Montessori-Pädagogik: Hilf mir, es selbst zu tun

Maria Montessori gilt bis heute als die Reformpädagogin schlechthin. Sie war davon überzeugt, dass Kinder Gelegenheit bekommen müssen, sich frei zu entfalten und ihre Fähigkeiten zu entdecken. Die von ihr entwickelten Lernmaterialien sollen dabei helfen, die Welt mit allen Sinnen zu erfahren. Statt eines strengen Lehrplans bietet die Montessori-Pädagogik Freiarbeit in einem aufgeräumten Lernumfeld und mit natürlichem Lernmaterial. Interessen und Begabungen werden individuell gefördert. Hier der Kurz-Überblick über die Montessori-Pädagogik, worin sich das Konzept von der Waldorf-Pädagogik unterscheidet und welche kritischen Aspekte an Maria Montessori diskutiert werden.

von Kind lernt nach Montessori-Pädagogik, die besagt: Hilf mir, es selbst zu tun. © Bild: iStockphoto

Inhaltsverzeichnis:

Eltern werden in Ratgebern, Zeitschriften und von Kinderärzten mit den Fähigkeiten und Kenntnissen konfrontiert, über die ihr Kind ab einem bestimmten Alter zwingend verfügen sollte. Die Persönlichkeit des Kindes, seine Talente und die daraus resultierende individuelle Entwicklung werden dabei oft vernachlässigt – so die Meinung vieler Eltern, die sich aus diesen Gründen der Montessori-Pädagogik zuwenden.

Was versteht man unter Montessori-Pädagogik?

Sich frei und nach seinen psychischen und physischen Möglichkeiten und dem eigenen Lerntempo entsprechend zu entwickeln: Das soll die Montessori-Methode ermöglichen. Die Begründerin der Montessori-Methode, die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870-1952), sah es als Aufgabe der Erzieher an, Kinder in ihrer Entwicklung zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten zu begleiten – anstelle eines festen Lehrplans, der innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens einen bestimmten Wissensstand anstrebt, ohne auf die individuellen Fähigkeiten des Kindes Rücksicht zu nehmen.

Maria Montessori, die Begründerin der Montessori-Pädagogik

Maria Montessori wurde 1870 in Chiaravalle in der Provinz Ancona geboren. Sie wuchs in Rom auf, ging dort in eine naturwissenschaftlich-technische Schule und erwarb mit dem Abschluss die Berechtigung zu einem Hochschulstudium. Nach dem Studium in Naturwissenschaften entschied sie sich Ärztin zu werden, studierte an der Universität Rom Medizin und schloss ihr Studium 1896 mit der Promotion ab. Sie war die erste Frau in Italien, die ein Promotionsdiplom bekam.

Maria Montessori, Reformpädagogin
© iStockphoto Maria Montessori war 1896 die erste Frau in Italien, die ein Promotionsdiplom bekam

In den beiden Jahren vor der Promotion hatte sich Maria Montessori mit Kinderkrankheiten befasst und im Krankenhaus Kontakt mit kranken und geistig behinderten Kindern. Aus diesen Erfahrungen leitete sie später die Theorie ab, dass auch organisch gesunde Kinder nicht zwangsläufig „normal“ sein müssen und der besonderen Zuwendung bedürfen, um aus eigener Kraft wieder „normalisiert“ zu werden. 1898 bekam Maria Montessori einen Sohn, den sie aber aus familiären Gründen in eine Pflegefamilie geben musste. Heute wird vermutet, dass die Erfahrung, ihr eigenes Kind nicht versorgen zu können, der auslösende Grund für Maria Montessoris besonderes Bedürfnis war, sich um andere Kinder zu kümmern.

1899 übernahm sie die Leitung eines heilpädagogischen Instituts in Rom und absolvierte ein Studium in Erziehungsphilosophie, Psychologie und Anthropologie. In dieser Zeit begann sie, spezielles Lernmaterial zu entwickeln. 1907 eröffnete sie das erste Kinderhaus in einem Armenviertel in Rom. 1909 veröffentlichte sie ihr Hauptwerk „Il metodo“. Das Buch machte sie schließlich weltberühmt. Das war zugleich der Beginn der Montessori-Bewegung.

Was ist das Konzept von Montessori?

