Peter Pilz präsentiert Liste

Peter Pilz tritt mit einer Liste bei der Nationalratswahl an. "Wir trauen uns das zu"

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Nationalratswahl - Peter Pilz präsentiert Liste

Der langjährige Grün-Mandatar Peter Pilz tritt mit einer eigenen Liste zur Nationalratswahl an. "Ja, es geht", verkündete Pilz. "Wir trauen uns das zu". Es sei in der jetzigen Situation wichtig, Österreich zu verändern.
"Wir gründen mit Sicherheit keine Partei", betonte er zu Beginn an. Es würde in einem politischen Leben ausreichen, eine Partei zu gründen. Aus diesem Grunde sei es eine Initative.

Finanzierung via Crowdfunding

Die für eine Kandidatur nötigen drei Unterschriften von Nationalratsabgeordneten habe man zusammen, die Finanzierung soll über Crowdfunding funktionieren, erklärte Pilz.

Pilz war beim Bundeskongress der Grünen bei der Kampfabstimmung um den von ihm gewünschten vierten Listenplatz gescheitert, eine weitere Kandidatur für den sechsten Listenplatz lehnte er ab und verließ in weiterer Folge den Grünen Parlamentsklub. Den Impuls für eine eigene Kandidatur habe dann der Anwalt Alfred Noll gegeben, erläuterte Pilz. "Ja, es geht", die Kandidatur ist möglich, stellte er bei der Pressekonferenz nun fest. Eine Parteigründung sei dies allerdings nicht, betonte er. Das Podium im Presseclub Concordia war bereits von zwei Aufstellern mit der Aufschrift liste@peterpilz.at umrahmt.

Auf der Pressekonferenz präsentierte Pilz seine Mitstreiter:

  • Maria Stern, ist Lehrerin, dreifache Mutter und fordert als Obfrau des Vereins "Forum Kindeshalt" seit Jahren eine Kindesunterhaltssicherung. Sie war bis dato eine der Sprecherinnen des "Frauenvolksbegehren 2.0". Dieses Amt legt sie mit dem heutigen Tag nieder.
  • Sebastian Bohrn Mena. Der 32-jährige Wiener ist Sohn einer aus Chile geflüchteten Mutter und eines Vaters aus Floridsdorf. Er setzt sich seit Jahren ehrenamtlich für Menschenrechte und Tierschutz ein.
  • Stephanie Cox, 1989 in Sydney geboren, ist Gründerin der Initative "Chancen:reich", der Berufsmesse für geflüchtete Menschen in Österreich
  • Peter Kolba, hemaliger Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation. Er war Mitbegründer der Plattform für Sammelklagen Cobin Claims, die er kurz darauf wieder verließ.
»Ich will jede Tierfabrik in Österreich schließen«

Auf der Liste soll es gleich viele Frauen wie Männer geben, betonte Maria Stern. Stern hat zuletzt am Frauenvolksbegehren mitgearbeitet und wird nun Pilz unterstützen. Ihr derzeitiges Amt als Mitorganisatorin werde sie daher zurücklegen. "Trotzdem bleibe ich Lehrerin, dreifache Mutter und Obfrau des Forums Kindesunterhalt", betonte sie. Im Nationalrat möchte sie sich für die Kindesunterhaltssicherung einsetzen, da "Kinderarmut in einem der reichsten Länder Europas eine Schande ist."

Ein weiterer Unterstützer ist Peter Kolba, mehr als 30 Jahre im Konsumentenschutz tätig. Bei Pilz' Initiative will er sich für die Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten einsetzen. Außerdem tritt Kolba dafür ein, für Schmerzpatienten Cannabis in der Medizin zu legalisieren. Sebastian Bohrn Mena wiederum erklärte, am gestrigen Tag seine Mitgliedschaft in der SPÖ beendet zu haben. Er kandidiert unter anderem, um dem Tierschutz den "verdienten Stellenwert" zu geben: "Ich will jede Tierfabrik in Österreich schließen." Bohrn Mena führte 2015 einen Vorzugsstimmenwahlkampf in Wien und war zuletzt einfaches Mitglied, wie er der APA erklärte.

