Bei Hotelbuchungen führt heute kein Weg an booking.com vorbei. Ein Blick hinter die Kulissen der Plattform, die gleichzeitig geliebt und gefürchtet wird.
Wie wäre es mit einem Wochenende in Mailand oder in Madrid? Gleich mal auf booking.com nachsehen, welche Hotels verfügbar sind und was ein Zimmer kosten könnte. Wer heute ein Hotel sucht – egal, ob für die Geschäftsreise, die Städtereise übers Wochenende oder den Wanderurlaub in Westösterreich – wendet sich in den meisten Fällen an diese Buchungsplattform, die inzwischen zum Synonym für rasches Vergleichen und Buchen von Hotels und anderen Unterkünften geworden ist.
Geschätzte fünf Prozent der weltweiten Reiseausgaben laufen heute über Booking Holdings, den Konzern hinter booking.com, zu dem weitere Marken wie Kayak gehören. Auf booking.com selbst sind heute rund 29 Millionen Quartiere zu finden – vom Fünf-Sterne-Hotel in Paris über die Pension im Waldviertel bis zum Ferienhaus in Kalifornien. Es gibt weltweit kaum noch Regionen, in denen das prägnante blaue Logo nicht vertreten ist.


Glenn Fogel
Der US-Amerikaner ist seit Januar 2017 CEO von Booking Holdings und seit Juni 2019 CEO von booking.com. Vor seiner Zeit bei Booking arbeitete der 64-Jährige u. a. als Investmentbanker. 2023 war Fogel mit einem Gesamtpaket von 46,7 Millionen Dollar der bestbezahlte CEO der Reisebranche.
Ausgeklügelte Wachstumsstrategie
Mit klugen Akquisitionen, einer ausgeklügelten Wachstumsstrategie, starkem Marketing und einer Portion Unverfrorenheit wurde booking.com zum Dominator der Hotelbuchungen via Internet. Parallel zur rasch wachsenden Nutzung des Web fürs Suchen und Buchen ab dem Jahr 2000 wurden die Angebote ausgebaut und verfeinert. Dabei war die Basis gar nicht sonderlich ungewöhnlich oder besonders aufregend: 1996 gründete der Niederländer Geert-Jan Bruinsma das Unternehmen „Boekingspunt Nederland“, über deren Website bookings.nl anfänglich maximal eine Buchung pro Woche lief. Bruinsma zog sich 2002 zurück, 2005 wurde die Website von der amerikanischen Priceline-Gruppe erworben, die danach unter anderem Active Hotels, die asiatische Plattform Agoda, das Mietwagenportal rentalcars.com und die Reisesuchmaschine Kayak kaufte.
Nach und nach wurde die Booking Holdings, wie sich Priceline seit 2018 nennt, zum Big Player im weltweiten Tourismus – ein Aufstieg, der außerhalb der Branche weit weniger Beachtung fand als jener der anderen großen Konzerne wie Amazon oder Meta, die mit dem Internet ihre Geschäfte machen. Das liegt auch daran, dass die Holding neben booking.com weitere Marken betreibt, unter anderem eben Kayak, außerdem Momondo, OpenTable und Agoda. Der Marktwert des Tourismusgiganten beträgt heute 160 Milliarden Euro, weltweit werden 24.000 Personen beschäftigt.


Weitblick. Die Booking Holdings hat ihre Position am weltweiten Reisemarkt gefestigt.
© Getty ImagesDas Wachstum von booking.com, der wichtigsten Marke im Portfolio, scheint nicht zu bremsen: Buchungen, Umsatz und Gewinn wurden im abgelaufenen Quartal erneut gesteigert. Einen Anteil daran hat CEO Glenn Fogel, der unter anderem das Vordringen in einen Bereich forciert, den bisher Airbnb dominierte: Bei Unterkünften für Selbstversorger kommt booking.com inzwischen auf 7,9 Millionen Einträge weltweit, nur etwas weniger als Airbnb mit seinen rund acht Millionen. Das Unternehmen betont, allein im dritten Quartal 2024 ein Plus von rund zehn Prozent bei den Angeboten in diesem Sektor erreicht zu haben. In Zukunft soll nach der Vision der „Connected Trips“ das Spektrum an Unterkünften, Flügen, Transportangeboten und Attraktionen verbunden werden, erläutert Nadine Stachel, Regional Manager DACH bei booking.com.