Anfangs widmete sich Maria Montessori nur behinderten Kindern und entwickelte pädagogische Methoden und Materialien, um sie zu fördern. Erst später übertrug sie diese Methode auch auf gesunde Kinder. Im Mittelpunkt stand die Idee, das Eigeninteresse der Kinder zu nutzen. Diese Idee soll aus der Beobachtung eines dreijährigen Mädchens resultieren, das unterschiedlich geformte Holzklötze trotz enormer Lärmkulisse unbeirrt in einen Behälter mit entsprechenden Öffnungen zu stecken versuchte. Das Kind schien die Welt um sich herum vollkommen vergessen zu haben. Diese enorme Konzentrationsfähigkeit, die ein Kind entwickelt, wenn es selbstbestimmt eine von ihm frei gewählte Tätigkeit ausüben kann, wird als Montessori-Phänomen beschrieben.

Anders als der Zeitgeist betrachtete Maria Montessori jedes Kind als eigenständige Persönlichkeit, die als vollwertiger Mensch angesehen werden und deshalb von Anfang an Raum für freie Entscheidungen bekommen muss. Erzieher haben die Aufgabe, das Kind in seiner Entwicklung zu begleiten und es zu eigenständigem Denken und Handeln anzuregen. Jedes Kind muss seinen eigenen Lernbedürfnissen folgen können, das heißt, es muss Gelegenheit bekommen, immer genau das zu lernen, was es zu einem bestimmten Zeitpunkt zu lernen bereit ist. „Hilf mir, es selbst zu tun“ lautet das Grundprinzip. Dabei werden auftretende Schwierigkeiten bewusst in Kauf genommen und die Kinder angehalten, diese zu überwinden, statt ihnen auszuweichen.

Literaturtipps:

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Montessori-Material

Im Mittelpunkt der Montessori-Methode steht die Freiarbeit, die innerhalb eines vorbereiteten Rahmens stattfindet. Den Kindern an Montessori-Schulen werden Arbeitsmaterialien und Aufgaben aus unterschiedlichen Themenbereichen zur Verfügung gestellt, aus denen sie frei auswählen können, womit sie sich gerade beschäftigen möchten. Dazu hat Maria Montessori spezielles Lernmaterial entwickelt. Es besteht aus

  • Sinnesmaterial
  • Mathematikmaterial
  • Übungen des praktischen Lebens
  • Sprachmaterial und
  • Material zur „kosmischen Erziehung“

Durch die Beschäftigung mit den spielerischen Materialien soll die Eigeninitiative gefördert werden.

Was ist der Unterschied zwischen Montessori und Waldorf-Pädagogik?

Bei der Montessori-Pädagogik steht die Beschäftigung mit den von Maria Montessori entwickelten Materialien im Mittelpunkt. Für sie waren diese Materialien der „Schlüssel zur Welt“. Die Waldorf-Pädagogik dagegen setzt in erster Linie auf soziales, also gemeinschaftliches Lernen. Es wird gemeinsam gesungen, musiziert und Theater gespielt, wobei den Kindern viel Zeit für die persönliche Entwicklung gelassen wird. In der Montessori-Schule sind Erzieher und Lehrer Begleiter, in der Waldorfschule eher Vorbilder.

Kontroverse Diskussion: War Maria Montessori faschistisch?

1924 begegnete Maria Montessori Benito Mussolini, der die Montessori-Methode in den italienischen Schulen einführte. Die enge Bindung an den italienischen Führer des Faschismus wird Montessori bis heute zum Vorwurf gemacht. Zu Unrecht, wie ihre Befürworter betonen. Vielmehr habe Montessori Mussolini dazu benutzt, ihre Methode weltweit bekannt zu machen, sich aber sofort zurückgezogen, als die Faschisten sich in ihre Arbeit einzumischen begannen.

Tatsächlich hat Montessori jahrelang mit dem faschistischen Regime zusammengearbeitet und dessen Ansichten geteilt. Ihre Vorstellung von einem neuen Menschen deckte sich mit denen der Faschisten in erstaunlicher Weise. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1952 hat sie sich nicht davon distanziert.

Kritik an Montessori

Kritiker halten Montessori entgegen, dass ihr Konzept auf einer rein biologischen Denkweise beruhe und Intellektualismus und Individualismus fördere. Zudem lasse das streng geordnete Material nur wenig Raum für Kreativität und Spontanität. Außerdem sei die Montessori-Methode nicht für jedes Kind geeignet. Kinder, die sich nur schwer motivieren können und eher einen strukturierten Tagesablauf benötigen, seien in einer Montessori-Einrichtung schnell überfordert.