Mentoring: Wissenstransfer, aber kein Coaching

Beim Mentoring findet ein Wissenstransfer zwischen einer erfahrenen Person (Mentor:in) und einer weniger erfahrenen Person (Mentee) im beruflichen Kontext statt. Im Gegensatz zum Coaching hat ein:e Mentor:in keine spezielle Ausbildung. Er oder sie gibt einfach Wissen und Erfahrung ebenso wie Netzwerkkontakte weiter und hilft dem Mentee bei der Persönlichkeitsentwicklung sowie Entfaltung seines Potenzials.

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Mentorin und Mentee © Bild: iStockphoto.com

Inhaltsverzeichnis

Was ist Mentoring?

Von Mentoring spricht man laut Wirtschaftslexikon Gabler, wenn im beruflichen Kontext eine erfahrene Person (Mentor:in) ihr Wissen, ihre Erfahrung und beispielsweise auch ihre Netzwerkkontakte an eine unerfahrenere Person (Mentee) weitergibt. Ziel des Mentoring ist es, dass die/der Lernende ihre/seine berufliche Identifikation entwickelt und das eigene berufliche Handeln reflektiert. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Eins-zu-eins-Betreuung. Wobei Mentoring mehr als die Förderung und das Einlernen im Rahmen des üblichen Führungskraft-Mitarbeiter-Verhältnisses ist. Die Beziehung zwischen Mentor:in und Mentee findet im geschützten Rahmen statt, die besprochenen Themen sind stets vertraulich.

Unterschied zu Coaching

Ein:e Mentor:in hat im Gegensatz zu einem Coach keine Ausbildung für die ausgeübte Mentoring-Tätigkeit. Der/die Mentor:in übt diese Tätigkeit ausschließlich auf Basis ihres/seines Vorsprungs in Erfahrung bzw. Wissen aus, ist in der Regel empathisch und auch Willens, das eigene Wissen weiterzugeben.

Themen und Fragen: Was bespricht man im Mentoring?

Zu Beginn des Prozesses sollten die Ziele festgelegt werden: Was will man mit dem Mentoring erreichen? Dadurch wird klarer, in welche Richtung es gehen soll. Auf diese Weise werden auch die Ergebnisse überprüf- und messbar. Die Themen richten sich nach dem eingangs definierten Ziel. Mentoring kann ganz unterschiedlich angelegt sein, sei es in Form von lockeren Gesprächen, der Mitnahme zu wichtigen Terminen oder der Abarbeitung von Themen und Fragestellungen anhand eines festgelegten Schemas.

Weitere Tipps für erfolgreiches Mentoring finden Sie hier.

Die Bandbreite an Themen, die im Mentoring besprochen werden, ist groß. Um einen guten Einstieg in den Prozess zu finden und für sich das Beste aus ebendiesem herauszuholen, kann der Mentee dem/der Mentor:in eingangs folgende Fragen stellen:

  • Was hätten Sie gerne vor Ihrer ersten Führungsposition gewusst?
  • Wie haben sie berufliche Rückschläge gemeistert?
  • Kam es jemals vor, dass sie für eine Stelle nicht zu 100 Prozent qualifiziert waren? Wenn ja, wie gingen Sie dann vor?

Auch nach konkreten Situationen aus dem Berufsleben der Mentorin bzw. des Mentors kann gefragt werden, zum Beispiel:

  • Ich tue mir schwer, Dinge zu delegieren. Wie kann mir das besser gelingen? Wie machen Sie das?
  • Welche Taktiken helfen Ihnen dabei, Ideen durchzusetzen?
  • Mit wem muss ich mich vernetzen, um im Unternehmen erfolgreich zu sein?

Wer will, kann den/die Mentor:in auch in Sachen Persönlichkeitsentwicklung zu Rate ziehen und eine offene, ehrliche Meinung einholen, wenn es um die Einschätzung der eigenen Person geht. So kann man den Mentor beispielsweise danach fragen, wie man selbst wahrgenommen wird und woran zu arbeiten es sich lohnen würde.

Weitere mögliche Frageinspirationen gibt es hier.

Wie läuft Mentoring ab?

Der Mentoring-Prozess ist in der Regel dynamisch und lebt von den Bedürfnissen des Mentees. Mentor:in und Mentee führen über einen längeren Zeitraum immer wieder Gespräche. Oftmals nimmt der/die Mentor:in den Mentee auch zu wichtigen Gesprächen, Terminen oder Meetings mit. Es gibt keine festgelegten Abläufe und Strukturen. Vielmehr ist das Mentoring ein individueller Entwicklungsprozess, der laut "proceo.de" von beiden Beteiligten gestaltet wird.

Wie oft und wie lange soll Mentoring stattfinden?