booking.com in Zahlen
29 Millionen Unterkünfte sind weltweit auf booking.com registriert, neben Hotels auch Appartements und Resorts
5 Prozent der globalen Reiseausgaben laufen über die Booking Holdings und ihre Marken
21,37 Milliarden US-Dollar betrug der Umsatz der Booking Holdings im Geschäftsjahr 2023, der Nettogewinn lag bei 4,8 Milliarden US-Dollar
220 Länder bzw. Regionen sind auf der booking.com-Plattform vertreten
4,5 Milliarden Ankünfte wurden seit 2010 über die Plattform abgewickelt
44,8 Millionen Euro verdiente Booking-CEO Glenn Fogel im Vorjahr – er ist einer der bestbezahlten Firmenchefs weltweit
Geliebt und gefürchtet
Für die Hoteliers ist die Nutzung von booking.com ein zweischneidiges Schwert: Einerseits werden damit potenzielle Gäste rasch erreicht und weil eben die Mehrzahl der Reisenden zuerst (oder ausschließlich) auf diesem Portal sucht, kommt man daran ohnehin nicht vorbei. Andererseits ist diese Abhängigkeit ein Problem, zumal es weniger Spielraum zur Betonung eigener Stärken und spezieller Angebote gibt als über die eigene Website. Außerdem schmerzen die Provisionen für booking.com angesichts des schwierigen Umfelds und steigender Ausgaben, vor allem für Energie: Zwischen 15 und 25 Prozent verlangt der Plattformbetreiber.
In Österreich werden zwar rund zwei Drittel der Hotelbuchungen direkt über das Hotel vorgenommen, also am Telefon, über Mails bzw. über die eigene Website des Betriebs. Doch rund 22 Prozent der Buchungen laufen über Onlineplattformen, wobei booking.com in dieser Kategorie die klare Nummer eins ist. In Städten ist der Anteil der Buchungsportale höher und liegt bei ungefähr 40 Prozent.
Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), sagt: „Prinzipiell ist booking.com ein wichtiger Vertriebspartner, gleichzeitig müssen wir aber darauf achten, dass die Zusammenarbeit auf Augenhöhe passiert.“ Wenn es am Markt eine allzu starke Konzentration gäbe, könnte diese Marktmacht ausgenutzt werden. Der Zusammenschluss der Hoteliers versucht daher, den Direktvertrieb zu forcieren. „Dafür gibt es auch immer bessere Tools“, betont Gratzer. Speziell in der Ferienhotellerie argumentieren die Betriebe außerdem mit Zusatzservices wie bessere Zimmerausstattung oder Services wie Massagen für die Direktbuchung. „Auch bei der Kommunikation mit dem Gast tut sich sehr viel“, sagt Gratzer. Dazu zählen etwa Chatbots, die bis zur Buchung begleiten. Der Einsatz künstlicher Intelligenz wird aber auch von booking.com vorangetrieben. Ein Beispiel ist ein KI-Reiseplaner, mit dem Reisende allgemeine und spezifische Fragen zu Reisen stellen können und personalisierte Empfehlungen erhalten. „KI beschleunigt den Wandel in jeder Branche, und die Reisebranche bildet da keine Ausnahme“, bestätigt Nadine Stachel.
Preistreiber
Dynamische Preise sind nichts Neues, weder im Tourismus noch in anderen Sparten wie bei Konzerten. Dass Preise der Nachfrage angepasst werden, ist auch für Hotels selbstverständlich: Zu den Schulferien kostet es mehr als außerhalb der Saison. Doch zuletzt ist dieses „Dynamic Pricing“ aus zwei Gründen stärker ins Bewusstsein gerückt: erstens durch die Preispolitik von Konzertveranstaltern, die unter anderem für die Comebackkonzerte der britischen Band Oasis teils horrende Preise verlangten. Und zweitens durch dynamische Preise österreichischer Skigebiete, die von Wetterlage, Nachfrage und Buchungszeitpunkt abhängen. Es wird befürchtet, dass die Preise fürs Skifahren damit schwieriger zu vergleichen sind und insgesamt weiter steigen könnten.
Zugleich wird dieses Preismodell als Möglichkeit im Tourismus gesehen, den Overtourism einzudämmen: Urlauber sollen damit motiviert werden, außerhalb der Stoßzeiten zu kommen. Auch auf Buchungsportalen wie booking.com und auf Flugvergleichsseiten kommen dynamische Preise zum Einsatz; teilweise innerhalb kürzester Zeit können diese schwanken. Zudem wirkt sich das Verhalten der Suchenden aus: Wer offenkundig Interesse an einer bestimmten Region oder einem Hotel hat, wird nicht nur wiederholt zum Buchen aufgefordert, sondern erhält unter Umständen auch einen anderen (meist höheren) Preis genannt als jemand, der sich davor nicht interessiert gezeigt hat.
EuGH gegen booking.com
Es gibt Hotels, die ganz auf booking.com verzichten; in Österreich sind das unter anderem etliche Häuser am Arlberg. Immer öfter nutzen Reisende zudem die Möglichkeit, eine erste Auswahl an Hotels und Preisen über booking.com zu treffen, um dann im Hotel direkt nach (günstigeren) Preisen oder Sonderangeboten zu fragen. Das ist auch möglich, weil der EuGH den umstrittenen Vertragsklauseln von Portalen wie booking. com oder auch Expedia ein Ende bereitet hat. Diese Klauseln hatten Hotels daran gehindert, auf ihren eigenen Websites günstigere Preise als auf Plattformen anzubieten.
Der EuGH argumentiert, dass solche Regelungen nicht erforderlich sind, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Plattformen zu sichern. Das Urteil basiert auf dem langjährigen Streit zwischen booking.com und deutschen Hotels, die Schadenersatz forderten. Bereits zuvor hatte das deutsche Bundeskartellamt diese Praxis verboten, was später vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde. Für Reisende bedeutet das Urteil, dass Hotels die direkte Buchung über die eigene Website preislich oft attraktiver gestalten könnten.
