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Innovation ist für UNICEF kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit

In Kooperation mti UNICEF
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©UNICEF/UNI821995/Dejongh

Klimakrise, digitale Umwälzung, Instabilität: UNICEF setzt auf offene Innovation – von Solarstrom für Schulen bis zu Blockchain für Impfstoffe. Sunita Grote erklärt, warum Partnerschaften entscheidend sind und wie auch Österreich mitgestalten kann.

In einer Welt, die von Klimawandel, digitalem Wandel und wachsender Instabilität geprägt ist, denkt UNICEF neu darüber nach, wie Kinderrechte geschützt und lebenswichtige Dienstleistungen bereitgestellt werden können. Das Office of Innovation und der UNICEF Venture Fund treiben offene, skalierbare Lösungen voran, die Millionen von Kindern weltweit erreichen – und die Organisation lädt Partner aus Forschung, Wirtschaft und Regierung ein, sich an diesem Vorhaben zu beteiligen. Ein Gespräch mit Sunita Grote, Leiterin von UNICEF Ventures, darüber, warum Innovation für die Mission von UNICEF zentral ist, welche entscheidende Rolle Partnerschaften spielen und wie österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen etwas bewegen können.

Warum legt UNICEF heute so viel Wert auf Innovation?

Kinder wachsen in einer Zeit beispiel­loser Herausforderungen auf: einer Klimakrise, die bereits eine Milliarde Kinder einem extrem hohen Risiko aussetzt, einer raschen digitalen Umwälzung und zunehmender geopolitischer Instabilität. Traditionelle Ansätze reichen nicht aus. Innovation hilft UNICEF, sich schneller anzupassen, bewährte Lösungen weiter auszubauen und wichtige Dienstleistungen widerstandsfähiger zu machen. Ob es nun um Solarenergie geht, die in Pakistan Klassenzimmer während Stromausfällen am Laufen hält, oder um KI-Tools, die Überschwemmungen in Timor-Leste vorhersagen – Innovation bietet uns neue Wege, um unsere Kernmission zu erfüllen: das Recht jedes Kindes auf Gesundheit, Bildung und Sicherheit zu schützen.

Was unterscheidet UNICEFs Ansatz für Innovation von anderen?

UNICEFs Stärke liegt in unserer Reichweite und Glaubwürdigkeit. Mit einer Präsenz in 190 Ländern können wir lokale Innovatoren identifizieren, Lösungen in realen Kontexten testen und mit Regierungen zusammenarbeiten, um das, was funktioniert, in nationale Systeme zu integrieren. Innovation ist kein Nebenprojekt – es ist eine unternehmensweite Anstrengung. Unser Venture Fund ist UNICEFs Motor für bahnbrechende Technologien. Seit 2014 tätigen wir risikofreie Investitionen in Open-Source-Lösungen, die von Unternehmern aus Schwellenländern ent­wickelt wurden – von KI und Blockchain bis hin zu Femtech und Klima­innovation. Bis heute haben wir mehr als 150 Unternehmen in 87 Ländern unterstützt und 174 Millionen Menschen erreicht. Fast die Hälfte der Start-ups wird von Frauen geführt.

Welche Rolle können österreichische Unternehmen und Forschungsinstitute bei der Unterstützung dieser Agenda spielen?

Österreichische Unternehmen und Forschungsinstitute haben eine einzigar­tige Gelegenheit, ihr Fachwissen auf einer wirklich globalen Bühne einzubringen. UNICEF bietet die Brücke: Wir testen neue Lösungen in realen Bedingungen, entschärfen die Risiken für die Skalierung und integrieren sie in nationale Systeme. Das bedeutet, dass eine österreichische Innovation direkt vom Labor oder Forschungszentrum in Klassenzimmer, Kliniken und Gemeinschaften weltweit überführt werden kann.

Welche Rolle spielt der private Sektor in UNICEFs Innovationsagenda?

Der private Sektor ist ein entscheidender Partner, nicht nur als Finanzierungsquelle, sondern auch als Mitgestalter von Lösungen. Unternehmen bringen technisches Fachwissen, Kapital und die Fähigkeit, schnell zu handeln. UNICEF bringt Vertrauen, Reichweite und Legitimität.

Der Klimawandel ist eine der größten Bedrohungen für Kinder. Wie innoviert UNICEF in diesem Bereich?

Der Klimawandel bedroht die grund­legenden Dienste, auf die Kinder am meisten angewiesen sind. Wir kombinieren bahnbrechende Technologien mit bewährter Infrastruktur. Solar-Mikrogrids und Batteriespeicher können Impfstoffe kühl halten, KI-gesteuerte Frühwarnsysteme helfen Gemeinschaften bei Überschwemmungen oder Hitze­wellen. Mit Innovation30 haben wir untersucht, was es braucht, damit von Jugendlichen geführte Klimaschutzlösungen Fuß fassen können.

