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Eine mittlerweile 24 Bände umfassende Reihe um Ermittler Dave Robicheaux gilt als Hauptwerk des 88-jährigen, in Texas geborenen und in Montana lebenden Autors. "Flags On The Bayou", so der Originaltitel von "Im Süden", hält Burke aber selbst für seine beste Arbeit. Dafür gibt es gute Gründe: Stilistisch bewegt sich der Roman auf demselben hohen Niveau, das auch Burkes Krimis von der Massenware unterscheidet. Auch hier stehen wie bei der Robicheaux-Serie Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Sühne, Moral und Unmoral, Liebe und Hass im Fokus - und komplexe Beziehungen zwischen den Protagonisten.
Im Herbst 1863 hat die Unionsarmee die Kontrolle über den Mississippi gewonnen. Die Einheiten der Konföderierten sind auf dem Rückzug, Guerillakämpfer treiben ihr Unwesen und Lynchjustiz. Die Plantagenbesitzer und Sklavenhalter im Süden bangen um ihre Zukunft. Vor diesem Hintergrund wird ein grausamer Gutsherr verstümmelt und ermordet. Eine tatverdächtige Sklavin versucht gemeinsam mit einer Abolitionistin, den Häschern zu entkommen. Burke erzählt eine Geschichte von Verbrechen, Rassismus und Wahnsinn des Kriegs und hält der Gegenwart einen Spiegel vor.
Berichtet wird von mehreren Personen in der Ich-Form. Dadurch ergibt sich ein vielfältiger Blick auf die Charaktere, keiner ist nur das, für was ihn die anderen halten. Die Grenzen zwischen Helden und Bösewichten verschwimmen oder lösen sich gar auf. Zwischen reichlich Spannung, Dramatik und Grausamkeiten nimmt Burke durch seine Figuren gesellschaftspolitisch Stellung: "Mit schöner Regelmäßigkeit geben wir im Norden wie im Süden die Macht an Menschen ab, die sich nicht für uns interessieren", heißt es an einer Stelle etwa. Poetische Beschreibungen der Schönheit der Landschaft des Südens bilden Kontraste zu Gewaltausbrüchen.
Nach einer packenden, mit Morden, Sadismus und Einblicken in kranke Gedanken gefüllten Story entlässt uns Burke in ein halbwegs versöhnliches Ende. Aber der Irrsinn von Rassismus, Machtstreben und dem, was Menschen einander antun können, hallt nach: "Der Krieg ist ein Eingeständnis des Scheiterns, und diejenigen, die ihn führen, sind die Händler des Todes, nicht weil sie Mörder sind, sondern weil sie nie den Mut hatten, ein anständiges Leben zu führen" - kluge Worte in einem ebenso packenden wie wichtigen Buch.
(Von Wolfgang Hauptmann/APA)
(S E R V I C E - James Lee Burke: "Im Süden", aus dem Amerikanischen von Alexander Wagner, btb Verlag, 352 Seiten, 16 Euro)
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