Es gab zuletzt weitere Rückschläge für booking.com: Von der EU-Kommission wurde Booking im Mai 2024 als „Gatekeeper“ eingestuft – damit werden Anbieter bezeichnet, die bei Geschäften via Internet eine zentrale Rolle spielen. Das betrifft unter anderem weitere Konzerne wie Google, Meta (Facebook) und Amazon. Im Rahmen des Digital Markets Act (DMA) der EU gelten nun strenge Vorschriften für booking.com; das soll den Wettbewerb am Hotelmarkt stärken, während Nutzern mehr Auswahlmöglichkeiten geboten werden sollen. Das Unternehmen hatte bereits mit dieser Entscheidung gerechnet. Schon seit 2015 gibt es in Österreich diese Ratenparität, also keine Verpflichtung der Hoteliers, auf Portalen wie booking.com niedrigere Preise anbieten zu müssen. „Selbst bei einer guten Zusammenarbeit mit solchen Plattformen gibt es Graubereiche, wo wir genauer hinsehen müssen“, nennt ÖHV-Generalsekretär Gratzer die Herausforderungen. Das Grundproblem: Vertrieb ist teuer, ständige Optimierung das Gebot der Stunde.
Marken der Booking Holdings
Agoda (Sitz in Singapur)
booking.com (Amsterdam)
Cheapflights (London)
Kayak (Stamford, USA)
Momondo (Kopenhagen)
OpenTable (San Francisco)
Priceline (Norwalk, USA)
rentalcars.com (Manchester)
Marktbeherrschende Stellung
In Spanien wiederum wurde booking. com Ende Juli des Vorjahres zu einer Strafe von 413 Millionen Euro verurteilt: Die Kartellbehörde wirft dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt zu haben, um Hotels unfaire Geschäftsbedingungen aufzuerlegen und den Wettbewerb einzudämmen. Kritisiert wurde auch der Mechanismus auf booking.com, durch den bessere Preise zu einer besseren Platzierung in den Suchergebnissen führen – was wiederum Hotels dazu verleiten soll, möglichst nicht über den eigenen Vertrieb die Zimmer zu verkaufen, sondern eben über Booking.
In einer Reaktion des Unternehmens gegenüber News heißt es, man widerspreche dem Ergebnis der Untersuchung der spanischen Wettbewerbsbehörde und habe dagegen Berufung eingelegt. Die Entscheidung beziehe sich nur auf Spanien. Zudem seien die Preisparitätsklauseln im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum per Anfang Juli 2024 entfernt worden, sagt Nadine Stachel, Regional Manager von booking. com. „Dabei sind wir stets bestrebt, immer im Einklang mit den Gesetzen in den Märkten, in denen wir tätig sind, zu handeln und konstruktive Gespräche mit den zuständigen Behörden und Interessengruppen zu führen.“ Fest steht jedenfalls: Die Buchungsmaschine läuft weiter auf Hochtouren.
Betrugsfälle
Ein englischer Landwirt staunte nicht schlecht, als vor Kurzem auf seinem Feld ratlose Besucher umherirrten. Sie waren auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Quartier, einer Art Sternenkuppel; die Unterkunft hatten sie über eine Website gebucht, die professionell aufgebaut war – inklusive Buchungskalender, Fotogalerie und Berichten früherer Besucher.
Das Ganze war allerdings ein Betrug, die Unterkunft gibt es gar nicht, die Website ist inzwischen verschwunden. Rund 30 mal musste der Landwirt betrogenen Urlaubern erklären, dass auf dem matschigen Feld keine Sternenkuppel zu finden sei.
Kein Einzelfall: Inzwischen ist der Betrug mit Fake-Unterkünften zum Millionengeschäft für ausgefuchste Cybergauner geworden – und auch booking.com ist davon direkt betroffen. So haben Betrüger nicht existierende Unterkünfte auf dieser Buchungsplattform online gestellt oder täuschend ähnliche Kopien echter Hotelangebote erstellt. Wollen Urlauber dann dieses Quartier buchen, erhalten sie vor der Reise ominöse Nachrichten, entweder direkt über booking.com oder auch via E-Mails bzw. über andere Kanäle wie WhatsApp. Dabei werden sie zur Eingabe von Zahlungsdaten oder gleich zur Leistung einer Anzahlung aufgefordert.
Für Urlauber ist es wichtig zu wissen, dass sensible Informationen wie Kreditkartendaten nicht per Mail oder WhatsApp verlangt werden. Bei Unsicherheit sollten sie am besten direkt bei booking.com oder der jeweiligen Plattform nachfragen, ob das Angebot wirklich vorhanden ist. Es macht auch Sinn, die Mailadressen des Absenders (etwa das angebliche Hotel) genau zu überprüfen; oft gleichen diese den echten Adressen, allerdings mit kleinen, kaum merkbaren Abweichungen.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 28+29/25 erschienen.