Der/die Mentor:in und der Mentee bilden eine Art Tandem, das sich losgelöst vom Tagesgeschäft regelmäßig trifft. In der Regel erstrecken sich die Treffen über einen Zeitraum von rund zwei Jahren. Oft wird die Gesamtdauer von der Personalabteilung, die während des Prozesses mitunter als Ansprechpartner dient, festgelegt. Nicht selten besteht das Mentoring-Verhältnis aber auch über den geplanten Zeitraum hinaus. Auf beidseitig freiwilliger Basis, versteht sich.

Damit Mentoring etwas bewirkt, sollte mindestens alle vier bis sechs Wochen ein mindestens einstündiges Gespräch stattfinden.

Formen des Mentoring

Eins-zu-eins-Mentoring

Beim Eins-zu-eins-Mentoring, der häufigsten und beliebtesten Form des Mentoring, begleitet ein:e Mentor:in einen Mentee. So kann eine persönliche Beziehung aufgebaut werden und der/die Mentor:in individuell auf den/die Mentee eingehen.

Peer-Mentoring

Beim Peer-Mentoring handelt es sich ebenfalls um ein Eins-zu-eins-Mentoring, bei dem allerdings Mentor:in und Mentee gleich alt sind. Diese Methode kommt oftmals an Universitäten zum Einsatz, wo jüngere Studierende Orientierungshilfe von älteren Semestern erhalten.

Gruppenmentoring

Beim Gruppenmentoring berät ein:e Mentor:in eine Gruppe von Mentees. Diese Form des Mentoring wird oftmals eingesetzt, wenn mehrere Menschen gleichzeitig Betreuung benötigen. Dadurch lässt sich die Effizienz steigern, mitunter allerdings auf Kosten der Effektivität.

Cross-Mentoring

Beim Cross-Mentoring oder dem externen Mentoring werden Mentoren bzw. Mentorinnen und Mentees firmenübergreifend gepaart. Diese Form kommt kleineren Unternehmen, die selbst nicht über die Kapazitäten für ein eigenes Mentoring-Programm verfügen, zugute. Auf diese Weise lässt sich ein kostengünstiger Wissensaustausch herstellen.

Mentor:in finden: Was ein:e Mentor:in können sollte

Beim Mentor bzw. der Mentorin sollte es sich um eine Person handeln, die etwas an Wissen und/oder Erfahrung weiterzugeben hat. Demnach zeichnet er bzw. sie sich durch Expertenwissen und/oder langjährige Erfahrung etwa auf Führungsebene aus. Darüber hinaus sollte der/die Mentor:in auch bereit sein, sich auf die lernende Person individuell einzustellen, dieser empathisch zu begegnen und das eigene Wissen, die Erfahrung sowie Kontakte weiterzugeben.

Außerdem sollte ein:e Mentor:in, wie "personio.de" zu bedenken gibt, willens sein, sich auf den Protegé einzulassen, ihn in den eigenen Arbeitsalltag einzubeziehen und ihn beispielsweise in wichtige Meetings mitzunehmen. Schließlich sollte er/sie sich auch die Zeit nehmen, um Feedback zu geben und Fragen zu beantworten.

Nicht als als Mentor:in geeignet sind Vorgesetzte, wie Frank Edelkraut von der Mentus GmbH gegenüber "monster.at" erklärt. Hier käme es nämlich zu einem Rollenkonflikt: Der/die Vorgesetzte müsse sich auf die Ziele der Organisation konzentrieren, während der/die Mentor:in seinen/ihren Fokus auf die Person des Mentee legen sollte.

Wer als Mentor:in in Frage kommt bzw. wer in diesem Prozess mit wem zusammenarbeitet, wird von Unternehmen bzw. der Personalabteilung oftmals auch schon vorab festgelegt.

Vorteile: Warum ist Mentoring wichtig?

Laut dem Psychologen und Personalberater Hans-Georg Willmann besteht das Ziel des Mentoring darin, das Potenzial eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin möglichst schnell für das Unternehmen nutzbar zu machen, wie er gegenüber "monster.at" erklärt.

Von gutem Mentoring profitieren schließlich alle: Der Mentee profitiert von der Unterstützung und Hilfe, die er von der Mentorin bzw. dem Mentor erfährt, und hat so größere Chancen auf berufliches Fortkommen. Das Unternehmen profitiert von der schnelleren Entfaltung des Potenzials neuer Mitarbeiter:innen. Auch der/die Mentor:in kann profitieren: Durch junge, frisch ausgebildete Mentees lernt er/sie oft über neue technische Entwicklungen oder Verfahren. Darüber hinaus bietet der Prozess dem/der Mentor:in die Möglichkeit, die eigenen kommunikativen Fähigkeiten weiterzuentwickeln oder auch Informationen von der "Basis" des Unternehmens zu erhalten, zu der Führungskräfte oft kaum noch direkten Kontakt haben.

Kosten

Mentoringprogramme finden nicht nur firmenintern statt, sondern werden auch von externen Mentoren und Mentorinnen angeboten, etwa um Start-Ups in ihrer Anfangsphase zu begleiten und zu beraten. Die Kosten richten sich dabei nach Dauer und Intensität der Begleitung.