Viele Innovationen stocken in der ­Pilotphase. Wie hilft UNICEF dabei, diese zu skalieren?

Die größte Herausforderung ist die „fehlende Mitte“, wenn Projekte vom ­Pilotstatus zur großflächigen Einführung wechseln. UNICEF begegnet dem mit dem Aufbau von Kapazitäten und dem Spark Accelerator, der Seed-Finanzierungen und Mentoring bietet. So kann ein kleines Pilotprojekt Millionen von Kindern erreichen. Bis heute haben mehr als 80 Prozent unserer Portfolio­unternehmen zusätzliche Finanzierun­g erhalten.

© Richard Tanzer

Steckbrief

Sunita Grote, Leiterin von UNICEF Ventures

Können Sie konkrete Beispiele ­nennen, wie Innovationen bereits das Leben verbessern?

In Kenia betreibt Fresh Life ein zirkuläres Sanitärsystem, das fast 300.000 Menschen täglich dient. In Pakistan werden Schulen mit Solarenergie versorgt. Geowrangler begann als Start-up und ist heute das Rückgrat von UNICEFs Programmen in Südostasien. In Bangladesch setzen wir Blockchain ein, um jede Impfstoffampulle nachzuverfolgen – das schützt jährlich bis zu einer halben Million Kinder zusätzlich.

Wie bereitet UNICEF Kinder und Gesellschaften auf die Zukunft der Arbeit vor?

UNICEF arbeitet daran, sicherzustellen, dass Kinder überall – nicht nur in wohlhabenden Ländern – digitale Kompetenz, Problemlösungsfähigkeiten und Anpassungsfähigkeit erwerben. Durch Programme wie UPSHIFT oder die Game Changers Coalition helfen wir jungen Menschen, Ideen in Fähigkeiten umzusetzen.

Wie stellt UNICEF sicher, dass ­Innovation ethisch und inklusiv ist?

Für UNICEF beginnt und endet Innovation mit den Kinderrechten. Jede Lösung muss den Datenschutz der Kinder gewährleisten, Vorurteile vermeiden und sowohl für Mädchen als auch für Jungen gleichermaßen zugänglich sein. Wir arbeiten gezielt mit unterrepräsentierten Gründerinnen – jungen Menschen, Frauen und Innovatorinnen aus Schwellenländern – und bauen so eine gerechtere digitale Zukunft auf.

Sie arbeiten schon seit Jahren in ­diesem Bereich. Was motiviert Sie?

Glücklicherweise war Motivation nie ein Problem. Es ist die Kluft zwischen der Realität und der Welt der Möglichkeiten, die mich antreibt – der Wunsch, meinen Teil dazu beizutragen, diese Kluft zu schließen.

Was ist eine Erfolgsgeschichte, die Sie mit sich tragen, wenn die Arbeit schwierig wird?

Wenn ich ehrlich bin, motivieren mich oft eher die Lücken, die noch bestehen, und die Ungerechtigkeit, die wir nicht lösen können, als die Erfolge. Zum Beispiel besuchte ich 2017 das Flüchtlingslager Zaatari und traf ein kleines Mädchen, das dort geboren wurde und nie ein Leben außerhalb des Lagers kannte. Ihre Geschichte ist mir im Gedächtnis geblieben und treibt mich bis heute an. Aber ich weiß auch, dass es wichtig ist, die Erfolge zu feiern. Ich trage das Gefühl des Erfolgs mit mir, wenn wir etwas Neues zum ersten Mal ausprobieren, wie zum Beispiel das Pilotprojekt Rumsan in Nepal (eine Blockchain-Plattform für humanitäre Bargeldtransfers, die jetzt in Indonesien, Kenia und Pakistan skaliert wurde). Es ist ein Gleichgewicht aus Mitgefühl und Optimismus.

Was ist eine Idee über Innovation bei UNICEF/der UN, die Sie für völlig falsch halten?

Ein häufiger Irrtum ist, dass Innovation bei UNICEF nur die Technologie selbst betrifft. In Wahrheit ist die Unterstützung von Innovationen oft der einfache Teil. Die wahre Herausforderung besteht darin, Welten miteinander zu verbinden: Menschen, die aus sehr unterschied­lichen Perspektiven denken und motiviert sind, zusammenzubringen und sie auf ein gemeinsames Ziel für Kinder zu bewegen. Der schwierigste Teil der Innovation ist nicht die Gestaltung oder Finanzierung einer neuen Lösung, sondern die Schaffung der Bedingungen, damit diese akzeptiert und angenommen wird.

Innovation hilft UNICEF, sich schneller ­anzupassen, bewährte Lösungen weiter auszubauen und wichtige ­Dienstleistungen widerstandsfähiger zu machen

Sunita Grote, Leiterin von UNICEF Ventures
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