"Wir machen nicht das, was früher üblich war und nie gut funktioniert hat", so Pilz bei der einstündigen Pressekonferenz. Man werde daher keine große Klausur veranstalten, bei der ein Parteiprogramm geschrieben und dann geschaut wird, dass die Parteilinie von allen eingehalten wird: "Das machen wir nicht, bei uns sind die Personen die Programme." Die Initiative stehe nicht für linke oder rechte Politik: "Sondern für eine radikal pragmatische Politik. Was uns zusammenhält, ist nicht Parteidisziplin, sondern die gemeinsamen Ziele und Grundwerte und gegenseitiges Vertrauen", erklärte Pilz.

Auf Twitter warb er bereits einige Stunden zuvor für seine Liste. "Für Matthias Strolz bin ich Kommunist. Für andere ein "Rechter". Es bleibt: Kein Platz bei uns für FPÖ-Abgeordnete. Aber ihre Wähler: willkommen!"

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Prognose für die Wahl

Offen ließ er, wie viele Prozent er sich bei der Wahl am 15. Oktober erwartet. Gegenüber Journalisten meinte er: "Ich rechne mit vielen schönen Prozenten." Er sei jedoch ein "unfassbar schlechter Prophet".

Die Listenerstellung für das Antreten sei noch nicht abgeschlossen und werde noch diskutiert, es gebe jedenfalls keine Kampfabstimmungen über Listenplätze. Es gehe um neun Landeslisten und eine Vielzahl von Wahlkreisen, all die Plätze sollen mit möglichst kompetenten Frauen und Männern besetzt werden, begründete er. Derzeit sei man eine Gruppe von rund 20 Personen. Nicht gefragt habe er - anders als an der Gerüchtebörse berichtet - den früheren BZÖ-Politiker Stefan Petzner. Auf die Frage, ob die SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger für die Initiative unterschreibt oder auf der Liste steht, verwies Pilz auf kommenden Freitag, dann gebe es die nächsten Antworten. Die Farbe der Liste soll "transparent" sein - eine Herausforderung für die Printjournailsten, wie Pilz eingestand.

Der frühere Grünen-Abgeordnete erklärte, dass er sich im Mai die Umfragen angesehen habe und feststellte, dass ohne einer Änderung der Grünen-Politik die Wähler nicht zurückkommen. Weiters sei sein Angebot beim Grünen Bundeskongress für eine Änderung der Politik nicht angenommen worden. Der Kongress dürfte nicht dazu geführt haben, Wähler zurückzubringen. Anwalt Alfred Noll habe ihn dann gefragt, ob man diese Leute ziehen lassen will. Auch will er einen Teil der Nichtwähler oder auch FPÖ-Wähler ansprechen. Am motivierendsten sei aber der Zuspruch auf der Straße. Ständig höre er: "Jetzt weiß ich endlich, wen ich wählen kann. Das war so eine klare Aufforderung. Es gibt kein stärkeres Argument, zu kandidieren", berichtete Pilz, Gründungsmitglied der Grünen Partei.

Grünes Urgestein versucht es auf eigene Faust

Anlass für seinen Abgang von den Grünen war der Bundeskongress vor einem Monat. Dort ist er in der Abstimmung um den vierten Listenplatz dem Jugend-Kandidaten Julian Schmidt unterlegen. Er lehnte es ab, für einen Listenplatz weiter hinten zu kandidieren, auch einen von der Parteiführung angebotenen Vorzugsstimmenwahlkampf schlug er aus. Stattdessen verkündete er seine Trennung von der Partei, die er mitbegründet hat. Den Eurofighter-Untersuchungsausschuss brachte Pilz, der sich selbst gerne als Aufdecker der Nation darstellte, für die Grünen noch zu Ende, dann zog er aus dem Parlamentsklub aus.

