2025 ist das Jahr des Paul Cézanne: Im charmanten Aix-en-Provence öffnen sich die Tore seines Elternhauses „La Bastide du Jas de Bouffan“ erstmals für Besucher. Eine rare Gelegenheit, dem Künstler dort zu begegnen, wo seine Sicht aufLicht, Form und Landschaft geboren wurde.
Es war das Licht, welches Paul Cézanne immer wieder zurück an seinen Heimatort, das beschauliche Aix-en-Provence, brachte. Als Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmanns und späteren Bankiers, der wenig von den künstlerischen Ambitionen seines Sohnes hielt, musste Cézanne sich stets beweisen. Sowohl seinem Vater, als auch der Künstler-Community gegenüber.
Selten hielt der aufstrebende Maler seine eigenen Arbeit für gut oder gar gelungen, was in den Wandgemälden seines Elternhauses im Westen der Stadt, La Bastide du Jas de Bouffan, besonders ersichtlich wird. Oft übermalte er jene Schöpfungen, die Millionen von Besuchern heute wie hypnotisiert studieren.
Das schwierige Verhältnis zwischen Cézanne und seinem Vater spiegelt sich auch in einem Gemälde jener Zeit wider: Es zeigt den autoritären Vater beim Zeitunglesen, den Blick abgewandt: Ein Zeichen dafür, wie wenig er das künstlerische Streben seines Sohnes anerkannte.


La Bastide du Jas de Bouffan
Cézannes Elternhaus: 2017 entschied die Stadtverwaltung, das ehemalige und lange Zeit leer stehende Anwesen der Familie Cézanne als „Cézanne Haus“ zu rekonstruieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch ein „Cézanne Research and Documentation Center“ entsteht hier.
Küche, Studio und Park werden bis 2026 in ihren ursprünglichen Zustand versetzt, um Besuchern ein Gefühl für das 14 Hektar große Anwesen zu Cézannes Zeit zu geben, welches in etlichen Werken des Künstlers abgebildet ist. Das Haus wurde bis 1899 als Landsitz der Familie genutzt und nach dem Tod des Vaters Louis-Auguste verkauft. Paul Cézanne kehrte nach dem Verkauf seines geliebten Elternhauses nie wieder hierher zurück.
Saint-Victoire und die Lavendelfelder
Vor der Unruhe seines Inneren suchte der scheue Paul Zuflucht bei seiner Mutter, die er zeitlebens verehrte, und in den Wäldern der Montagne Sainte-Victoire, dessen orangefarbene Optik und
schroffe wie malerische Umgebung er in etlichen Gemälden verewigte. Bis heute gilt das bergige Gebiet als Rückzugsort für naturaffine Einheimische, die hier E-Biken, Wandern oder die steinernen Reminiszenzen des Steinbruchs von Bibémus durchstreifen, der einst buchstäblich den Grundstein für den Bau von Aix-en-Provence lieferte. Diese einmalige Landschaft verewigte Cézanne in elf weltberühmten Ölbildern und 16 Aquarellen: Hier finden sich bereits erste Spuren kubistischer Impulse.
Wer die Gegend auf dem E-Bike erkundet, sollte unbedingt einen Abstecher ins erste agritouristische Zentrum für biologischen Lavendelanbau in Aix-en-Provence einplanen: Beim Picknick im duftenden Lavendelfeld von Terre Ugo dürfen die vom Wandern müde Füße kurz Pause machen. Terre Ugo ist nicht nur ein unglaublich fotogener Ort, er bietet außerdem verschiedene Möglichkeiten, die berühmteste Nutzpflanze der Provence, den Lavendel, näher kennenzulernen: zum Beispiel beim Seifen- oder Lavendelkissen-Workshop.
Die Natur hab' ich kopieren wollen. Es gelang mir nicht
Ein Hotel-Tipp für Romantikliebhaber: Die elegante, aber erstaunlich unprätentiöse Villa Gallici. Die luxuriös-intimen 23 Suiten, das Restaurant und die Aufenthaltsräume, in denen hölzerne Brettspiele und nostalgische Provence-Reiseführer an längst vergangene Zeiten erinnern, ziehen jedes Jahr Promis wie Bono und Sharon Stone an.
Im spektakulär begrünten Außenbereich samt Pool kann man der sengenden Mittagshitze zumindest für einen Moment entfliehen. Kulinarisches Highlight: Das von Küchenchef Christophe Gavot eigens kreierte „Cézanne-Menü“, das mit 135 Euro (exklusive Weinbegleitung) preislich gar nicht mal schockiert, dafür eine echte Offenbarung ist.


