Nach dem verheerenden Amoklauf an einem Grazer Gymnasium herrschen in ganz Österreich und darüber hinaus Betroffenheit, Trauer – und Solidarität. Von Papst Leo XIV. über Politiker bis hin zur Zivilgesellschaft werden stille, eindrucksvolle Zeichen der Anteilnahme gesetzt.
Stille statt Schlagzeilen: Österreich gedenkt der Opfer von Graz
Es sind Momente, in denen Worte versagen – und genau das war spürbar, als die Nordkurve von Sturm Graz ein pechschwarzes Banner an der Mauer des Gymnasiums in der Dreierschützengasse befestigte. „Graz steht zusammen“, steht darauf geschrieben. Kein Laut, keine Fangesänge. Nur stille Solidarität.
Nach dem Amoklauf eines ehemaligen Schülers, der am Dienstag elf Menschen – darunter sich selbst – das Leben nahm, steht Österreich unter Schock. Doch die Reaktion ist nicht nur von Fassungslosigkeit geprägt, sondern auch von Zusammenhalt, Mitgefühl und überkonfessioneller Anteilnahme.
Ein ganzes Land hält inne
Am Mittwoch um 10 Uhr stand Österreich still. In Gedenken an die Opfer wurden bundesweit öffentliche Verkehrsmittel angehalten, TV- und Radiosender unterbrachen ihr Programm. Die Wiener Linien ließen rund 900 Fahrzeuge für eine Minute zum Stillstand kommen. „Die Wiener Linien trauern mit Graz, unser Mitgefühl geht an alle Betroffenen. Wir geben unseren Fahrgästen, aber auch unseren Mitarbeiter:innen die Möglichkeit innezuhalten und sich an der Trauerminute zu beteiligen. Wir stehen zusammen für Graz“, so Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl. In Bus, Bim und U-Bahn sowie den Haltestellen und U-Bahn-Stationen kündigt außerdem eine Durchsage die Trauerminute an. Auch die Haltestellenanzeigen werden mit der Botschaft „Wir stehen zusammen für Graz“ versehen.
Trauerminute der Wiener Linien
Die Wiener Linien ließen rund 900 Fahrzeuge für eine Minute zum Stillstand kommen.
Der Stephansdom läutete seine Halbpummerin – ein stilles Zeichen der Verbundenheit mit jenen, die um geliebte Menschen trauern. Sogar der Ministerrat trat ohne Medienstatements zusammen, politische Tagesgeschäfte wurden hintangestellt. Stattdessen dominierte ein klares Signal: Respekt. Anteilnahme. Staatstrauer.
Bereits am Dienstagabend zündeten Caritas und Junge Kirche auf dem Wiener Stephansplatz tausende Kerzen an. Ihre Botschaft: Licht in der Finsternis. Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft gedachte der Opfer mit einer Gebetsstunde, ebenso die evangelische Kirche. Überall war zu hören, was Worte kaum auszudrücken vermögen – Mitgefühl.


Der von den Sturm-Graz-Fans aufgehängte Banner.
© IMAGO / PixsellInternationale Anteilnahme
Die Erschütterung macht nicht an Landesgrenzen halt. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz bekundete seine Unterstützung, Solidaritätsadressen kamen auch aus Italien und von der Europäischen Kommission. Sie alle stehen in diesen Tagen hinter einer Stadt – und einem Land –, das von einer unfassbaren Tat gezeichnet ist.
Papst Leo XIV. gedachte der Opfer bei der Generalaudienz in Rom. „Der Herr nehme diese seine Kinder in seinen Frieden auf“, sagte er vor rund 40.000 Menschen auf dem Petersplatz und versicherte den Angehörigen seine Gebete. Worte, getragen von universeller Menschlichkeit.
Zivilgesellschaft zeigt Haltung
Auch Institutionen wie die Österreichische Ärztekammer, die Universitätenkonferenz, der Berufsverband Österreichischer Psycholog:innen und die Muslimische Jugend Österreich reagierten – mit Statements, in denen der Ruf nach Zusammenhalt und Besonnenheit im Vordergrund steht. Nicht zuletzt, um jene zu schützen, die sich jetzt mit Fragen, Sorgen und Ängsten allein gelassen fühlen.
Ein Moment der Stille – und eine bleibende Mahnung
Bei aller Trauer bleibt die Frage, wie es weitergeht. Der Nationale Sicherheitsrat tritt zusammen, um mögliche Konsequenzen zu diskutieren. Doch in diesen Tagen geht es nicht um rasche Antworten, sondern um würdiges Erinnern. Um die klare Botschaft: Die Opfer sind nicht vergessen.
Und so sind es nicht laute Schlagzeilen, sondern stille Gesten, die in Erinnerung bleiben. Kerzenlichter. Glockengeläut. Eine schwarze Fahne im Wind. Und ein Spruch, der an einer Grazer Schulmauer hängt – schlicht, klar und berührend: „Graz steht zusammen.“