Pilz' Verdienste

Für Pilz, der schon seit längerem einen Kurswechsel der Grünen verlangt und immer wieder quer geschossen hat, waren seine Nominierungen bei den Bundeskongressen schon in früheren Jahren Zitterpartien. Vor der letzten Nationalratswahl 2013 landete Pilz zwar knapp auf der Liste, musste sich aber aus dem Parteivorstand zurückziehen. Mit der früheren Parteichefin Eva Glawischnig verband ihn eine innige Feindschaft: Sie zeigte sich von seinen Alleingängen, aber auch seinem Machismo genervt - und seiner Meinung, die Grünen müssten einen kantigen, linkspopulistischen Kurs fahren, um zu wachsen und die FPÖ herausfordern zu können.

Pilz' Verdienste sind dennoch unbestritten. Der vor allem von den Wiener Boulevardmedien geliebte Steirer agiert seit Jahren als Aufdecker im Kampf gegen Korruption und verfügt über beste Kontakte zu Polizei, Heer und Geheimdiensten. Immer wieder stand er sich damit aber auch selbst im Weg: durch seinen Hang zur Inszenierung und zur schnellen Pointe, seinem oft aufgesetzt wirkenden Verschwörerton und mit der inquisitorischen Tendenz, als Kläger und Richter gleichzeitig aufzutreten.

Seine bisher größte Rolle spielte der langjährige Bewohner einer Gemeindebauwohnung in Wien-Kaisermühlen als Vorsitzender des ersten Eurofighter-Ausschusses 2007. Dass er zehn Jahre später die Chance für einen zweiten nutzte und dafür auch ohne große Skrupel die FPÖ ins Boot holte, galt als weiterer Höhepunkt seiner Karriere, wurde aber auch schon als Versuch gewertet, noch einmal sein Nationalratsmandat zu retten. Erste öffentliche Sporen als Aufdecker hatte er sich in den Affären "Noricum" und "Lucona" verdient.

Ein weiterer historischer Verdienst Pilz' ist die Entdeckung Alexander Van der Bellens für die Politik. Der langjährige Grüne Parteichef und heutige Bundespräsident war Betreuer seiner Dissertation ("Ökonomische Bedeutung der Einführung neuer Medien in Österreich", 1983). Pilz brachte ihn zu den Grünen. Politische Anfänge hatte der gebürtige Kapfenberger und Hobbymusiker - es gab legendäre Vorweihnachtsauftritte als "Nick O'Low" - bei den Trotzkisten an der Universität, aber auch den Sozialdemokraten. Ein gewisser Michael Häupl schloss ihn damals aus dem Verband der sozialistischen Studenten aus.

Ob er für seine Musik, fürs Schwammersuchen, Fliegenfischen und Uhrensammeln nun mehr Zeit haben wird, sollte sich am 15. Oktober zeigen. Pilz sammelt Hamilton und Elgin-Uhren, wobei er das Design aus den 20er- bis 60er-Jahren am interessantesten findet und vor allem für Chronometer mit asymmetrischem Design schwärmt.

Zur Person:

Peter Pilz wurde am 22. Jänner 1954 in Kapfenberg (Steiermark) geboren. Er ging in Bruck an der Mur ins Gymnasium, war Zivildiener und studierte an der Uni Wien Volkswirtschaft. 1986 zog er mit den ersten Grünen in den Nationalrat ein. Peter Pilz ist verheiratet. Der 63-jährige Steirer gilt nicht nur in Hinblick auf seinen Anspruch auf eine Politikerpension als Dinosaurier. Seit dem ersten Einzug der Grünen in den Nationalrat 1986 (ÖVP-Chef Sebastian Kurz war damals gerade erst geboren) war Pilz als Abgeordneter mit dabei - unterbrochen nur durch einen mehrjährigen Abstecher in den Wiener Gemeinderat. Von 1992 bis 1994 war er sogar Bundessprecher der Partei, die sich damals noch "Grüne Alternative" nannte.

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