News Logo
ABO

"Mein Lebenswerk entstand aus einer Ruine"

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Schloss von Marietheres Waldbott-Bassenheim
©Bild: Sebastian Reich/NEWS
  1. home
  2. Leben
  3. Ausflugziele

Blurred image background
1949 wurde das Schloss durch einen Brand zerstört. Nur die Außenmauern und der Freskensaal überlebten das Feuer. © Sebastian Reich/NEWS

Am Anfang stand nur eine Ruine

Drei Jahre später heiratete der neue Herr über Schloss Halbturn Marietheres Reichsgräfin von Wickenburg. Man hatte einander bei der Flüchtlingsarbeit nach dem Ungarn-Aufstand kennengelernt. "Als wir geheiratet haben, war das Schloss eine Vollruine. Aber etwas so Schönes kann man doch nicht verfallen lassen", erinnert sich die verwitwete Baronin. "Es hat 30 Jahre gedauert, bis es wieder so präsentabel war, wie es jetzt ist. Wenn ich das gewusst hätte, als ich geheiratet habe, wäre ich davongelaufen", scherzt die charismatische Dame.

Zwei-Zimmer-Wohnung

Blurred image background
Zwei-Zimmer-Wohnung
Der renovierte Freskensaal erstrahlt in altem Glanz. © Sebastian Reich/NEWS

Da das Schloss unbewohnbar war, zog das junge Paar in den "Roten Hof": ein Seitengebäude aus der Renaissancezeit, benannt nach seinen untypischen, roten Dachziegeln. Auch dort war der Zustand katastrophal. "Als wir das erste Mal hier hereingefahren sind, habe ich mir gedacht: Du lieber Himmel! Es haben noch Flüchtlinge in den Gebäuden gewohnt. In der Mitte stand eine Blautanne, der man den Wipfel für einen Christbaum abgeschnitten hatte. Auf der einen Seite waren Schweineställe, auf der anderen hing die Wäsche an der Leine."

Blurred image background
Die kleine Kapelle im Roten Hof. © Sebastian Reich/NEWS

Der Wohnraum war, aristokratisch nobel formuliert, beschränkt. Von herrschaftlichen Verhältnissen war man weit entfernt. "Unsere erste Wohnung hier hatte zwei Zimmer. Ein Schlafzimmer, eine winzige Küche und ein kleines Speiszimmer. Wir haben es uns ja auch nicht leisten können, Möbel zu kaufen", schildert sie die Zeit der Entbehrungen. "Auf den Meierhöfen war kein Vieh. Es war alles gestohlen, es war alles weg." Der Verwalter war nicht eben vom Glück überwältigt, als die neue Herrschaft Einzug hielt.

Der Wiederaufbau des 1711 von Lucas von Hildebrandt erbauten Barock-Juwels wurde mit Hilfe der burgenländischen Landesregierung in Angriff genommen. Der Baron verkaufte einige Liegenschaften, die zum Schloss gehörten, um das aufwändige Projekt finanzieren zu können. Ein Wunder nennt die Baronin heute die Tatsache, dass der Saal mit dem berühmten Deckenfresko von Franz Anton Maulbertsch vom Feuer verschont geblieben war. Heute ist das bedeutende Werk Zentrum und Seele des Schlosses.

Blurred image background
Das Deckenfresko von Maulbertsch entstand im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia, die das Schloss ihrer Tochter Marie Christine schenkte. © Sebastian Reich/NEWS

Kunst und Kultur

Marietheres Waldbott ist auch Obfrau des Kulturvereins, der allsommerlich Ausstellungen und Konzerte veranstaltet. "Wenn ich mir das abgebrannte Schloss auf den Bildern vergegenwärtige und es jetzt anschaue mit den Massen von Leuten, die in die Ausstellungen gehen und zu den Konzerten kommen: dann bin ich schon sehr glücklich, dass wir das alles gerettet haben. Mein Mann und ich haben in den ersten Jahren nicht einmal Urlaub gemacht, weil es so schwer war. Aber es ist dafürgestanden. Man kann jetzt aber auch nicht sitzen und sagen: 'So, jetzt ist alles herrlich.' Denn kaum ist man fertig, fängt es wieder von vorne an", sagt die Schlossherrin nachdenklich. "Ich kann jeden nur warnen. Von Lustwandeln als Schlossherrin kann keine Rede sein."

Blurred image background
Der englische Schlosspark mit altem Baumbestand. © Sebastian Reich/NEWS

Gesichertes Erbe

Da dem Paar eigene Kinder verwehrt blieben, adoptierte Paul Waldbott im Jahr 2000 seinen Neffen Markus Graf zu Königsegg-Aulendorf. Der führt seit dem Tod des Barons anno 2008 die Geschicke des Anwesens und des Weingutes.

Blurred image background
Detail des Zauns im Park © Sebastian Reich/NEWS

Ob sie auf ihr Lebenswerk stolz ist? Solche Gefühle schätzt die Baronin nicht. "Ich bin sehr glücklich. Ich empfinde keinen Stolz, sondern tiefes Glück. Wenn ich von außen mit dem Auto komme, dann fahre ich immer beim Schloss vorbei. Auch in der Nacht, es ist ja ein bisschen beleuchtet. Dann denke ich mir: Es ist so schön hier. Es ist wirklich dafür gestanden, dass wir uns so geplagt haben." Ein schönes, erfülltes Leben, das da aus den Ruinen erstanden ist.

Mehr zum Thema finden Sie im aktuellen NEWS in Ihrem Zeitschriftenhandel oder als E-Paper-Version.

Logo
Monatsabo ab 15€
Ähnliche Artikel
See baden
Ausflugziele
Die 21 kältesten Seen Österreichs
Piran
Ausflugziele
Comeback der Oberen Adria
Reisen - Europas schönste Weitwanderwege
Ausflugziele
Europas schönste Weitwanderwege
Marbella
Ausflugziele
Marbella: Wahrer Luxus
Reisen - Spanien: 7 Geheimtipps für den Urlaub am Meer
Ausflugziele
Spanien: 7 Geheimtipps für den Urlaub am Meer
Reisen - Arlberg
Ausflugziele
Arlberg: "Krise ... welche Krise?"
Hallstatt
Ausflugziele
Hallstatt: 7.000 Jahre Geschichte im Salzkammergut [Urlaubstipps und Infos]
Aigen-Schlägl im Mühlviertel
Ausflugziele
Mühlviertel in Oberösterreich: Große Geschichte und wilde Natur
Tansania
Ausflugziele
Tansania: Die atemberaubende Vielfalt Ostafrikas erleben
Reisen - Leutasch: Im Einklang mit der Natur
Ausflugziele
Leutasch: Im Einklang mit der Natur
Ausflugziele
Bad Ischl: 5 Dinge,die Sie kennen sollten
Ausflugziele
8 Ausflugstipps in der Slowakei