sollen etwa die eigenartigen Fotos interpretiert werden, die von den Holländerinnen kurz vor ihrem Verschwinden gemacht wurden und die nun als einzige Beweisstücke vorliegen? Und wie sehr hat der Theatermacher das, was nun an Ängsten und Auseinandersetzungen die Gruppe aufmischt, vorhergesehen, in seine Arbeit eingebaut oder sogar mit initiiert? Werden etwa alle manipuliert?

Als Leser weiß man eigentlich von Anfang an, dass es die Rednerin tatsächlich heil aus diesem Abenteuer rausgeschafft hat - das vergisst man aber immer wieder. Denn auch Dorothee Elmiger versteht sich auf gekonnte Manipulation und überzeugende Verführung.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Dorothee Elmiger: "Die Holländerinnen", Hanser, 160 Seiten, 23,70 Euro)

FRANKFURT AM MAIN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA / Hanser

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