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Prosser, geboren 1983 in Alpbach in Tirol, verbindet in der Figur des Ich-Erzählers zwei nur auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Geschichten. Im Libanon arbeitet der Protagonist an einer Reportage über die Kunstszene in dem Bürgerkriegsland und lässt sich von seinen Kontaktleuten in die Szene einführen, in der Feiern und Töten, wilde Partys und heillose Zerstörung unmittelbar nebeneinander stehen. In Tirol erinnert er sich an den alten Maler Lenz, der ihm einst als kunstinteressierter Bub von seiner Mutter vorgestellt wurde, um ihn mit den Geheimnissen der Malerei vertraut zu machen. In beiden Erzählsträngen gelingen Prosser, der 2017 für seinen Roman "Phantome" für den Deutschen Buchpreis nominiert war, intensive Szenen und Bilder.
Zunächst haben die Eindrücke seiner Libanon-Reise die Oberhand. Gespräche über die verheerende Hafen-Explosion in Beirut oder das Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Shatila, Graffitis von islamistischen "Märtyrern" und Begegnungen des Abenteurers und Hasardeurs mit schwer bewaffneten Hisbollah-Kontrollposten vermitteln einen starken Eindruck von allgegenwärtiger Gewalt, mit der man sich arrangieren muss, um weiterleben zu können.
Beim Ordnen des Materials für die journalistische Verarbeitung im heimatlichen Tirol mischen sich aktuelle Eindrücke des "Heimkehrers" mit seiner Familiengeschichte. Er lebt im "Ludwig-Haus", das ihm von seinem Großvater vererbt wurde. Dieser arbeitete nach seiner verletzungsbedingten Rückkehr von der Front als Aufseher für Kriegsgefangene und geriet offenbar auch daheim in Gewissenskonflikte. Hier hatte sich nämlich in schwer zugänglichen Gebirgsabschnitten ein "Nest" von Deserteuren gebildet, zu dem sich auch ein ukrainischer Kriegsgefangener flüchtete. Der Enkel beginnt, sich genauer für die Umstände von einst zu interessieren, die Recherchen sind unerwartet ergiebig.
Unversehens erhält auch die Zeit von damals neue Aspekte und frische Farbe. Buntheit war dem Maler Hugo Lenz durch seine Fronterfahrung allerdings für immer ausgetrieben worden. "Wie könnte er noch Farben verwenden? Es kam ihm falsch vor, verlogen. Außer Schwarz, ja, alles müsste schwarz sein."
Robert Prosser präsentiert "Das geplünderte Nest" am Mittwoch im Literaturforum Schwaz gemeinsam mit dem Schlagzeuger Lan Sticker, der auch bei der Aufführung von "Verschwinden in Lawinen" sein Kompagnon ist. Versprochen wird "eine eindringliche Performance".
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Robert Prosser: "Das geplünderte Nest", Verlag Jung und Jung, 176 Seiten, 24 Euro, Buchpräsentation am 24.9., 19.30 Uhr, im Literaturforum Schwaz, Museum der Völker. Lesung am 30.9., 20 Uhr, Stadt:Bibliothek Salzburg, Panoramabar. www.robertprosser.at)
SALZBURG - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA / Jung und Jung