Musée Granet
Cézanne 2025: Vom 28. Juni bis 12. Oktober präsentiert das Musée Granet in Aix-en-Provence über 130 Werke Paul Cézannes aus internationalen Sammlungen. Im Mittelpunkt steht jene prägende Schaffensphase, die er im Jas de Bouffan verbrachte, das ihm nicht nur als Atelier, sondern auch als künstlerisches Labor und geistiger Rückzugsort diente. Weltberühmte Werke, wie die „Badenden“ (1890–1895), Stillleben, Selbstporträts und die berühmten Landschaften rund um Jas de Bouffan sind hier ausgestellt.


Kunstzentrum Gallifet
Moderne Kunst, Interieur und Kulinarik: Steinern, erhaben und von Efeu umrankt: Im Kunstzentrum Gallifet wurden Kunst und Kulinarik perfekt in Einklang gebracht. Bis 28. September widmet sich die Ausstellung „Échos de Cézanne“ dem Nachklang des Malers in der Gegenwart. Lokale wie internationale Jungkünstler, Bildhauer und Fotografen widmen sich seinem Einfluss auf die zeitgenössische Kunst.


Atelier des Lauves
Im Schaffensraum des Künstlers: Am 28. Juni 2025 wurde das Atelier feierlich wiedereröffnet – ein Erinnerungsort, an dem die Handschrift des Künstlers bis heute bewahrt wurde. Besucher können im Atelier des ehemaligen Bauernhauses am Fuße des Hügels Les Lauves Cézannes Arbeitskleidung, Farbtöpfe, Pinsel, Staffeleien und persönliche Objekte, wie die Totenschädel („Schädelpyramide“, 1901) bestaunen. Hier malte er nach dem Verkauf des Jas de Bouffan von 1902 bis zu seinem Tod 1906 fast täglich und schuf etliche seiner Meisterwerke, wie die letzten „Grandes Baigneuses“.


Villa Gallici *****
Luxus zum Anfassen: Exquisiter Rückzugsort und kulinarischer Hotspot: Die Villa Gallici ist zwar nichts für Fans von minimalistischem Interior, dafür werden sich all jene, die das Opulente und Romantische lieben, hier mehr als wohlfühlen. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Aixer Landhaus aus dem 18. Jahrhundert im Stil eines florentinischen Palasts. Highlight: Das „Cézanne-Menü“ im hoteleigenen Restaurant „La Taula Gallici“ – und die 80 m2 große Villa „Cézanne“ mit privatem Whirlpool.


Aix-en-Provence
Ein perfektes Wochenende: Mit Austrian Airlines von Wien nach Marseille und tiefer Richtung Provence: Aix-en-Provence eignet sich wunderbar für einen verlängerten Wochenend-Trip. Die Stadt ist charmant, aber in ihrer Größe überschaubar und bietet zahllose Attraktionen für Kunst- und Kulinarikfans, wie zum Beispiel das Kunstzentrum Caumont Centre d’Art oder das Château La Coste. Viel Zeit einplanen sollte man an den vielen Märkten der Stadt, die fast täglich stattfinden und die heimische Bevölkerung mit Gemüse, Fisch, Käse, Honig und Handwerk versorgen.


Terre Ugo
Alles über Lavendel: Das Familienanwesen Terre Ugo hat sich dem biologischen Lavendelanbau verschrieben und lockt jedes Jahr Zigtausende Besucher an. Überlaufen ist es dort trotzdem nicht. Seit 2017 gedeihen hier 45.000 Lavendelpflanzen. Zwischen Mai und September kann man das Anwesen besuchen, an Lavendel- und Seifenworkshops teilnehmen und das einmalige Ambiente genießen. Ausgefallene Lavendelkreationen wie Lavendelhonig, Badesalze, Duftöle, Kerzen, Marmeladen und Tees eignen sich perfekt als Mitbringsel und finanzieren so außerdem den biologischen Lavendelanbau des Terre Ugo mit.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 28+29/25 erschienen.